Land in Sicht? Neue Medikamente gegen RDS-D - Teil II

Heute beschäftigen wir uns mit einem zweiten Medikament, das kürzlich in den USA zur Behandlung des durchfallbetonten Reizdarmsyndroms zugelassen wurde. Im Gegensatz zu dem >hier< besprochenen Medikament Eluxadolin, handelt es sich bei dem heutigen Kandidaten für viele Betroffene um einen alten Bekannten.

Rifaximin, ein Breitband- Antibiotikum, wurde in der Vergangenheit hauptsächlich bei der Behandlung der Dünndarmfehlbesiedlung eingesetzt. Wir werden uns heute gemeinsam etwas genauer anschauen, was die klinische Datenlage über Rifaximin und seine Wirksamkeit bei der Therapie oder Symptomlinderung des Reizdarms zu sagen hat.



Was ist Rifaximin?

Rifaximin ist ein bakterizides orales Breitbandantibiotikum. Eine Besonderheit dieses Medikamentes ist, dass es fast nicht resorbiert und somit wirklich nur im Darmtrakt effektiv ist. Dies bietet einige Vorteile gegenüber klassischen Antibiotika, wie etwa ein geringeres Risiko für Resistenzbildung oder auch ein erheblich günstigeres Nebenwirkungsprofil.

In Deutschland ist Rifaximin bisher nur zur Therapie von Reisedurchfällen zugelassen. In Österreich zählen auch die Dünndarmfehlbesiedlung, die pseudomembranöse Kolitis und Divertikelerkrankungen zu den möglichen Indikationen. Das Wirkspektrum von Rifaximin ist sehr breit und deckt die meisten Möglichkeiten bakterieller Infektionen ab (Clostridium diff., Helicobacter pyl., Salmonellen, Shigellen, Yersinien etc.


Gibt es ausreichend klinische Studien?

Menees und Kollegen (2012) zeigten in ihrer Metaanalyse mehrerer randomisierter, placebokontrollierter Studien eine Überlegenheit von Rifaximin gegenüber Placebo. Besonders deutlich war die Wirkung des Antibiotikums auf die globalen Symptomwerte und das Symptom Aufgetriebenheit/Blähungen. Die unerwünschten Nebenwirkungen waren bei Rifaximin und Placebo gleich (Kopfschmerzen, Durchfall, Übelkeit) und es kam zu keinen gravierenden Nebenwirkungen wie etwa C.diff.- Infektion.


Trotz der Überlegenheit von Rifaximin muss hier betont werden, dass die "Number needed to Treat" mit über 10 recht hoch lag. Das bedeutet schlicht und ergreifend, dass man erst 10 Patienten behandeln musste, um einen Erfolg zu erzielen. Zum Vergleich: Pfefferminzöl liegt bei einer NNT von 2,3!


In ihrem Review berichten Rivkin und Gim (2011) von zwei qualitativ- hochwertigen Untersuchungen an über 1.200 RDS- Patienten. Rifaximin war auch hier dem Placebo signifikant überlegen (40% berichteten Verbesserung vs. 31% in der Placebogruppe).


Warum hilft Rifaximin bei einem Reizdarm?

Dafür gibt es verschiedene Erklärungsansätze:


  • Dünndarmfehlbesiedlung (bis zu 80% der Patienten mit RDS-D haben eine Dünndarmfehlbesiedlung, Rifaximin ist eine Art Standardtherapie bei DDFB)
  • chronisch aktive Infektionen (werden immer wieder als eine Ursache für den Reizdarm diskutiert und könnten von dem Breitbandantibiotikum mit erfasst werden)
  • Dysbiosen (RDS weist typische Fehlbesiedlungen mit der Dominanz einiger Stämme auf, Rifaximin könnte durch seine bakteriziden Eigenschaften diese Dominanz durchbrechen und die Dysbiose beheben)

Ist alles Gold, was glänzt?

Bei aller Freude über neue Medikamente sollten wir nicht vergessen, dass es sich bei Rifaximin um ein Antibiotikum handelt, auch wenn es den systemischen Vertretern in einigen Punkten überlegen zu sein scheint. Problematisch finde ich, dass die Effektivität des Medikaments sich annähernd auf einer Höhe mit Ballaststoffpräparaten ansiedelt. Hier finden sich natürliche Ansätze, welche weitaus besser abschneiden.


Zur Behandlung einer Dünndarmfehlbesiedlung sind wir ebenfalls nicht mehr auf Rifaximin angewiesen. Pflanzliche Präparate haben erneut gezeigt, dass sie dem Breitbandantibiotikum mindestens ebenbürtig sind.


Was in den Reviews und Metaanalysen vollständig untergeht ist, dass wir immer wieder Klienten und Leser haben, die mit Rifaximin kurzzeitige Besserung erfahren haben. Viele sprechen dann übermütig von Heilung. Doch nur wenige Monate später wenden sie sich betrübt an uns, weil der Spuk wieder von vorn losgegangen ist. Können Sie sich vorstellen, dass es gesund ist, alle drei Monate Ihren Darm von einem komplexen Ökosystem zu "reinigen"? Einem Ökosystem, dessen Zusammenspiel mit unseren Körperfunktionen wir gerade erst zu durchschauen beginnen? Denkt man rational darüber nach, dann kann das keine gute Sache sein. Es gibt auch andere Möglichkeiten, die Mikrobiologie des Darmes zu beeinflussen. Diese sind vielleicht manchmal etwas anstrengend, aber zumindest müssen wir die Langzeitfolgen nicht fürchten.


FAZIT: Für mich stellt Rifaximin eine Möglichkeit dar, um akute Infektionen oder eine DDFB zu behandeln, wenn natürliche Mittel nicht helfen. Ich würde meinen Lesern und Klienten aber keinesfalls empfehlen, dieses Medikament dauerhaft einzusetzen. Die Effektivität scheint nicht auszuschließende Langzeitfolgen nicht zu rechtfertigen.