Reizdarm Behandlung: 10 einfache Schritte, um deine Genesung absolut zu rocken! (powered by science)

Inhaltsverzeichnis

Die Therapie von Reizdarmsymptomen wie Durchfall, Verstopfung, Bauchschmerzen und Blähungen ist unkomplizierter als du jetzt noch denkst!

Willkommen auf dem Herzstück meines Blogs zum Reizdarmsyndrom: einer Zusammenfassung der aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Behandlung des Reizdarms!

Vom Beginn seiner Etablierung als anerkannte Krankheit in den 1940er und 1950er Jahren trafen die Wünsche und Erwartungen der Betroffenen auf die Ratlosigkeit der behandelnden Ärzte. Einige Gründe für dieses spannungsgeladene Missverhältnis habe ich dir bei der "Geschichte des Reizdarms" aufgezählt. Das Reizdarmsyndrom war damals ein Mysterium, die Ursachen nicht bekannt und deshalb konnten die Mediziner keine ursächlichen und somit effektiven Therapien anbieten. Die Frustration der Reizdarmpatienten war schon vorprogrammiert. Doch leider hat sich daran bis zum heutigen Tag nur sehr wenig geändert: Gerade einmal 13% der von einem Reizdarm betroffenen Patienten sind zufrieden mit ihrer Behandlung durch ihren Arzt (Olafsdottir und Kollegen, 2012)! 

Auf der anderen Seite ist der Wunsch nach einer wirkungsvollen Therapie enorm. Die Betroffenen berichten von einer stark verminderten Lebensqualität, Einschränkungen im Berufsleben und im Privatbereich, sowie von häufigen depressiven Verstimmungen. Obwohl der Reizdarm immer wieder vom persönlichen Umfeld als "kleines Übel für Menschen mit schwachen Nerven" abgestempelt wird, verdeutlichen einige Zahlen vielleicht die Dramatik unserer Erkrankung: Für eine Behandlung, welche sie symptomfrei macht, würden befragte Reizdarmbetroffene durchschnittlich 25% ihrer verbleibenden Lebenszeit opfern. 14% der Studienteilnehmer würden sogar eine tödliche Nebenwirkung von 1:1000 in Kauf nehmen (Drossmann und Kollegen, 2010)! Eine weitere erschreckende Untersuchung zeigte auf, dass sage und schreibe 38% der Patienten in spezialisierten Fachkliniken aufgrund ihrer Reizdarmsymptome über einen Selbstmord nachgedacht hatten (Miller und Kollegen, 2010). 

 

Vermutlich weißt auch du, wie erschöpfend und hoffnungslos sich unser Kampf gegen den Reizdarm anfühlen kann. Wir sind ständig auf der Suche nach neuen Behandlungsmöglichkeiten oder effektiven Therapieansätzen. Doch häufig scheitern diese Bemühungen an der Wirklichkeit des deutschen Gesundheitssystems. Dass du diesen Blog über die Behandlung des Reizdarms gerade liest und dabei hoffst, auf einen neuen, noch nicht von dir beachteten, Aspekt bei der Linderung deiner Symptome zu stoßen, zeigt mir, dass du mit deiner bisherigen Behandlung ebenfalls unzufrieden bist. Dabei hat die Wissenschaft inzwischen gewaltige Beiträge geleistet, um eine ursächliche und vor allem auch effektive Behandlung des Reizdarms zu ermöglichen! Komm mit, ich zeige sie dir!

 

Was hilft wirklich gegen den Reizdarm?

Dein Reizdarm wurde lange Zeit rein symptomatisch behandelt und damit "ruhig gestellt". So, wie eine Schmerztablette die Ursache des Schmerzes nicht beseitigt, wurden auch deine Reizdarmbeschwerden nur unterdrückt. An deiner Erkrankung änderte sich dadurch gar nichts. Zur symptomatischen Behandlung deiner Symptome nutzten und nutzen die Ärzte vor allem Wirkstoffe wie Loperamid (ein Mittel gegen Durchfall), Lactulose (gegen Verstopfung) oder Mebeverin (zur Entspannung der Darmmuskulatur bei Bauchschmerzen und Krämpfen). Wärest du ein Frischling in unserer Reizdarm-Community könntest du dich nun entspannt zurücklehnen und denken: "Das klingt doch erst einmal gar nicht so schlecht! Die Ärzte haben verschiedene Medikamente für meine Behandlung zur Verfügung. Es ist mir doch total egal, ob diese wirken, weil sie die Symptome über einen Nebeneffekt oder eben ursächlich lindern. Hauptsache es geht mir besser!" Das ist natürlich dein gutes Recht und ich kann das sogar nachvollziehen. Allerdings wissen wir "alten Hasen" um die Grenzen der symptomatischen Behandlung. Erst einmal muss festgehalten werden, dass diese therapeutischen Ansätze nicht für jeden Patienten mit einem Reizdarm funktionieren, sondern nur für einen Prozentsatz. Beispielsweise müssen durchschnittlich vier Patienten in Studien mit Verstopfung behandelt werden, damit einer dieser Patienten einen statistischen Erfolg verbuchen kann (Liu, 2011). Eine Chance von 3:1 klingt nicht sonderlich vielversprechend, wenn es um unsere Gesundheit geht, oder? Außerdem ist problematisch, dass diese veralteten Behandlungsstrategien oft nur einen einzigen Aspekt des Reizdarmsyndroms erfassen. Zum Beispiel lindert das Antidurchfall-Medikament Loperamid (in Deutschland sehr bekannt unter dem Markennamen Immodium akut) deutlich den Durchfall und verbessert den heftigen Stuhldrang. Allerdings zeigen Untersuchungen, dass die bei einem Reizdarm ebenfalls vorhandenen Symptome Bauchschmerzen und Blähungen durch die Einnahme von Loperamid sogar verschlimmert werden (z.B. Ragnarsson und Bodemar, 2000). Abschließend gehört zur Wahrheit, dass viele dieser Medikamente zahlreiche Nebenwirkungen haben oder mit der Zeit an Wirksamkeit verlieren ("Toleranzbildung"). Ein eindrucksvoller Bericht einer Betroffenen zum Wirkstoff Loperamid schildert diese Tendenz sehr plastisch. 

 

Die veraltete symptomatische Behandlung des Reizdarms ist also überholt. Doch welche Alternativen stehen bereit? Zum Glück gibt es da so einige. Doch wenn du verstehen willst, warum diese Therapieansätze tatsächlich funktionieren, müssen wir uns erst einmal mit den inzwischen von der Forschung entdeckten Ursachen und Krankheitsmechanismen des Reizdarms beschäftigen. Nur nicht ungeduldig werden. Wir kommen noch zu den konkreten Behandlungsschritten, versprochen! 

 

Die Ursachen und Krankheitsmechanismen des Reizdarms: ein Geschwisterlein von Morbus Crohn und Colitis ulcerosa

In einem vergangenen Blogbeitrag habe ich ausführlich über ein wissenschaftliches Review der Forscher Spiller und Major berichtet (Spiller und Major, 2016). In dieser Arbeit kommen die Autoren zu dem Schluss, dass der Reizdarm und die chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen keine klar zu trennenden Entitäten seien, sondern vielmehr auf einem gemeinsamen Spektrum einzuordnen sind. Um zu dieser revolutionären Erkenntnis zu gelangen, schildern die Wissenschaftler in liebevoller Kleinarbeit eindrucksvoll die inzwischen bekannten Krankheitsmechanismen und die großen Überschneidungen jener zwischen Reizdarmsyndrom und chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen. Da es hier um eine Darstellung der Behandlungsmöglichkeiten der Symptome des Reizdarms gehen soll, verzichte ich ausnahmsweise einmal auf meine große Leidenschaft, das Analysieren und Details beleuchten wissenschaftlicher Arbeiten und fasse die Ergebnisse nur kurz in einer Übersicht zusammen. Solltest du dich für die genaueren Hintergründe interessieren, dann lies bitte den oben verlinkten Blogbeitrag oder die Originalarbeit.

Ursachen und Mechanismen des Reizdarms und der CHronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (angelehnt an Spiller & Major, 2016)

Wir unterscheiden aktuell sieben wissenschaftlich gut etablierte zentrale Krankheitsmechanismen beim Reizdarmsyndrom.

 

1. chronische Immunaktivierung (Immunomodulation)

Beim Reizdarm finden sich in Gewebebiopsien vermehrt Immunzellen, vor allem Lymphozyten und Mastzellen.  Außerdem ist die Konzentration proentzündlicher Zytokine wie Interleukin 6 oder TNF-alpha erhöht.  Es finden sich weiterhin konsistent erhöhte Marker der Schleimhautabwehr, dazu gehören etwa das Calprotectin (jedoch niedriger als bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen) und auch das Beta-Defensin 2.

 

2. Störung der Hirn-Darm-Achse

Viele verschiedene Untersuchungen legen eine Störung der Verbindung zwischen Hirn und Darmnervensystem nahe. So ist Angsterleben ein Risikofaktor für das Entwickeln eines Reizdarms. Hirnscans zeigen eine deutliche Überstimulierung gewisser Hirnareale bei gastrointestinaler Reizung und die Zusammensetzung unseres gastrointestinalen Mikrobioms (der Darmflora) beeinflusst unser Erleben, Verhalten und auch das Löschen von erlernten Ängsten.

 

3. Zustände nach akuten Infektionen und Entzündungsprozessen

 Studien demonstrieren eindrücklich, wie eine massive akute gastrointestinale Entzündung (z.B. durch Infektion) mit Abheilung der Schleimhaut zu chronischen Reizdarm-Symptomen führen kann. Eine akute Magen-Darm-Grippe erhöht das Risiko, in den Folgemonaten an einem Reizdarm zu erkranken, um den Faktor 8. Neben dem weiblichen Geschlecht ist eine solche Infektion einer der größten Risikofaktoren für den Reizdarm überhaupt!

Auch die Rolle von chronischen Mikroentzündungen, so nachweisbar über das hochsensitive CRP (hs-CRP), bei der Erkrankung ist inzwischen gut belegt. Einige Wissenschaftlerteams sprechen

 

4. Leaky Gut Syndrom bzw. gestörte Darmbarriere

Das Leaky Gut Syndrom beschreibt eine Störung unserer Darmbarriere. Im Normalfall schützt diese dreigliedrige Barriere unseres Darms vor Mikroorganismen, Toxinen und Antigenen der Nahrung. Beim Reizdarmsyndrom ist die Darmbarriere durchlässiger als bei gesunden Vergleichspersonen. Durch den Kontakt zu Bakterien der Darmflora, Nahrungsproteinen und Translokation von Lipopolysacchariden kommt es sowohl zu lokalen als auch systemischen Immunantworten und allergischen Reaktionen.

 

5. Veränderungen im Serotoninstoffwechsel bzw. an den Serotonin-Rezeptoren

Serotonin, ein Neurotransmitter, findet sich in den enterochromaffinen Zellen des Darmtraktes. Er steuert die Motilität (wie schnell  oder eben langsam wird Stuhl transportiert) und die Sekretion von Wasser im Darm. Weiterhin beeinflusst er die Schmerzwahrnehmung. Durch Entzündungsprozesse (z.B. im Rahmen der oben beschriebenen gastrointestinalen Infektion) kommt es im ersten Schritt zu einer Zerstörung und dann zu einer Proliferation der enterochromaffinen Zellen. Das überverfügbare Serotonin verändert dann die Motilität und den Wasserhaushalt des Darmes und führt zu einer Hypersensitivität (vermehrten Reiz- oder Schmerzwahrnehmung).

 

6. Dysbiose des gastrointestinalen Mikrobioms (negativ veränderte Darmflora)

Die Darmflora (richtiger: das Mikrobiom, da es sich nicht um eine "Flora" handelt) von Reizdarmbetroffenen ist nachhaltig gestört. Sie zeigt einen Verlust des Artenreichtums der Darmbakterien und anderer dort lebender Mikroorganismen um annähernd 25%. Eine Auffälligkeit, welches sie mit anderen Darmerkrankungen und dem Chronischen Erschöpfungssyndrom vereint. Weiterhin zeichnet sich die Dysbiose durch den Verlust probiotischer Bakterienstämme und die dadurch begünstigte Dominanz potentiell pathogener und fermentierender Darmbakterien aus, welche Endotoxine freisetzen und Gase produzieren (Entzündungen und Blähungen).

So etabliert sich über die Zeit ein proentzündliches Milieu mit einer Neigung zur durchlässigen Darmbarriere, chronischen Endotoxämie und als Risikofaktor für ungezählte weitere Erkrankungen (von Diabetes mellitus bis Multiple Sklerose). 

Auch einer der am besten belegten Pathomechanismen beim Reizdarmsyndrom, die Dünndarmfehlbesiedlung (heute eher Dünndarmdysbiose) zählt zum Bereich der fehlgesteuerten Darmflora.

 

7. Genetische Prädisposition

Der Reizdarm kommt gehäuft in Familien vor. Ein erkrankter direkter Verwandter gehört zu den bedeutendsten Risikofaktoren für die Entwicklung der Darmerkrankung. Lange Zeit führten die Ärzte und Wissenschaftler diesen Umstand mangels Beweisen auf geteilte Lebensverhältnisse (Ernährung, Hygiene, sozio-ökonomischer Status etc.) zurück. Inzwischen sind aber Verbindungen von Polymorphismen des TNFSF15 Gens zum Reizdarmsyndrom belegt. Es existiert also tatsächlich eine genetische Prädisposition

 

Das ist doch schon eine ganze Palette an Krankheitsmechanismen, oder? Und das schlimmste ist: Die meisten Reizdarmpatienten haben noch nie etwas von diesen kausalen Zusammenhängen gehört und müssen weiterhin mit der Idee einer "funktionellen Erkrankung" leben, bei welcher keine körperlichen Ursachen bekannt sein sollen. Wir könnten hier noch viel tiefer in diese ganz und gar faszinierende Thematik einsteigen. Ich könnte dir etwas über die Endotoxine Lipopolysaccharide erzählen und wie sie unsere Darmbarriere schädigen, oder darüber, wie man Mäusen einen Reizdarm samt Angststörung verpasst, indem man ihnen den menschlichen Stuhl eines Reizdarmpatienten in den Darm verpflanzt. Aber wir belassen es einmal dabei. Für solche Detailfragen ist ja mein Blog vorhanden. 

 

Ran ans Eingemachte: Wie behandelst du den Reizdarm? Eine Anleitung in zehn Schritten.

Die folgenden zehn Schritte richten ihre Bestrebungen allesamt auf die weiter oben geschilderten Ursachen und Krankheitsmechanismen des Reizdarmsyndroms. Einige der genannten Therapieoptionen werden in zusätzlichen Unterpunkten (Medikamente, Ernährung etc.) noch detaillierter erläutert. Dies erwähne ich dann an der entsprechenden Stelle im Text. 

 

Die einzelnen Therapiestufen habe ich nach persönlicher Relevanz geordnet. Die zuerst aufgeführten Maßnahmen bilden also die Grundlage bzw. das Fundament der Behandlung deines Reizdarms, während die letztgenannten Therapieoptionen den Puderzucker auf dem Kuchen darstellen und nur angewendet werden sollten, wenn das Fundament schon gelegt wurde! 

Generell folgen meine Empfehlungen einem ganzheitlichen Konzept. Ich orientiere mich dabei vor allem an den von Wissenschaftlern vorgeschlagenen Multifacettenansätzen der Behandlung beim Reizdarmsyndrom (z.B. Occhipinti und Smith, 2012). Die hier vorgestellte Therapie kann durch ein Säulenmodell plastisch veranschaulicht werden.

 

Dieses fußt auf dem grundlegenden Fundament der Ernährungsumstellung (Immunomodulation, Restaurierung des Mikrobioms, Regulation der Darmbarriere). Darauf ragen vier Säulen bis unter das Dach:

  1. Der Einsatz so genannter "mind-body-approaches". Im Deutschen würden wir diese als Entspannungsverfahren, Autosuggestion, Meditation und Körperpsychotherapie bezeichnen (Beruhigung der Hirn-Darm-Achse, Regulation der Darmbarriere via Mastzellstabilisation, Ausgleich des Immunsystems - Th1/Th2-Balance).
  2. Das Verwenden natürlicher pflanzlicher Wirkstoffe von Pfefferminzöl über Vitamin D3 bis Quercetin (Entzündungshemmung, Beeinflusssung der Darmflora und Hirn-Darm-Achse).
  3. Die Einbeziehung von Faktoren des Lebensstils wie Schlaf (zirkadiane Rhythmik), Bewegung (Immunomodulation) und Sonnenlichtexposition. 
  4. Eine umfassende weiterführende Diagnostik mittels modernster Laboranalysen zur Aufdeckung individueller Krankheitsmechanismen (Leaky Gut, Mastzellen, Oxidativer und Nitrosativer Stress, Nahrungsmittelallergien, Histaminintoleranz, Dünndarmfehlbesiedlung ...)

Gekrönt werden diese tragenden Säulen von ihrem Dachstuhl, welcher das Endergebnis tragen muss: der langfristigen Konsistenz bei der Behandlung des Reizdarmsyndroms! Viele wissenschaftliche Untersuchungen, welche enorme Erfolge bei der Therapie des Reizdarms demonstrieren konnten (und sogar bewiesen haben, dass der Reizdarm heilbar ist!), bestätigten, dass es mitunter ein halbes Jahr, manchmal sogar 12 bis 15 Monate dauerte, bis sich erste Erfolge einstellten! Wenn man genau darüber nachdenkt, ist dies auch logisch: Denn Schäden, die man über viele Jahre und manchmal Jahrzehnte durch Fehlernährung, zu wenig Schlaf und chronischen Stress angerichtet hat, lassen sich nicht innerhalb von Wochen beheben. Sowohl die Darmflora als auch die Darmbarriere und dein Immunsystem brauchen die nötige Zeit, um wieder ihr Gleichgewicht zu finden. Also habe bitte Geduld mit dir und deinem Körper! 

 

Schließlich finden wir im Dach dieses Tempels die von dir heiß ersehnte persönliche Reizdarm-Erfolgsgeschichte. Wie oben bereits beschrieben sind Heilungen durchaus machbar. Also streng dich ordentlich an und befolge meine 10 Schritte! Ich werde dir im folgenden  Abschnitt genau erläutern, wie du den Reizdarm am besten behandelst. 

 

Mir ist durchaus bewusst, dass sehr viele Reizdarmbetroffene mit diesen ganzheitlichen und multimodalen Ansätzen bei der Behandlung hadern. Dies trifft vor allem auf die Neudiagnostizierten zu. Sie hoffen noch, dass eine einfache Tablette (z.B. Duspatal oder Kijimea) ihre Symptome dauerhaft in den Griff bekommt. Doch lass dir von einem langjährigen Patienten, Therapeuten mit unzähligen RDS-Klienten und der Erfahrung vieler Jahre wissenschaftlicher Recherchearbeit versichern: Hier ist nur der Wunsch Vater des Gedankens! Jegliche verfügbare Evidenz und Logik spricht dagegen, dass singuläre Therapien den Reizdarm langfristig zähmen können. Multimodale Ansätze erzielen schlicht und ergreifend bessere Therapieerfolge und werden deshalb von den allermeisten Wissenschaftlern heute präferiert.

Das bedeutet nicht, dass du alle vorgestellten Methoden und Wirkstoffe in deine Behandlung einbauen musst. Ich schlage vor, dass du dich langsam die Stufen hinauf arbeitest. Reichen Ernährungsumstellung und Entspannung aus, um deine Beschwerden gut zu kontrollieren, dann musst du natürlich nicht an der Stabilisation deiner Mastzellen arbeiten! 

 

Disclaimer

Bevor wir uns in die Praxis stürzen, noch zwei kurze Hinweise von mir:

 

Ich wünsche mir, dass du darüber nachdenkst, dass jedes Supplement, jede Ernährungsumstellung und jede andere therapeutische Maßnahme einen ganz spezifischen Einfluss auf deinen individuellen Organismus ausübt. Es kann dabei zu unerwünschten Wirkungen kommen. Da es sich hier um allgemeine Informationen handelt, kann ich weder deine Sicherheit bei deren Befolgung gewährleisten, noch irgendeine Haftung für eventuell daraus resultierende Probleme übernehmen. Obwohl die vorgestellten Behandlungskonzepte in klinischen Studien an Reizdarmpatienten erprobt wurden, musst du verstehen, dass jeder Körper anders arbeitet. So leidest du vielleicht unter weiteren Begleiterkrankungen, oder reagierst schnell im Rahmen eines Nozebo-Effektes. Bitte gehe deshalb den sichersten Weg und bespreche jede neue Behandlung deiner Beschwerden mit deinem Arzt oder Heilpraktiker!

 

Auf euren mehrfach in der Vergangenheit geäußerten Wunsch habe ich direkte Produktempfehlungen beigefügt, wo sich das anbietet. Die verlinkten Produkte sind als meine persönlichen Empfehlungen zu verstehen, die ich selbst gern nutze. Sie zeichnen sich durch hohe Qualität, ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis, wenige Zusatzstoffe und ähnliche Merkmale aus. Ich habe keine Beziehungen zu irgendwelchen Herstellern. Solltest du ein anderes Produkt nutzen wollen, kannst du dich einfach an den Beschreibungen im Text orientieren. Bei den Produktlinks handelt es sich um so genanntes Affiliate-Marketing. Mit jedem Kauf über diese Links unterstützt du meinen Blog, ohne dass es dich etwas kostet. Solltest du mein kostenfreies und ehrenamtliches Projekt ausdrücklich nicht unterstützen wollen, dann lege ich dir die hier verlinkten Produkte und Dienstleistungen dennoch ans Herz. Bestelle diese dann einfach direkt über den Anbieter!

 

Schritt 1: Lass dich unbedingt auf Alternativerklärungen und individuelle Krankheitsmechanismen für DEINEN Reizdarm untersuchen!

Kommen wir also zu unserem ersten und wichtigsten Schritt. Inzwischen ist in der Wissenschaft gut belegt, dass es sich beim Reizdarmsyndrom um eine sehr heterogene Erkrankung mit individuellen Krankheitsmechanismen handelt. Kein Patient gleicht dem anderen. Über die zentralen Krankheitsfaktoren entscheiden u.a. der vorliegende Subtyp, die genetische Prädisposition und auch die jeweilige tatsächliche Ursache (etwa postinfektiöses Geschehen vs. Lebensstilvariablen). Durch diese unterschiedlichen Voraussetzungen der Patienten entstehen natürlich auch differenzierte Bedürfnisse bei der Auswahl der richtigen Behandlung. Einige Interventionen und Therapieverfahren sind beim Reizdarmsyndrom richtig gut und valide von der Wissenschaft belegt worden. Dennoch zeigen klinische Studien, dass niemals alle Betroffenen mit signifikanten Verbesserungen reagieren. Die Erfolgsquoten liegen für die meisten Behandlungen zwischen 50 und 70%.

 

Um dich vor möglichen Enttäuschungen und einem sinnfreien hohen finanziellen Aufwand zu bewahren, kann ich dir deshalb aus tiefster Überzeugung ans Herz legen, dich vor dem Beginn der eigentlichen Reizdarm-Behandlung einer umfassenden Diagnostik unterziehen zu lassen. Hierbei spreche ich nicht von den Standardtests zum Stellen der Ausschlussdiagnose Reizdarmsyndrom (Blutbild samt Entzündungsmarker bzgl. CED, Zöliakieantikörper, Stuhltests und oft Endoskopie), sondern von neuesten molekularbiologischen Verfahren und funktionellen Parametern zur weiteren Detaillierung deines individuellen Krankheitsgeschehens und Aufdeckung möglicher Alternativursachen!

Aktuelle Studien haben gezeigt, dass wir mit Hilfe der Ergebnisse dieser Verfahren vorhersagen können, ob du bspw. von einer FODMAP-Reduktion, einer Gabe von Glutamin oder einer Stabilisation der Mastzellen profitieren wirst! Die vorher investierten Kosten rechnen sich also spätestens bei der konkreten Planung deiner Therapie. Das verspreche ich dir! 

 

Deine Behandlung des Reizdarmsyndroms wird dadurch nicht nur zielgerichteter, sondern auch um ein Vielfaches effektiver und die Chancen auf eine Heilung steigen!

 

In diesem Abschnitt werde ich dir deshalb einige sinnvolle Untersuchungen etwas genauer vorstellen, die du bequem von zuhause aus vornehmen kannst.

 

1. DNA-Sequenzierung des Mikrobioms und funktionelle Parameter

Die absolute Grundlage der weiterführenden Diagnostik bildet der Stuhltest Mikrobiom Plus. Dieser analysiert mittels DNA-Sequenzierung den Artenreichtum und die Zusammensetzung deines Mikrobioms. Der Vorteil dieser molekularbiologischen Methode liegt auf der Hand: Im Gegensatz zum veralteten Verfahren der Stuhlkultur kann die DNA-Sequenzierung, welche auch in wissenschaftlichen Erhebungen eingesetzt wird, alle relevanten Darmbakterien und Pilze erfassen, selbst wenn diese bereits abgestorben sind (etwa anaerobe Bakterien). 

 

Was erfährst du durch diesen Test?

  1. Die Zusammensetzung deiner Darmflora und daraus resultierende Risikofaktoren. 
  2. Eventuell bestehende Probleme mit pathogenen Keimen oder Pilzen.
  3. Ob du für eine FODMAP-Reduktion infrage kommst, oder eher ein Kandidat für eine Stuhltransplantation oder SCD bist. 
  4. Ob deine Darmbarriere in Ordnung ist, oder du ein Leaky Gut Syndrom hast (Zonulin und Alpha-1-Antitrypsin) und dieses mit Glutamin behandeln solltest. 
  5. Wie proentzündlich dein Darmmilieu ist (sIgA und Calprotectin) und ob sich der Einsatz entzündungshemmender Substanzen lohnt. 
  6. Wie du deine Ernährung generell gestalten solltest (Verdauungsrückstände). 
  7. Ob eine Bauchspeicheldrüsenschwäche (Pankreas-Elastase) oder ein Gallensäureverlustsyndrom (Gallensäuren im Stuhl) vorliegen. 
  8. Und noch vieles mehr! 

Dieser Test ist sowohl von der Bedeutung für die Therapiegestaltung als auch vom Preis-Leistungs-Verhältnis ein wirklicher Knaller und ich wünschte mir, ich hätte ihn selbst damals zur Verfügung gehabt! Doch damals musste ich meinen Stuhl für den dreifachen Preis rund um den halben Erdball fliegen lassen (mit Zoll und ärztlichen Bescheinigungen). Mein Fazit: keinesfalls entgehen lassen!

 

2. Bluttest auf Nahrungsmittelallergien (IgE-vermittelt)

Wir wissen, dass beim Reizdarmsyndrom IgE-vermittelte Nahrungsmittelallergien eine bedeutende Rolle spielen. Bis zu 35% der Betroffenen weisen allergische Reaktionen vom Soforttyp auf bestimmte Lebensmittel auf. Doch nur selten wird dieser Umstand von den behandelnden Ärzten anerkannt. Dabei zeigen klinische Studien, dass eine Auslassdiät, evtl. in Kombination mit Cromoglicinsäure (siehe unten) die Beschwerden des Reizdarms reduzieren oder sogar in Remission bringen kann. Die hohe Prävalenz von allergischen Reaktionen beim Reizdarmsyndrom kann vermutlich durch die oft gestörte Darmbarriere und den dadurch möglichen Kontakt des Immunsystems mit Nahrungsproteinen und Antigenen erklärt werden.

 

Bevor du also eine Ernährungsumstellung in Angriff nimmst, solltest du dich mittels dieses Bluttests auf Nahrungsmittelallergien (aus dem Blut deiner Fingerkuppe) auf spezifische IgE-Reaktionen testen lassen! 

 

Was kannst du mit diesem Test in Erfahrung bringen?

  1. Nachweis spezifischer IgE-Reaktionen auf die 54 häufigsten Allergene (Nahrungsmittel, Tiere, Pilze, Pollen)

Hinweis: Es handelt sich hierbei um einen IgE-Test auf Nahrungsmittelallergien. Im Gegensatz zu den Langzeitreaktionstests (IgG) sind diese vollständig von den Medizinern anerkannt!

 

3. Bluttest auf Vitamin-D

Weiter unten werde ich beschreiben wie wichtig die Kontrolle des Vitamin-D-Spiegels für dich als Reizdarm-Patienten ist. Du gehörst nämlich zu einer Hochrisikogruppe für einen Mangel des Prohormons und erkaufst dir dadurch zahlreiche Risikofaktoren für bedrohliche Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems oder auch des psychiatrischen Formenkreises. Doch damit nicht genug: Die Behebung der weit verbreiteten Defizienz (mehr als vier von fünf Reizdarm-Betroffenen) lässt die Reizdarmbeschwerden deutlich abklingen! 

 

Ob es sich lohnt, Vitamin-D3 zu supplementieren erfährst du durch diesen Vitamin-D-Bluttest mittels Blut aus deiner Fingerkuppe. 

 

4. Histamin im Stuhl

Ebenfalls gut belegt ist die Rolle einer Histaminunverträglichkeit beim Reizdarmsyndrom. Reizdarmpatienten zeigen einerseits eine deutliche Aktivierung und Vermehrung der Mastzellen und sind andererseits deutlich häufiger von der so genannten Histaminintoleranz betroffen, welche durch einen Mangel des histaminabbauenden Enzyms Diaminoxidase gekennzeichnet ist. 

 

Der Stuhltest auf Histamin im Stuhl kann dir erste entscheidende Hinweise liefern, ob du ein Problem mit diesem Mastzellmediator hast. In weiteren diagnostischen Schritten sollte dann zwischen HIT (Diaminoxidase bestimmen) und Mastzellerkrankung (Tryptase, Histamin im Serum, Leukotriene) differenziert werden. 

 

Histamin im Stuhl ist auch ein bedeutender Prädiktor für den Erfolg einer FODMAP-Reduktion!

 

5. Parasiten im Darm

Zahllose wissenschaftliche Untersuchungen bestätigen eindrucksvoll, dass der Reizdarm mit verschiedenen gastrointestinalen Parasiten assoziiert ist. Behandelt man diese erfolgreich, verschwinden bei vielen Betroffenen auch die Reizdarmbeschwerden für immer. Besonders betrifft dies die Parasiten Blastocystis hominis und Giardia lamblia

 

Im Normalfall sollte euer Hausarzt oder Gastroenterologe diese Parasiten bereits bei den Standarduntersuchungen erhoben haben. Sollte er das allerdings versäumt haben, dann würde ich dies so schnell wie möglich mit diesem Stuhltest nachholen! 

 

6. Oxidativer und Nitrosativer Stress

Weiterhin kann ich dir empfehlen, dich einmal auf die schädigenden Auswirkungen von freien Radikalen untersuchen zu lassen. Mit dem Urintest auf ROS und dem Urintest auf RNS deckst du mögliche Belastungen sicher auf. 

Die negativen Auswirkungen der freien Radikale sind beim Reizdarm allgemein gut belegt, allerdings erhalten sie für dich eine besondere Bedeutung, wenn du unter systemischen Beschwerden wie Erschöpfung und Gelenkschmerzen leidest, oder deine Darmbarriere maßgeblich beeinträchtigt ist (siehe Zonulin, oder Punkt 1). 

In den Untersuchungen um Professor Michael Maes zeigte sich, dass ROS und RNS zu den schädlichsten Faktoren im Rahmen des Leaky Gut Syndroms gehören und eine Behandlung mittels Antioxidanzien die Darmbarriere regenerieren lässt!

 

Schritt 2: praktiziere Eine ursächliche Ernährungsumstellung gegen den Reizdarm und seine Symptome!

Die Ernährungsumstellung bildet das absolute Fundament der effektiven ursächlichen Reizdarmbehandlung. Kein anderer Therapieschritt wirkt sich so potent auf nahezu alle Ursachen und Krankheitsmechanismen aus. Unsere täglichen Ernährungsentscheidungen gestalten unsere Darmflora (Sloan und Kollegen, 2018), beeinflussen unseren Serotoninhaushalt (Mazzawi und El-Sahy, 2017), aktivieren oder stabilisieren unsere gastrointestinalen Immunzellen (Zhou und Kollegen, 2018). Die diätetische Behandlung des Reizdarmsyndroms gehört heute zu den verlässlichsten und nebenwirkungsärmsten Therapieoptionen der Wissenschaft. 

Doch vielleicht geht es dir ja auch so, dass du im Dschungel der Ernährungsinformationen des Internets schon den Überblick verloren hast? Steinzeiternährung, Veganismus, Rohkosternährung, Ketogene Diät und andere Trend kämpfen um die Aufmerksamkeit der Leser und Verbraucher. Und jede dieser Ernährungsformen kommt mit tatsächlichen oder angeblichen Vorteilen für verschiedene Erkrankungen daher. 

 

Doch was aus Sicht der Wissenschaft die richtige Ernährung für den Reizdarm ist, haben die beiden Gastroenterologen und Forscher Mazzawi und El-Sahy der Universität Bergen in Norwegen zusammengefasst:

1. FODMAPs (kurzkettige, schwer-verdauliche und fermentierbare Kohlenhydrate Reduzieren - Reizdarm beruhigen

FODMAP ist ein Akronym und steht stellvertretend für spezifische kurzkettige Kohlenhydrate. Diese entziehen sich der menschlichen Verdauung und werden dann von unseren Darmbakterien im Dickdarm verstoffwechselt. Kurzfristig entstehen dabei Gase, welche osmotische Effekte provozieren. Es kommt zu den klassischen Reizdarmbeschwerden Durchfall, Verstopfung, Blähungen und Bauchschmerzen. Langfristig tragen FODMAPs zu einer Dysbiose der Darmflora bei, wobei gram-negative Bakterien dominieren. Diese setzen Endotoxine frei, welche zur Schädigung der Darmbarriere beitragen. Weiterhin stabilisiert eine FODMAP-Reduktion die Mastzellen, es wird weniger Histamin im Verdauungstrakt produziert.  Die FODMAP-Reduktion ist die am besten wissenschaftlich untersuchte Diät zur Behandlung des Reizdarms überhaupt.

 

2. Lösliche Ballaststoffe in der Ernährung betonen - Balancieren des Serotonin-Systems

Um die Ballaststoffzufuhr beim Reizdarm hat sich eine wahre Kontroverse entsponnen. Früher gehörte die Empfehlung "essen sie mehr Ballaststoffe" zum Repertoire der Empfehlungen von Ärzten für jeden Reizdarmpatienten. Doch viele Studien haben diese allgemeine Empfehlung inzwischen entkräftet. Es kommt auf die richtige Art der Ballaststoffe an. Lösliche Ballaststoffe sind für uns Reizdarmbetroffene das Mittel der Wahl. Wir finden diese beispielsweise in Hafer, Reis, Bananen, Möhren, Kürbis usw.  Die Lebensmittel decken sich recht gut mit denen der FODMAP-Reduktion.  Lösliche Ballaststoffe steuern über verschiedene Mechanismen (u.a. die Produktion kurzkettiger Fettsäuren) die Produktion von Serotonin im Gastrointestinaltrakt und modulieren das Mikrobiom positiv). 

 

3. Bei einem Reizdarm gestättigte Fette reduzieren, Zucker meiden, magere Proteinquellen betonen und eher moderat (zeitweise FODMAP-reduzierte) Kohlenhydrate verzehren, keine synthetischen Zusatzstoffe

Als letzten Schritt deiner Ernährungsbemühungen solltest du die Zusammensetzung deiner Mahlzeiten bezüglich der Makronährstoffe bedenken. Die typische westliche Ernährung kombiniert viel Fett mit reichlich Kohlenhydraten (und von beidem noch die schlechtesten Varianten). Hinsichtlich der Verbesserung der Verdauungsprozesse und der Wirkung auf die endokrinen Zellen beim Reizdarm solltest du eher moderat Kohlenhydrate verzehren, das Fett möglichst reduzieren (Ausnahmen sind gesunde Fette wie Olivenöl, welches keine negativen Auswirkungen auf die Darmbarriere und das Mikrobiom zeigt) und deine (magere) Proteinzufuhr erhöhen. Diese Komponenten kannst du gut in die FODMAP-Reduktion einfließen lassen.  Die beiden norwegischen Wissenschaftler weisen weiterhin darauf hin, dass die meisten synthetischen Zusatzstoffe mit Chemorezeptoren in unserem

Darmtrakt kommunizieren und deshalb für uns Reizdarmpatienten absolut tabu sein sollten!

 

Keine Sorge, das klingt alles komplizierter als es eigentlich ist. Um hier nicht den Rahmen dieser Übersicht zu sprengen, belasse ich es aber erst einmal bei dieser Zusammenfassung und verweise auf die zugehörigen Unterkategorien, wo es neben FODMAP-Listen auch Rezepte geben wird. 

Du kannst dir aber schon einmal mitnehmen, dass eine perfekte Reizdarm-Diät, welche an den Krankheitsursachen ansetzt aus möglichst natürlichen und unverarbeiteten Lebensmitteln bestehen sollte. Sie ist reich an magerem Protein (vor allem Fisch, Geflügel, laktosefreien Milchprodukten [Hintergrund: siehe FODMAPs], Meeresfrüchte, Tofu) und recht arm an Fett. Letzteres kommt aus gesunden Quellen wie Olivenöl, Hanföl, Walnüssen oder Haselnüssen. Kohlenhydrate werden moderat konsumiert, wobei verstärkt auf lösliche Ballaststoffe gesetzt wird (Reis, Kartoffeln, Hafer, Banane, Möhren, Kürbis und andere). 

 

Möchtest du dich in das Thema der wissenschaftlichen Ernährungsumstellung zur Behandlung deines Reizdarms vertiefen, empfehle ich persönlich folgende Bücher und FODMAP-Tabellen:

  1. Das Buch Das FODMAP-Konzept von der Ärztin für klinische Ernährungswissenschaft Dr. Caroline Kiss
  2. Das Buch Den FODMAP-Plan vom Gastroenterologen Professor Dr. Martin Storr
  3. Den Tabellenband Der FODMAP-Kompass ebenfalls von Professor Storr

 

Schritt 3: Optimiere deine Immunfunktion mit Vitamin D!

Du leidest an einem Reizdarm und hast noch nie deinen Vitamin-D-Spiegel testen lassen? Das ist ein extrem blöder Fehler der da dir, oder besser deinen Ärzten, unterlaufen ist! Reizdarmbetroffene sind eine Hochrisikogruppe für einen Vitamin-D-Mangel (Williams und Kollegen, 2018). Vitamin D gehört zu den so genannten Secosteroiden und wird aufgrund seiner vielfältigen Funktionen eher als Prohormon statt als Vitamin verstanden. So ist ein ausreichender Spiegel an Vitamin D absolut essentiell, um eine ausreichende Immunantwort auf bakterielle oder virale Erreger geben zu können (vgl. Dysbiose der Darmflora und Erregerhypothese). Studien legen nahe, dass eine Supplementation mit Vitamin D über sechs Monate die globalen Reizdarmbeschwerden signifikant verbessert und die Lebensqualität erhöht (El Amrousy und Kollegen, 2018).

 

Gehöre also nicht länger zur Hochrisikogruppe. Lass deinen Vitamin-D-Spiegel testen und führe Vitamin D zu, bis du einen 25(OH)VitaminD3-Spiegel von mindestens 35ng/ml erreicht hast! Für die europäische Normalbevölkerung ist eine künstliche Zufuhr von Vitamin D ab den Herbstmonaten meiner Einschätzung nach unumgänglich.

 

Welche Schritte solltest du also unternehmen?

  1. Lasse unbedingt deinen Vitamin-D-Spiegel bestimmen! Das geht problemlos von zuhause aus mit diesem Test.
  2. Ist er unter dem Optimalbereich von 40ng/ml oder weist sogar eine Defizienz auf, dann setze ein qualitativ hochwertiges Vitamin-D-Produkt ohne Zusatzstoffe ein!
  3. Bekommst du deinen Vitamin-D-Spiegel trotz Supplementation nicht angehoben, dann lies bitte diesen Artikel!

 

Schritt 4: Erlerne ein Entspannungsverfahren und befriede deine Hirn-Darm-Achse!

Durch die enge Verknüpfung unseres Gehirns mit dem Darmnervensystem und den Nachweis der gestörten Kommunikation beider Strukturen beim Reizdarmsyndrom (Du erinnerst dich: Der Reizdarm als Störung der Hirn-Darm-Achse in den ROM-IV-Kriterien?) wurde frühzeitig vermutet, bewährte Entspannungsverfahren könnten eine lindernde Wirkung auf den Reizdarm entfalten. Obwohl viele vereinzelte positive Fallsammlungen vorlagen, zierte sich die Wissenschaft lange Zeit, die Auswirkungen verschiedener Methoden der so genannten "mind-body-approaches" systematisch zu erforschen. Ob es daran gelegen haben könnte, dass man mit Entspannungsverfahren nur sehr schwer Geld verdienen kann?

Heute liegt aber erfreulicherweise ein ganzes Sammelsurium solcher Studien vor und ich kann guten Gewissens von einer wahren Erfolgsgeschichte der Entspannungsverfahren bei der Behandlung des Reizdarms sprechen. Symptomverbesserungen erzielen unter anderem die Ansätze Autogenes Training (Shinozaki und Kollegen, 2010), Achtsamkeitsmeditation (Gaylord und Kollegen, 2010) und Progressive Muskelrelaxation (Schwarz und Kollegen, 1986). Die genannten Entspannungsverfahren sind leicht zu erlernen und individuell in den Alltag der Patienten integrierbar. Mein persönlicher Favorit ist das Autogene Training, eine Form der Selbsthypnose, welche mit Autosuggestionen arbeitet, die spezifisch an den jeweiligen Betroffenen (Subtyp, Ängste usw.) angepasst werden können. Das Erlernen und möglichst tägliche Üben von Entspannungspraktiken sollte zukünftig unbedingt zu deiner Reizdarm-Behandlung gehören! Ohne sie ist deine Therapie wie ein Werkzeugkasten ohne Schraubenschlüssel.

 

Hervorgehoben erwähnen möchte ich noch die Forschungen zur "gut directed hypnotherapy", welche im deutschen Sprachgebrauch häufig als "Bauchhypnose" oder "Darmhypnose" bezeichnet wird. Seit den 1980er Jahren wird diese, speziell auf den Reizdarm zugeschnittene, Hypnose an der Universität Manchester erforscht und weiterentwickelt. Die dabei in Studien erzielten Erfolge sind ganz erstaunlich und gleichen denen der FODMAP-Ernährungsumstellung (Peters und Kollegen, 2016). Beeindruckend ist auch, dass drei von vier Patienten positiv auf die Hypnotherapie ansprechen und die erzielten Fortschritte mehrere Jahre anhalten (Gonsalkorale und Kollegen, 2003).

Zu unserem großen Glück müssen wir nicht unbedingt regelmäßig zum teuren Psychotherapeuten rennen, um in den Genuss dieser Effekte zu kommen. Für den Reizdarm erzielt das tägliche Training mittels einer Audio-CD ähnlich tolle Effekte (Palsson und Kollegen, 2006).

 

Meine persönlichen Empfehlungen dazu:

  1. Die Audio-CD mit Bauchhypnose Schmetterlinge im Bauch von Professor Dr. Winfried Häuser
  2. Die Audio-CD mit Bauchhypnose Darmhypnose von Professor Dr. Martin Storr
  3. Das Buch Gesund durch Meditation vom MBSR-Erfinder Dr. Jon Kabat-Zinn
  4. Die Audio-CD zur Begleitung der MBSR-Yogaübungen von Kabat-Zinn
  5. Die Übungs-CD Stressbewältigung durch die Praxis der Achtsamkeit von Kabat-Zinn
  6. Das Buch Den Reizdarm beruhigen mit Yoga von Professor Storr

 

Schritt 5: Stabilisiere deine Mastzellen und beruhige deinen Reizdarm!

Inzwischen wurden sehr viele wissenschaftliche und laienverständliche Texte zum Thema Reizdarm und Mastzellen publiziert. Die Beteiligung dieser vielen Betroffenen unbekannten Immunzellen an unserer Erkrankung ist so evident, dass einige Forschergruppen vom Reizdarm als einer "entzündlichen Darmerkrankung unter Beteiligung von Mastzellen" sprechen (vgl. Philpott und Kollegen, 2011). Die Befunde sprechen auch eine mehr als deutliche Sprache: Beim absoluten Großteil der von einem Reizdarm Betroffenen finden wir vermehrte Mastzellzahlen und/oder eine erhöhte Freisetzung von proentzündlichen Mediatoren (Histamin, TNF-Alpha, Tryptase usw.) aus eben jenen Immunzellen. Die Rate der Vermehrung dieser und die Nähe der Mastzellkolonien zu Darmnerven korrelieren dabei mit der Intensität der Symptome des Reizdarms, was auf einen kausalen Zusammenhang hindeutet. 

Was die chronische Mastzellaktivierung auslöst ist noch nicht eindeutig geklärt. Die Forscher vermuten aber einen multikausalen bzw. Stufenprozess aus Infektion (Mastzellaktivierung überproportional deutlich beim PI-RDS), ungünstiger Ernährung (z.B. vermehrt und aktiviert ein hoher Zucker- und vor allem Fruktosekonsum die Mastzellen) und psychischen Faktoren (sowohl akuter und auch chronischer Stress aktivieren die Mastzellen und sorgen für gastrointestinale Symptome - du kennst vielleicht das Rennen zur Toilette vor einer wichtigen Prüfung?).

 

Lange Zeit wurde dieser Krankheitsmechanismus nur theoretisch diskutiert. Inzwischen folgten zahlreiche klinische Studien mit Wirkstoffen zur Stabilisierung von Mastzellen, welche auf diesen Erkenntnissen aufbauten. So erreichte der Mastzellstabilisator Dinatrium-Cromiglicinsäure (3x200mg pro Tag) über sechs Monate eine deutliche Verbesserung der Bauchschmerzen und Stuhlkonsistenz von Reizdarmpatienten (Lobo und Kollegen, 2017). Fast vier von fünf Patienten sprachen auf den Wirkstoff an. 

Noch wirkungsvoller ist vermutlich das Flavonoid Quercetin. Quercetin ist Untersuchungen zufolge weitaus potenter bei der Stabilisierung von Mastzellen (Wenig und Kollegen, 2012). Es blockiert nicht nur die Freisetzung von Histamin und Tryptase, sondern auch die der proentzündlichen Mediatoren TNF-Alpha und IL-8, welche beim Reizdarm eine bedeutende Rolle spielen.

Ein weiterer unverzichtbarer Baustein bei der Stabilisierung von Mastzellen im Rahmen des Reizdarmsyndroms ist hoch konzentriertes Vitamin C (Molderings und Kollegen, 2016). Sinnvoll ist eine retardierte Variante (zeitverzögerte Freigabe) in einer Dosierung von 2x500mg täglich. 

 

Sinnvolle Wirkstoffe zur Stabilisation von Mastzellen und zum Abbau von Histamin:

  1. Dinatriumcromoglicinsäure 
  2. Hochdosiertes Quercetin (einziger "wirklicher" Mastzellstabilisator, der gleichzeitig die Freisetzung verschiedener Mediatoren hemmt)
  3. Gepuffertes, retardiertes und hochdosiertes Vitamin C
  4. Mastzellstabilisierende Ernährungsumstellung und Entspannung siehe oben

 

Schritt 6: Dünge und gieße deine Darmflora!

Bei der Vorstellung der Ursachen des Reizdarmsyndroms haben wir bereits diskutiert, wie wichtig eine gesunde Darmflora (besser: ein biodiverses Mikrobiom) für unsere körperliche Gesundheit ist. Das Mikrobiom von Reizdarmpatienten ist allerdings alles andere als gesund und stabil. Ihm fehlen sage und schreibe bis zu 250 Arten von Darmbakterien, welche bei gesunden Vergleichspersonen noch vorhanden sind. Weiterhin dominieren unser Mikrobiom proentzündliche Spezies von Darmbakterien wie den gram-negativen Enterobacteriaceae (darunter bspw. Klebsiella und Escherichia). Diese setzen Endotoxine frei, welche unsere Darmbarriere schädigen und unser Immunsystem aktivieren (Rodino-Janeiro und Kollegen, 2018). Gleichzeitig ist die Konzentration probiotischer (gesundheitsförderlicher und immunmodulierender) Darmbakterien vermindert. Die Anzahl der Laktobazillen und Bifidobakterien ist problematisch gesunken. 

 

Nun ist ein häufiger Fehlschluss vieler Reizdarmpatienten, dass man dieses Missverhältnis des Mikrobioms einfach durch eine Einnahme der entsprechenden Probiotika lösen könne. Dies widerspricht aber allen wissenschaftlichen Erkenntnissen, denn entgegen dem Laienverständnis siedeln sich Probiotika nicht im Darm an (Kristensen und Kollegen, 2016).

Es gibt aber dennoch sinnvolle und effektive Möglichkeiten, wie du deine Darmflora aktiv umgestalten kannst. Dazu gehören eine für uns sinnvolle Ernährungsumstellung und ein gezieltes Stressmanagement. Beide Faktoren solltest du zu diesem Zeitpunkt deiner Behandlung bereits angegangen sein. Zusätzlich zu diesen Maßnahmen hat sich der Einsatz von so genannten Präbiotika und löslichen Ballaststoffen bewährt. Lass dich nicht von den ähnlichen Begriffen verwirren! Der Unterschied zwischen Probiotika und Präbiotika besteht darin, dass erstere lebensfähige Darmbakterien bezeichnen, während Präbiotika für eine Gruppe unverdaulicher zumeist Kohlenhydrate stehen, die nicht von uns Menschen direkt, aber von den Bakterien unserer Darmflora verstoffwechselt werden können. Sie sind also das Futter für unser Mikrobiom. Eine Kombination aus Probiotika und Präbiotika wird übrigens Synbiotika genannt. 

 

Nun ist der Einsatz dieser Wirkstoffe beim Reizdarm etwas tricky, denn grundsätzlich können sowohl proentzündliche gram-negative Bakterien als auch probiotische Bakterien auf dieses "Futter" zugreifen. Bei einer bereits bestehenden Dysbiose mit hoher Konkurrenz durch "die bösen Jungs" wäre das natürlich problematisch. Stell dir vor, du stellst jeden Abend eine Schüssel Katzenfutter in den rattenverseuchten Keller, um die Ratten zu vertreiben. Glorreiche Idee, oder? Wir müssen also darauf achten, nur Präbiotika einsetzen, welche selektiv wirken, also bevorzugt von probiotischen Darmbakterien verstoffwechselt werden

 

Zu diesen gehören auf jeden Fall die Beta-Galaktooligosaccharide. Sie haben eine potente und nachhaltige Wirkung auf das Wachstum von Laktobazillen und Bifidobakterien und lindern praktisch alle Symptome des Reizdarms inklusive Angststörungen (Silk und Kollegen, 2009). Ein weiterer Kandidat dieser Kategorie sind Flohsamenschalen. Bei Flohsamenschalen handelt es sich um einen langkettigen und nur moderat fermentierenden, löslichen Ballaststoff. Im Gegensatz zu anderen Ballaststoffen erzeugen Flohsamenschalen nur wenig Gas und reduzieren dabei die globalen Symptome des Reizdarmsyndroms, indem sie das Mikrobiom positiv verändern und auf die enterochromaffinen Zellen wirken und den Serotoninhaushalt beeinflussen (El-Sahy und Kollegen, 2017). Auch Apfelpektin veränderte die Darmflora von Reizdarmbetroffenen zum Positiven und erzielte deutliche symptomatische Verbesserungen (Xu und Kollegen, 2015).

Besonders wenn du meine Vorschläge zur Ernährungsumstellung befolgst, solltest du auf ausreichendes Futter für deine Darmflora achten, da eine FODMAP-Reduktion u.a. die Bifidobakterienkonzentration weiter verringern kann

 

So kannst du deine hungrigen Helfer im Darm füttern, während du die bösen Jungs vor der Partytür stehen lässt:

  1. Das Beta-Galaktooligosaccharid Bimuno lässt Reizdarmbeschwerden verklingen und Ängste Verschwinden
  2. Der selektive Ballaststoff PHGG (Partially Hydrolyzed Guar Gum) reduziert nachweislich Reizdarmsymptome
  3. Apfelpektin wirkt in Studien besonders gut bei Reizdarm mit Durchfall
  4. Die altbewährten Flohsamenschalen füttern zwar nicht die Darmflora, sondern passieren den Darm unzersetzt. Dafür bilden sie eine schützende Gelschicht, binden Histamin und Toxine und begünstigen das Serotonin-System.

 

Schritt 7: Hinterfrage deinen westlichen Lebensstil!

Der Reizdarm ist eine Erkrankung des westlichen Lebensstils bzw. der Moderne. Dafür sprechen Befunde, welche aufzeigen, dass der Reizdarm erst seit knapp 100 Jahren ein Problem in der Medizin darstellt und dass es teilweise enorme globale Unterschiede bei der Prävalenz des Reizdarms  gibt (deutliche Häufung der Erkrankung in den USA und Großbritannien und sehr niedrige Betroffenenquoten etwa in Südostasien). Verschiedene Schwellenländer nähern sich diesen Regionen aber mit fortschreitender Industrialisierung an und es bestehen große Unterschiede innerhalb der einzelnen Erdregionen zwischen Stadt- und der eher traditionsverhafteten Landbevölkerung.

Zwei wichtige Einflussfaktoren dieses Prozesses sind wir bereits angegangen: Du hast dich für eine gesunde Ernährungsumstellung mit viel Fisch und Meeresfrüchten, Tofu, Nüssen und Samen, moderat konsumierten Kohlenhydratquellen wie Quinoa, Reis, Kartoffeln und Hafer und eingeschränkt gesunden Fetten (Olivenöl, Leinöl, Hanföl) entschieden. Außerdem praktizierst du regelmäßig Entspannung oder Achtsamkeit und achtest auf deinen Stresspegel. Doch es gibt noch weitere Variablen des westlichen Lebensstils, welche deinen Reizdarm verschlimmern können. Diese Bereiche deines Alltags solltest du konkret hinterfragen und falls notwendig auch verändern. 

 

Schlafhygiene ist eine dieser Variablen. Eine große Metaanalyse mit über 60.000 Probanden zeigte, dass das Reizdarmsyndrom stark in Verbindung mit Schlafproblemen steht (Wang und Kollegen, 2018). Diese Schlafstörungen korrelierten direkt mit der Symptomatik des Reizdarmsyndroms (Fass und Kollegen, 2000). Schliefen die Patienten zu kurz, wachten in der Nacht auf oder berichteten über nicht erholsamen Schlaf, schätzten sie die Beschwerden deutlich intensiver ein. Manipuliert man die Schlaffunktion künstlich durch die Gabe von Melatonin (3mg abends) für zwei Wochen, resultieren daraus deutlich verringerte Reizdarmsymptome. Die Dehn- und Schmerzschwellen gegenüber rektalen Reizen steigen signifikant (Song und Kollegen, 2005). 

Die Verbesserung der Schlafqualität scheint also ein einfacher und kostengünstiger Schritt zu sein, um die Symptome des Reizdarms langfristig zu lindern. Dazu gehören Maßnahmen wie eine ausreichende Schlafdauer (früher ins Bett!), ein vollständig abgedunkeltes Schlafzimmer (Radios und Fernseher rausziehen, Smartphone aus etc.), ein angenehmes kühles Raumklima, das Aufstehen zur täglich gleichen Zeit, das Vermeiden von "blauem" Licht am Abend (zwei Stunden vor dem Zubettgehen kein Smartphone, kein Fernseher und kein PC - lässt es sich nicht vermeiden, Orangefilter nutzen!) und das nicht zu späte Abendessen. 

 

Ein weiterer Lebensbereich, den du eventuell optimieren kannst, ist deine tägliche Bewegung. Wir Reizdarmbetroffenen tendieren aufgrund unserer Schmerzen und der oft vorhandenen Erschöpfung oft zur Unteranstrengung. Dabei ist ein Grundbewegungspensum absolut unerlässlich für das Management unserer Symptome. Studien, welche ein körperliches Training als Behandlungsansatz beim Reizdarmsyndrom wählten, zeigen sehr positive Ergebnisse. So waren noch mehrere Jahre nach einer solchen Lifestyleintervention verbesserte Symptomscores und vor allem auch verminderte Erschöpfung, Depressionen und Ängste nachweisbar (Johannesson und Kollegen, 2015). Zu den am häufigsten berichteten körperlichen Aktivitäten der Patienten zählten moderate Sportarten wie (Nordic-)Walking, Gymnastik, leichtes Joggen oder Radfahren. Besonders wichtig ist aber, dass du extrem anstrengende Sportarten wie das Training für Marathon, Triathlon oder explosive Intervallsportarten meidest. Diese können deine Reizdarmsymptome verschlimmern (Costa und Kollegen, 2017).

Besonders hilfreich bei einem Reizdarm scheinen auch einfache Yogaroutinen zu sein. Du kannst diese in dein Morgenritual einbauen und sehr effektiv mit Achtsamkeitsmeditation verknüpfen, um das beste aus beiden Welten zu erhalten. Falls du zu jenen gehörst, die glauben, Yoga sei nur etwas für gestresste Hausfrauen und spirituelle Althippies, dann solltest du wissen, dass Yoga bei der Linderung von Reizdarmbeschwerden vielen gängigen medikamentösen Ansätzen überlegen ist (Taneja und Kollegen, 2004). 

 

Eine einfache Yoga-Routine für jedermann (und natürlich -frau) habe ich auf Grundlage verschiedener Studien für dich zusammengestellt

 

Hier noch einige Anregungen, welche Dinge du gut in deinen Alltag integrieren kannst:

  1. Das Buch 12 Minuten pro Woche zum wissenschaftlichen Krafttraining von Dr. Doug McGuff
  2. Blaulichtfilter für die PC-Arbeit am Abend
  3. Schlafbrille und Ohrstöpsel für perfekten Schlaf
  4. Das Buch Nie wieder krank! zum Kältetraining von Wim Hof

 

Schritt 8: Erspüre deine Emotionen und lerne sie zu kontrollieren!

Ja, ich weiß: Schon wieder dieser Psychoscheiß! (Aber was hast du eigentlich von jemandem erwartet, der in einer Praxis für Psychosomatik arbeitet??) Im Ernst: Die Fehlregulation von Emotionen ist ein ganz bedeutender Mechanismus bei der Aufrechterhaltung und Symptomprovokation des Reizdarms. In allen bisher berichteten Studien, welche sich mit dem Thema auseinandersetzen, wird von einer deutlich erhöhten Prävalenz von Alexithymie unter den Reizdarmpatienten berichtet (Kano und Kollegen, 2018). Die Alexithymie bezeichnet ein Persönlichkeitskonstrukt, welches durch die Schwierigkeit des Wahrnehmens, Beschreibens und somit Regulierens von Emotionen bzw. Gefühlen charakterisiert ist. Die betroffenen Personen sind von einem extern-orientierten Denkmuster geprägt. Schon frühzeitig wurde das Konzept mit den klassischen psychosomatischen Erkrankungen in Verbindung gebracht. 

Heute wissen wir sogar, dass eine stärkere Ausprägung der Alexithymie einer der Hauptgründe ist, warum Reizdarmpatienten nicht auf eine sonst bewährte Therapie ansprechen (Porcelli und Kollegen, 2017). Reizdarmbetroffene zeigen eine deutlich schlechtere Emotionsregulation als gesunde Vergleichspersonen (Mazaheri und Manshee, 2016).

 

Ein Training deiner Kompetenzen bei der Wahrnehmung und Regulierung von Emotionen kann den Ausschlag über das Funktionieren oder Nichtfunktionieren deiner Behandlungsstrategie geben (Erfan und Kollegen, 2018).

 

Einführende Werke zur Alexithymie:

  1. Das Buch Ich fühle, was ich will von Dr. Julia Weber
  2. Das Buch Alexithymie: Eine Störung der Affektregulation (eher für Fachpersonen)

 

Schritt 9: Stärke deine Darmbarriere mit Glutamin!

Unsere  Darmbarriere ist unser dreigliedriger Schutzschild gegen Darmbakterien, fremde Pathogene, Nahrungs-Antigene und Toxine. Das mag vielleicht seltsam klingen, aber die Darmbarriere sorgt dafür, dass alles was sich in unserem Darm befindet, eben nicht in unserem Organismus ist. Der Darminhalt gehört zur Außenwelt. Ansonsten würde unser Immunsystem den gewaltigen Herausforderungen niemals standhalten. Allein die Anzahl bakterieller Zellen unseres Mikrobioms übersteigt die der menschlichen Zellen um ein Vielfaches. Wir sind also eine Art bakterieller Superorganismus mit menschlicher Hülle … 

Aus verschiedenen Gründen kann die Darmbarriere nun ins Wanken geraten und verliert ihre wichtige Schutzfunktion. Die sensiblen Eintrittspforten, genannt "tight junctions", welche u.a. für die Absorption von Nährstoffen verantwortlich sind, werden dann durchlässiger. Fremde Proteine und Mikroorganismen nutzen die Chance und dringen in unseren Organismus ein. Dies hat lokale und systemische Immunreaktionen zur Folge und legt den Grundstein für einige Probleme. 

Beim Reizdarmsyndrom gehört die überdurchlässige Darmbarriere (oder das Leaky Gut Syndrom) zu den Hauptfaktoren der Krankheitsentstehung und -Aufrechterhaltung (Zhou und Kollegen, 2009). Die Aminosäure Glutamin gehört zu den Grundbausteinen der Darmbarriere und reguliert nachhaltig die "tight-junctions". In einer revolutionären Studie erzielten 3x5g Glutamin täglich über acht Wochen dramatische Verbesserungen aller Reizdarmbeschwerden (Zhou und Kollegen, 2018). Dieses Ergebnis gehört zu den besten jemals in einer Studie an Reizdarmpatienten erhobenen überhaupt! 

 

Lass dich also unbedingt auf die Durchlässigkeit deiner Darmschleimhaut testen. Möglichkeiten dazu sind der Laktulose-Mannitol-Test (beim Arzt), Zonulin in Blut oder Stuhl und indirekte Marker wie Alpha-1-Antitrypsin (siehe auch Schritt 10). Bist du von einer gestörten Darmbarriere betroffen, dann supplementiere Glutamin und forsche nach den Ursachen (Mastzellen, Allergien).

 

Was ist zu tun? 

  1. Ermittle mit dem Zonulin-Stuhltest bequem von zuhause aus, ob du unter einer Störung der Darmbarriere, also einem Leaky Gut Syndrom leidest und somit ein Kandidat für Glutamin bist. 
  2. Gehörst du zur Gruppe der Leaky-Gut-Betroffenen, dann kuriere deine Darmbarriere mit täglich 3x500mg hochwertigem Glutamin und befreie dich von deinen Reizdarmbeschwerden!

 

Schritt 10: Moduliere deine Immunantwort mit Probiotika!

Weiter oben hatte ich dir bei den Präbiotika erklärt, dass sich Probiotika nicht im Darm ansiedeln und damit recht wertlos für den Erfolg einer Darmsanierung sind. Das bedeutet aber keinesfalls, dass sie keinen Platz bei der Behandlung des Reizdarmsyndroms hätten. Viele Studien zeigen, dass Probiotika tatsächlich zur Linderung der Beschwerden unserer Erkrankung beitragen. Doch tun sie dies nicht, wie anfangs vermutet, durch die Restaurierung einer gestörten Darmflora, sondern via immunmodulatorische Prozesse und die Stärkung unserer Darmbarriere. 

Nun musst du wissen, dass Probiotika in den letzten Jahren zu einem lukrativen Markt geworden sind. Die Erkenntnisse der Mikrobiomforschung über die herausragende Rolle unserer Darmflora bei der Prävention und Therapie verschiedenster Erkrankungen haben einen wahren Boom ausgelöst. Viele internationale Hersteller balgen sich um diesen großen Kuchen und gefährden dadurch uns Verbraucher. Dies geschieht zum einen über das Irreführen der potentiellen Kunden durch aggressive Werbung (Kijimea, anyone?) und zum anderen dadurch, dass viele der verwendeten Bakterienstämme weder auf ihre Sicherheit noch auf ihre Effektivität überprüft worden sind. Du solltest also nur Produkte verwenden, welche höchsten Qualitätsansprüchen genügen und die sich für deine spezifische Erkrankung in Studien als effektiv und sicher erwiesen haben! Die Mikrobiomforschung ist überhaupt noch nicht weit genug, um hier durch Experimentieren ein unnötiges Risiko einzugehen … 

 

Unter anderem existieren Studien zu einer spezifischen Kombination probiotischer Darmbakterien beim Reizdarmsyndrom. Diese enthält die Bakterienstämme Laktobazillus acidophilum, plantarum und rhamnosus; Bifidobacterium breve, lactis und longum; und Streptococcus thermophilus. Diese probiotische Kombinationstherapie war signifikant wirksamer als Plazebo beim Reizdarmsyndrom. Mehr Patienten sprachen positiv auf die Behandlung an und deutlich mehr von ihnen berichteten adäquate Verbesserungen ihrer Symptome (Ki Cha und Kollegen, 2012). Diese spezifische Kombination wird in Deutschland von der Traditionsfirma Dr. Wolz vertrieben. 

Weiterhin reduzierte das Probiotikum Lactobazillus plantarum als Singulärtherapie deutlich Blähungen und Flatulenzen im Rahmen des Reizdarmsyndroms (Nobaek und Kollegen, 2000). 

 

Eine Metaanalyse zum Thema Reizdarm und Probiotika schließt mit der Conclusio: "Spezifische Probiotika lindern den Bauchschmerz und senken den globalen Symptomscore im Rahmen des Reizdarmsyndroms. Die Ergebnisse unserer Analyse demonstrieren den positiven Effekt von Probiotika gegenüber Plazebos" (Dinan und Kollegen, 2015). 

 

Welche Probiotika haben sich bei einem Reizdarmsyndrom besonders gut bewährt?

  1. Darmflora plus select von Dr. Wolz
  2. Darmflora plus select intens von Dr. Wolz

 

Dann wohlan, meine lieben Mitbetroffenen! Lasst uns dem Reizdarm endgültig den Gar ausmachen.

Ich denke, dass ich dir hier nun einige Optionen zur Behandlung deines Reizdarms angeboten habe. Mein oberster Anspruch war übrigens, dass viele dieser Strategien einfach und kostengünstig in die Tat umzusetzen sind. Die Ernährungsumstellung, das Stressmanagement etc. kosten dich (außer vielleicht der einmaligen Investition für ein gutes Buch) gar nichts und werden dir große Erfolge bringen! Und falls du es nicht bemerkt haben solltest: Alle Schritte zur Reizdarm-Behandlung sind unabhängig und selbstständig durchzuführen. Ein Arzt soll deine Fortschritte betreuen, aber du bist weder auf dessen enges Budget, noch auf sein persönliches Wohlwollen angewiesen. Du bist selbst verantwortlich für dich und deine Gesundheit und dass wollen wir genießen und zelebrieren! Neben jeder Menge anstrengender Arbeit eröffnet uns das nämlich das größte Geschenk überhaupt: Persönliche Entscheidungsfreiheit über unser Wohlbefinden! 

 

Ich drücke dir auf jeden Fall ganz fest die Daumen beim Erreichen deiner gesundheitlichen (und anderen) Ziele!

 

Lass und gemeinsam die Welt verändern!

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