Reizdarm und Ernährung: Die drei wichtigsten Schritte zum Erfolg

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Warum du in vielen Punkten mehr über die Auswirkungen der Ernährung auf den Reizdarm weißt als dein Arzt

Die Ernährung war für uns Patienten mit dem Reizdarmsyndrom schon immer auch ein "Reizthema". Denn obwohl mehr als zwei Drittel der Betroffenen ihre Symptome in einen direkten Zusammenhang mit dem Verzehr verschiedener Lebensmittel bringen (siehe u.a. Choung und Talley, 2006), interessierten sich die behandelnden Ärzte und auch viele Wissenschaftler lange Zeit nur sporadisch für das Thema.  Die Hausärzte quittierten die oft gestellten Fragen "Was kann ich mit meinem Reizdarm essen?" und "Welche Speisen muss ich bei einem Reizdarm meiden?" sehr häufig mit einem Schmunzeln und der Aussage "Essen Sie einfach was Ihnen schmeckt. Die Ernährung hat keinen Einfluss auf Ihre Beschwerden". Vielleicht kommt die Ignoranz vieler Therapeuten bei diesem Thema auch daher, dass immer noch die allermeisten Ärzte glauben, der Reizdarm sei in erster Linie psychologisch begründet (Bradley und Kollegen, 2018).  Ganz egal worin die Haltung der behandelnden Ärzte auch zu suchen sein mag, sie war und ist vor allem eines, nämlich grundlegend falsch. Inzwischen kennt die Wissenschaft gleich mehrere Mechanismen, wie die tägliche Ernährung die Symptome des Reizdarmsyndroms wie Durchfall, Verstopfung, Bauchschmerzen und Blähungen positiv oder negativ beeinflussen kann (Rej und Kollegen, 2018). 

 

Doch das lange Schweigen der Wissenschaft zum Thema Ernährungstherapie des Reizdarmsyndroms hat letztendlich dazu geführt, dass sich die Betroffenen an anderen, nicht allzu verlässlichen und objektiven, Hinweisen orientieren mussten. Vereinzelte Beiträge in Internetforen, die meist anekdotische Erfolgsgeschichten schilderten und Marketingartikel zahlreicher kommerzieller Anbieter und Therapeuten waren über viele Jahre die einzigen Anlaufstellen für nach Informationen Suchende. Das führte in ein gewisses Dilemma.

 

Heute fühlen sich die meisten Reizdarmbetroffenen vom Thema Ernährungsumstellung überfordert. Zahlreiche Diäten, darunter bloße Trends des westlichen urbanen Lebensstils, nehmen für sich in Anspruch, die Beschwerden des Reizdarms zu lindern oder gar zu heilen. Dazu zählen etwa der Veganismus, die Paleo- oder Steinzeiternährung, die vegane Rohkost, die Vollwertkost, die Ketogene Diät und viele andere. Doch wären die falschen Propheten dieser Kostformen ehrlich, würden sie zugeben, dass ihre Behauptungen maximal auf individuellen anekdotischen Erfahrungen beruhen. Es gibt meist keinen Beweis dafür, dass von einer solchen Kostumstellung auch andere Menschen mit einem Reizdarm profitieren könnten. 

Manchmal ist sogar das Gegenteil der Fall: So verschweigen die vielen positiven Artikel und Videos über Vegetarismus, Veganismus und vegane Rohkost beim Reizdarmsyndrom, dass Studien recht eindeutig zeigen, dass gerade Anwender dieser Diäten häufiger unter den Symptomen eines Reizdarms leiden (u.a. Buscail und Kollegen, 2017).  Das heißt im Umkehrschluss nicht, dass du eine vegetarische Kost nicht darmfreundlich gestalten kannst, aber immerhin, dass ihre typische Ausführung für uns vermutlich problematische Lebensmittel beinhaltet oder diese sogar forciert.  Natürlich spielen auch Sicherheitsbedenken eine nicht zu verachtende Rolle, denn die limitierenden Diäten gehen beispielsweise häufig mit Mangelerscheinungen einher. 

 

Dabei sind wir heute gar nicht mehr auf die anekdotischen Erfahrungen einzelner Betroffener angewiesen. Denn auch wenn man diese anhand ihres Wertes als Orientierungshilfe für die Wissenschaft nicht unterschätzen sollte, bestehen mit diesen individuellen Erfolgsgeschichten zahlreiche Probleme. Wir wissen nicht, ob es sich um einen Plazeboeffekt handelt. Wir kennen zumeist nicht die medizinische Vorgeschichte des Schildernden und wissen daher gar nicht, was die Diät tatsächlich bewirkt hat. Und vieles mehr.

 

Die moderne Wissenschaft zeigt uns aber recht eindeutig, welche Form der Ernährungsumstellung für die allermeisten Reizdarmpatienten sinnvoll und effektiv ist und welche Schritte helfen, deren Wirksamkeit und Sicherheit noch zu verbessern. 

 

Die Auswirkungen unserer täglichen Ernährung auf einige zentrale Ursachen unseres Reizdarms, wie das Mikrobiom (die Darmflora), oder unser Immunsystem samt Darmbarriere, sind dabei so essentiell, dass ich die Ernährungsumstellung in meinem Behandlungskonzept für das Reizdarmsyndrom als absolutes Fundament betrachte.

 

In diesem Kapitel möchte ich dir deshalb ausführlich veranschaulichen, wie eine wissenschaftlich-fundierte und vor allem auch durchführbare Ernährung zur Linderung der Beschwerden des Reizdarmsyndroms gestaltet werden muss. Hierbei orientieren wir uns an dem Review der Gastroenterologen Mazzawi und El-Sahy, welche die drei wichtigsten Schritte einer effektiven Kostumstellung beim Reizdarmsyndrom im Fachblatt "International Journal of Molecular Medicine" anhand zahlreicher Studien zusammenfassten (Mazzawi und El-Sahy, 2017). 

 

Was soll ich mit meinem Reizdarm essen? Wissenschaft bringt Ordnung ins Chaos der Ernährungsmythen.

Angelehnt an die von Spiller und Major geschilderten Ursachen und Pathomechanismen des Reizdarmsyndroms, darunter Veränderungen des Mikrobioms bzw. der Darmflora (Dysbiose), Immunaktivierung mit Mikroentzündungen, Schwankungen im Serotoninhaushalt und Störungen der Darmbarriere (Spiller und Major, 2016) lassen sich anhand wissenschaftlicher Daten drei Prioritäten bei einer den Reizdarm beruhigenden Ernährung herausarbeiten:
  • Die Reduzierung schwer-verdaulicher kurzkettiger Kohlenhydrate (sogenannter FODMAPs) samt Glutenverzicht
  • Die Verschiebung des Verhältnisses von löslichen zu unlöslichen Ballaststoffen
  • Die für uns zielführende Balance der Makronährstoffe Protein, Kohlenhydrate und Fett

In den folgenden Abschnitten werde ich ausführlicher auf die einzelnen genannten Aspekte eingehen, bevor ich dir am Ende dieses Kapitels einen praktischen Einblick in diese Ernährungsform bieten werde. 

 

Ernährungsumstellung gegen den Reizdarm - Schritt I: FODMAPs reduzieren und Gluten meiden!

Das low-FODMAP-Ernährungskonzept hat inzwischen seine Runden unter den Patienten und den meisten Gastroenterologen gemacht. Die inzwischen am ausführlichsten untersuchte Ernährungstherapie beim Reizdarmsyndrom wurde um die Jahrtausendwende von den Drs. Sue Shepherd und Peter Gibson entwickelt. Sie basiert auf der Beobachtung, dass bestimmte Kohlenhydrate vom Menschen nur schwer zu verdauen sind. Entgehen diese der Aufnahme im Dünndarm, gelangen sie in den dicht mit Mikroorganismen besiedelten Dickdarm. Bestimmte Mikroben unserer Darmflora warten bereits sehnsüchtig auf diese zusätzliche Kost und verstoffwechseln sie. Bei diesen Fermentationsprozessen entstehen verschiedene Gase und Endotoxine, welche schließlich im weiteren Verlauf osmotische Effekte provozieren.  Der Grundstein für die klassischen Reizdarmsymptome Durchfall und Verstopfung (osmotische Effekte mit Motilitätsveränderungen) und Blähungen und Bauschmerzen (Gasproduktion) wird hier gelegt. 

Aufgrund dieser im Labor erhobenen Mechanismen formulierten die Wissenschaftler die Hypothese, dass eine Meidung oder Verringerung dieser schwer verdaulichen Kohlenhydrate die Beschwerden des Reizdarms lindern könnte.  Heute zeigen zahlreiche randomisierte und plazebokontrollierte Studien und auch Metaanalysen, dass eine Reduktion von FODMAPs in der Ernährung die globalen Reizdarmsymptome signifikant lindert, sich aber besonders positiv auf Bauchschmerzen und Blähungen auswirkt (Altobelli und Kollegen, 2017). 

 

Aufgrund erster vielversprechender Studienergebnisse mittels der Verminderung der Fruchtzucker- und Fruktankonzentration der Ernährung begannen die Forscher ausführliche Lebensmittelanalysen, um problematische und unproblematische Lebensmittel und Oberkategorien zu spezifizieren. Sie tauften die Gesamtheit dieser nun definierten Kategorien auf den Namen FODMAP, ein Akronym, welches für Fermentable Oligosaccharides, Disaccharides, Monosaccharides And Polyols steht.

 

Was sind eigentlich FODMAPs beim Reizdarmsyndrom?

Wir sprechen also über eine Gruppe spezifischer Einfachzucker, Zweifachzucker, Zuckeralkohole und Mehrfachzucker. Nicht jede Kohlenhydratart dieser Kategorien ist bei einem Reizdarm problematisch. So führt etwa Fruchtzucker, ein Einfachzucker, der auch Fruktose genannt wird, bei vielen Betroffen zu leidigen Gasansammlungen im Darm, welche sich dann als Blähungen äußern und über osmotische Effekte Durchfälle provozieren können. Ein weiterer Einfachzucker hingegen, nämlich die Glukose (Traubenzucker) wird von den allermeisten Reizdarmbetroffenen super vertragen und wird deshalb im Rahmen einer schonenden Kostumstellung empfohlen (aber immer noch in Maßen, vor allem wegen der Auswirkungen auf den Blutzuckerspiegel aber auch das gastrointestinale Mikrobiom). 

 

Damit du verstehst, auf welche Kohlenhydrate es bei einer FODMAP-Reduktion ankommt, stelle ich dir nun die problematischen Vertreter der einzelnen Kategorien vor und zeige dir einige beispielhafte Lebensmittel, in welchen diese zu finden sind. 

  1. Fruktose (Fruchtzucker) ist ein Einfachzucker und kommt v.a. in Honig, den meisten Obstsorten und einigen Gemüsesorten vor. Aufgrund seiner extremen Süßkraft und billigen Herstellung findet er umfassend Verwendung bei der Herstellung von Süßigkeiten, Backwaren etc. Aufgrund seiner etwas besseren Auswirkungen auf den Blutzuckerspiegel wird er gern als Alternative für Diabetiker angepriesen. Entscheidend ist aber nicht nur die enthaltene Fruktosemenge in einem Lebensmittel, sondern auch das Verhältnis zur ebenfalls darin vorkommenden Glukose, da diese die Aufnahme des Fruchtzuckers verbessern kann.
  2. Laktose (Milchzucker) gehört zu den Zweifachzuckern und findet sich in Milch und vielen Milchprodukten. Beim natürlichen Reifungsprozess der Milchprodukte verstoffwechseln Mikroorganismen die enthaltene Laktose. Lange gereifte Käsesorten sind deshalb laktosefrei, während Frischkäse etc. Milchzucker enthalten. Laktose wird auch gern als Träger für Aroma- und Farbstoffe in vielen Lebensmitteln eingesetzt.
  3. Polyole bezeichnen eine Gruppe von Zuckeralkoholen zu denen die prominenten Vertreter Sorbit und Xylit, aber auch Mannit, Maltit, Isomalt und andere gehören. Natürlich kommen sie in Gemüsesorten wie Blumenkohl und Pilzen, sowie Früchten wie Nektarinen und Äpfeln vor. Die heute größere Quelle sind aber Süßigkeiten, Backwaren und Zahnpflegeprodukte. Polyole haben eine hohe Süßkraft und werden als gesunde Alternative zum klassischen Zucker beworben. Für den Reizdarm sind sie jedoch der absolute Supergau. Sie wirken einerseits als hochpotentes FODMAP und schädigen andererseits nachweislich die Darmflora - die wichtigste Variable für die Darmgesundheit und bei der Behandlung aller Darmerkrankungen! 

  4. Die Oligosaccharide, also Mehrfachzucker lassen sich in drei problematische Kohlenhydratgruppen unterteilen:  Galaktooligosaccharide (GOS) finden sich v.a. in Hülsenfrüchten wie Linsen. Fruktane sind wichtige Bestandteile glutenhaltiger Getreidesorten wie Weizen und Roggen und finden sich auch in Zwiebeln, Knoblauch, Cashews und Pistazien. Inulin und Fruktooligosaccharide (FOS) kommen hingegen beispielsweise in Chicoree und Schwarzwurzeln vor. Alle genannten Oligosaccharidvertreter sind potente präbiotische Substanzen und helfen damit einer gesunden Darmflora. Aus diesem Grund werden sie auch vielen Lebsnmitteln zugesetzt, um sie noch gesünder zu machen und das entsprechend zu bewerben. Bei einem Reizdarm sind sie jedoch oft unverträglich (Linseneintopf mit Knobi und ordentlich Zwiebel, anyone?) Sie sollten deshalb reduziert und später aufgrund ihrer präbiotischen Effekte vorsichtig wieder eingeführt werden.

 

Ich habe keine Fruchtzucker- oder Laktoseunverträglichkeit. Ist die FODMAP-Reduktion trotzdem sinnvoll?

Diese Frage bekomme ich immer wieder von Leserinnen und Lesern gestellt. Die Antwort lautet: Ja! Entgegen der ersten Logik muss man nicht an einer Unverträglichkeit von Fruchtzucker oder Milchzucker leiden, um von der low-FODMAP-Diät zu profitieren. Die Ernährungsumstellung nach dem FODMAP-Konzept entfaltet ihre Wirkungen beim Reizdarmsyndrom nämlich auch über andere Mechanismen als die mangelnde Absorption dieser Kohlenhydrate (dazu später). Allerdings konnte in Studien auch gezeigt werden, dass besonders Reizdarmbetroffene von dieser Ernährung profitieren, die beim Atemgastest auf eine Fruchtzuckerunverträglichkeit ein positives Ergebnis erzielten (Wilder-Smith und Kollegen, 2017). Sprich: Reagierst du mit Symptomen wie Bauchschmerzen und Durchfall auf Fruchtzucker oder Milchzucker, ist die Chance groß, dass du auch mit den anderen FODMAP-Kategorien, etwa den Fruktanen, Beschwerden bekommst. Eine FODMAP-Minderung könnte dann genau der richtige Schritt für dich sein. Doch eben auch ohne diese Diagnose kannst du von der low-FODMAP-Diät extrem profitieren!

 

Ist die low-FODMAP-Diät nicht nur eine symptomatische Behandlung des Reizdarmsyndroms?

Ganz und gar nicht! Die positiven Effekte der FODMAP-Reduktion gehen nämlich weit über die Erwartungen ihrer Begründer hinaus. Inzwischen konnte gezeigt werden, dass ein Zuviel an FODMAPs das Mikrobiom negativ beeinflusst (Zhou und Kollegen, 2018).  Sie fördern die Population gram-negativer Bakterien, welche zur Fermentation neigen und somit die Symptome des Reizdarms verstärken können. Weiterhin enthält die Zellmembran dieser Darmbakterien sogenannte Endotoxine, welche bei ihrer Freisetzung die Darmbarriere schädigen und somit an der Entstehung extraintestinaler Symptome beim Reizdarm, etwa Müdigkeit, Erschöpfung, Kopfschmerzen, Gelenkschmerzen, beteiligt sind. Schließlich tragen sie zu einer Aktivierung der Mastzellen bei (vermittelt über die Endotoxine), einem der Hauptmechanismen beim Reizdarmsyndrom - der chronischen Aktivierung des Immunsystems. Eine FODMAP-Reduktion hingegen macht diese Prozesse rückgängig, besänftigt das überaktivierte Immunsystem und sorgt für die Reduzierung proentzündlicher Botenstoffe, z.B. des Histamins aus Mastzellen (McIntosh und Kollegen, 2017). 

 

Du siehst also: Eine Ernährungsumstellung nach dem low-FODMAP-Prinzip hilft nicht nur kurzfristig die Symptome des Reizdarms zu lindern, sondern geht direkt an einige Ursachen und Pathomechanismen des Reizdarmsyndroms! 

 

FODMAP-Liste zur Orientierung: Was soll ich bei einem Reizdarm essen?

Nach diesen theoretischen Ausführungen möchte ich dir nun einige konkrete Hinweise geben, welche Lebensmittel du bei einem Reizdarm beruhigt verzehren kannst. Dabei führe ich die wichtigsten FODMAP-armen Vertreter der jeweiligen Kategorien Gemüse, Obst, Proteine, Stärke, Nüssen und Samen und Sonstiges auf, die von den meisten Reizdarmpatienten in der Regel gut vertragen werden. 
  1. Gemüse: Alfalfa, Aubergine, Bambussprossen, Blattsalat, Lattich, Bohnen (grün), Gurke, Karotte, Knollensellerie, Kohl, Krautstiel, Kürbis (Pattison, Spaghetti und Kent), Mango, Pak Choi, Pastinake, Paprika, Radicchio, Radieschen, Rucola, Seetang, Sojasprossen, Spinat, Tomate
  2. Obst: Ananas, Banane, Clementine, Drachenfrucht, Erdbeere, Kiwi, Limette, Mandarine, Melone (Honigmelone), Orange, Papaya, Rhabarber, Sternfrucht, Traube, Zitrone
  3. Proteine: alle unverarbeiteten Fleisch- und Fischsorten, Eier, Halbhartkäse, Hartkäse, laktosefreie Milch und Milchprodukte, Mandelmilch, fester Tofu (bei Räuchertofu auf Zusätze achten)
  4. Getreide und Stärke: Amaranth, Hafer (glutenfrei), Hirse, Kartoffeln, Marroni, Polenta, Quinoa, Reis, Produkte ausschließlich aus den aufgeführten Lebensmitteln wie Mehle, Flocken, Nudeln, Brot etc.
  5. Fette: Butter, Erdnussbutter, Öle (alle, von Olivenöl bis Kokosöl), Macadamiamus, Oliven, Schmalz, Tahin, Talg
  6. , Nüsse und Samen: Chia, Erdnüsse, Flohsamen, Kürbiskerne, Leinsamen, Macadamia, Pekannüsse, Pinienkerne, Sesam, Sonnenblumenkern, Walnüsse
  7. Würzen und Backen: Ahornsirup, Aspartam, Backpulver, Chili, Fischsauce, Frühlingszwiebeln (grüner Teil), Ingwer, Kartoffelstärke, Ketchup, Kräuter (grün, getrocknet oder frisch), Maisstärke, Reissirup, Senf, Stevia, Sojasauce, Traubenzucker, Wasabipaste
  8. Getränke: Kaffee (max. zwei 125ml Tassen am Tag), Kräutertees (außer Fenchel und Kamille), laktosefreie Milch, Reisdrink, Wasser und Mineralwasser, reine Spirituosen (Wodka, Whiskey)

Na, aus diesen Zutaten lassen sich doch so einige schmackhafte und gleichzeitig darmgesunde Mahlzeiten kreieren, oder? 

 

Lebensmittel X oder Y kommt in deiner FODMAP-Liste nicht vor, aber in anderen schon. Was hat das zu bedeuten?

Davon solltest du dich nicht verrückt machen lassen. Wenn einige Lebensmittel in manchen Übersichten als erlaubt klassifiziert werden und in anderen als verboten, dann bedeutet dies schlicht und ergreifend, dass die bisher vorhandenen Analysedaten inkonsistent waren. So variieren die Angaben bspw. für Broccoli oder Hokkaidokürbis erheblich, je nach Unterart oder Anbauregion. In der obigen Tabelle habe ich alle umstrittenen Lebensmittel ausgeschlossen. Zusätzlich habe ich keine Nahrungsmittel aufgeführt, welche einen bereis einen moderaten FODMAP-Gehalt aufweisen. Ein Beispiel hierfür wäre der Hafer. Nach meiner Erfahrung ist der Hang der Anwender groß, gerade diesen Lebensmittel zuzuneigen, bei denen man sich schnell übernehmen kann (Broccoli, Hafer, Sojamilch, Himbeeren). Dies überfordert viele Einsteiger. Die Lebensmittel mit moderatem FODMAP-Gehalt sollten eher in die Wiedereinführungsphase integriert werden.  Mein Ziel ist es, die FODMAP-Reduktion möglichst unkompliziert und übersichtlich zu gestalten. 

FODMAP-Liste zur Orientierung II: Welche Speisen solltest du bei einem Reizdarm meiden?

Sicherlich hast du beim Überfliegen der Liste mit den erlaubten Lebensmitteln die ein oder andere deiner Lieblingsleckereien vermisst. Das ist aber der Natur der Sache geschuldet, denn die low-FODMAP-Ernährung eliminiert in ihrem ersten Schritt, der so genannten Eliminationsphase viele für den Reizdarm problematische Lebensmittel. Wenden wir uns jetzt also nach den erlaubten Nahrungsmitteln jenen Speisen und Zutaten zu, die bei einem Reizdarm eher zu meiden sind. Dabei wird diese Aufzählung etwas länger, denn es treten neue Kategorien hinzu. Dies hat damit zu tun, dass bei der FODMAP-Diät einige Lebensmittelgruppen vollständig ausgeschlossen werden, etwa jene der Hülsenfrüchte aufgrund des hohen Gehalts an Oligosacchariden. 

 

Sei also tapfer und schaue dir nun jene Lebensmittel an, die du von jetzt an für mehrere Wochen meiden solltest:

  1. Gemüse: Artischocken, Blumenkohl, Erbsen, Lauch, Pilze, Rote Beete, Spargel, Staudensellerie, Topinambur
  2. Obst: Apfel, Aprikose, Birne, Brombeere, Dattel, Feige, Kaki, Kirsche, Mango, Nektarine, Pfirsich, Pflaume, Rosine, Wassermelone, Zwetschge
  3. Proteine: alle verarbeiteten Fleisch- und Fischsorten (Gewürze etc.), die meisten pflanzlichen Fleischersatzprodukte (außer Tofu), Buttermilch, Haferdrink, Joghurt, Milch, Molke
  4. Getreide und Stärke: Bulgur, Couscous, Dinkel (moderat), Gerste, Roggen, Weizen
  5. Hülsenfrüchte: Kichererbsen, Kidneybohnen, Linsen, Rote Bohnen, Sojabohnen, Weiße Bohnen
  6. Fette: Cashewmus, Sahne, Mandelmus
  7. Nüsse und Samen: Cashews, Mandeln, Pistazien
  8. Würzen und Backen: Agavensirup, Birnendicksaft, Fruchtzucker, Frühlingszwiebeln (grüner Teil), Honig, Isomalt, Knoblauch, Maissirup, Maltit, Mannit, Schalotte, Sorbit, Xylit, Zwiebel
  9. Getränke: Bier, Chai, Fencheltee, Fruchtsäfte, Getreidekaffee, Kaffee, Kamillentee, Kokoswasser, Schwarzer Tee, Wein  

Okay, um einige Sachen ist es wirklich schade, aber was tut man nicht alles für etwas Ruhe im Bauch! 

 

Muss ich diese FODMAP-reichen Lebensmittel aufgrund meines Reizdarms nun für immer und ewig verzichten?

Nein! Da kann ich dich schon jetzt beruhigen. Das FODMAP-Konzept besteht aus zwei Phasen.

 

In der ersten Phase (auch Eliminationsphase genannt) wird die Konzentration an FODMAPs so stark wie möglich reduziert. Ziele sind eine möglichst starke Linderung der Symptome und eine Regulation verschiedener Immunprozesse (siehe oben). Diese erste Phase dauert je nach individueller Krankheit (Schweregrad, Subtyp) vier Wochen bis drei Monate.  Viele Autoren empfehlen eine kürzere Eliminationsphase, doch dies halte ich aus verschiedenen Gründen für nicht zielführend. Unter anderem haben Studien gezeigt, dass es Reizdarmbetroffene gibt, welche mit einem verzögerten Ansprechen auf diätetische Maßnahmen reagieren (siehe etwa Wahnschaffe und Kollegen, 2007).  Dieser Sachverhalt spiegelt meinem Verständnis nach wider, dass die FODMAP-Reduktion eben über verschiedene Mechanismen wirkt (kurzfristig über die verminderte Fermentation und Gasproduktion und langfristig über die Deaktivierung übersteuerter Immunzellen und die Veränderung der Darmflora), welche unterschiedlich viel Zeit in Anspruch nehmen, um sich positiv auf deine Symptome auszuwirken. Bleib also bitte eine Weile bei der Eliminationsphase, um zu sehen, ob die FODMAP-Reduktion für dich wirklich effektiv ist, oder eben nicht! 

In diesen ersten Wochen oder Monaten solltest du dich streng an die Lebensmittel in der obigen grünen FODMAP-Liste halten, um deine Beschwerden schnellstmöglich zu lindern und das Fundament für den nächsten Schritt zu legen.

 

In der zweiten Phase (auch Provokationsphase oder Wiedereinführungsphase genannt) kommt es darauf an, deinen Spielraum an verträglichen Lebensmitteln systematisch zu erweitern. Dieses zweite Element des FODMAP-Prinzips wird von vielen Reizdarmpatienten leider oft sträflich vernachlässigt. Dafür habe ich großes Verständnis, denn vielen Betroffenen geht es nach Jahren endlich einmal besser und sie fürchten sich davor, dass Veränderungen in ihrer Therapie alles wieder zunichte machen würden. Doch diese Bedenken sind unbegründet. Im Gegenteil: Die Einbeziehung einiger FODMAP-reicherer Lebensmittel erhöht zum einen deine Lebensqualität, indem es bspw. das Kochen und Restaurantbesuche extrem erleichtert und ist außerdem unerlässlich für deine Darmgesundheit! Studien zeigen konsistent, dass eine starke Elimination der FODMAPs nicht nur die problematischen Darmbakterien aushungert (erwünscht), sondern auch "die guten (probiotischen) Jungs" (Hill und Kollegen, 2017). Dies könnte ein gesundheitlicher Risikofaktor sein, welcher aktuell von den Wissenschaftlern diskutiert wird. Das systematische Wiedereinführen von FODMAPs macht diesen Trend rückgängig. 

 

Es ist bis heute nicht abschließend geklärt, ob für den Erfolg bei der Behandlung des Reizdarms tatsächlich der Verzicht auf alle FODMAP-Kategorien notwendig ist, oder ob dies auch interindividuellen Schwankungen unterliegt (Staudacher und Kollegen, 2017).  Meiner Erfahrung nach ist letzteres der Fall. So ist für eine Betroffene der Verzicht auf Fruktose und Fruktane entscheidend, während ein anderer primär auf Galaktooligosaccharide reagiert. Aus diesem Grund präferiere ich das Austesten der gesamten Kategorien noch vor dem Einführen einzelner Lebensmittel (dazu mehr im letzten Teil des Kapitels). 

Eine besondere Rolle bei der Erweiterung der low-FODMAP-Diät spielen auch die Lebensmittel mit moderatem FODMAP-Anteil, welche ich ebenfalls im Abschnitt über das Wiedereinführen von Lebensmitteln besprechen werde (gelbe FODMAP-Liste). 

 

Solltest du aus irgendeinem Grund Schwierigkeiten bei der Erweiterung der Eliminationsphase haben, habe ich hier einige Möglichkeiten zusammengefasst, wie du die FODMAP-Reduktion dennoch sicherer gestalten und deine Darmflora pflegen kannst.

 

Ein besonderer Feind des Reizdarms: Gluten in unserer low-FODMAP-Ernährung

Zum Thema Gluten beim Reizdarmsyndrom habe ich inzwischen zahlreiche Artikel verfasst. Dies war auch bitter nötig, denn Fehlinformationen und Halbwahrheiten beherrschen immer noch die Debatte. Falls du dich eingehender mit dem Klebeprotein des Weizens und seiner Wirkung auf unsere Erkrankung beschäftigen willst, möchte ich dir meine Zusammenfassung aus dem Jahr 2018 ans Herz legen und mein Interview mit Professor Schulzke, einem absoluten Experten auf dem Gebiet Gluten und Reizdarmsyndrom. 

 

Um die vorhandenen Daten aber für unseren Zweck hier kurz und knackig zusammenzufassen: Nein, Gluten ist nicht für jeden Menschen gleich problematisch und natürlich ist die glutenfreie Kost auch ein Modetrend. Doch beim Reizdarmsyndrom gehört die glutenfreie Kost mit der FODMAP-Reduktion zu den effektivsten und am besten untersuchten Ernährungstherapien (Rej und Kollegen, 2018).  Viele Forscher wünschen sich aufgrund der vergleichbaren Ergebnisse beider Diäten einen Vergleich in einer wissenschaftlichen Untersuchung, um zu erfahren, welche Therapie die wirkungsvollere ist. 

Doch die glutenfreie Diät kann tatsächlich etwas, zu dem die FODMAP-Reduktion nicht in der Lage ist: Der Verzicht auf glutenhaltige Lebensmittel kann einen Teil der Reizdarmpatienten heilen.  So zeigte ein Team von Wissenschaftlern, in welchem auch der oben erwähnte Professor Schulzke mitwirkte, einen Rückgang der gastrointestinalen Symptome von Reizdarmpatienten nach sechs Monaten glutenfreier Ernährung auf das Maß gesunder Vergleichspersonen in über zwei Drittel der teilnehmenden Reizdarmpatienten (Wahnschaffe und Kollegen, 2007).  Gluten provoziert im Darm von Reizdarmpatienten eine Immunreaktion, verändert den Transit des Stuhls und schädigt die Darmbarriere (Vazquez-Roque und Kollegen, 2013). 

 

Aus praktischen Gründen stellt sich mir die Frage "glutenfreie Kost ODER low-FODMAP-Diät beim Reizdarmsyndrom?" nicht. Schaust du dir die grüne FODMAP-Liste etwas genauer an, wirst du feststellen, dass Lebensmittel mit einem niedrigen FODMAP-Gehalt ohnehin glutenfrei sind. Dies liegt am hohen Fruktangehalt der glutenhaltigen Getreidesorten, welche also gleich doppelt für uns problematisch sind (eigentlich dreifach, aber dafür solltest du meine oben verlinkte Zusammenfassung lesen). Es ist also nicht besonders schwierig, beide Ernährungskonzepte miteinander zu verknüpfen und dadurch das Beste aus beiden Welten zu erreichen. 

Hierfür solltest du lediglich auf einige Lebensmittel mit moderatem FODMAP-Gehalt verzichten, welche leider immer wieder in einigen low-FODMAP-Büchern angepriesen werden. Dazu gehören vor allem der Dinkel und der Hafer. Zu beiden Getreidesorten finden sich leckere glutenfreie Alternativen wie Buchweizen, Amaranth, Hirse usw. 

 

Du möchtest die FODMAP-Diät gern ausprobieren, benötigst aber weitere Informationen, ausführliche Lebensmitteltabellen und Ideen für schmackhafte Rezepte? Dann möchte ich dir aus eigener Erfahrung folgende Produkte ans Herz legen: 

  1. Das Buch Das FODMAP-Konzept der Ärztin für klinische Ernährungswissenschaft Dr. Caroline Kiss
  2. Den Tabellenband Der FODMAP-Kompass vom Gastroenterologen Professor Dr. Martin Storr
  3. Das zugehörige 4-Wochen Programm Der FODMAP-Plan ebenfalls von Professor Storr
  4. Das wundervolle Kochbuch FODMAP-Diät mit 150 Rezepten von Jeremy Grün
  5. Das Reizdarm-Kochbuch für Veganer für jene, die auch während der FODMAP-Diät nicht auf eine vegane Lebensführung verzichten wollen

 

Ernährungsumstellung gegen den Reizdarm - Schritt II: Die richtigen Ballaststoffe konsumieren!

"Sie müssen Stress abbauen und mehr Ballaststoffe essen" - Reizdarmpatienten meiner und älterer Generation wird dieser Satz wahrscheinlich in den Ohren schmerzen, so oft haben wir ihn von unseren Hausärzten schon zu hören bekommen. Tatsächlich stammt die Hypothese, die Beschwerden des Reizdarmsyndroms wären hauptsächlich durch einen Mangel an konsumierten Ballaststoffen erklärbar,  bereits aus den 70er und 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts (Thompson, 1986).  Diese Überlegungen beruhten auf Beobachtungen und mittels Fragebogen erhobenen Daten, welche zeigten, dass viele Reizdarmpatienten deutlich weniger Ballaststoffe zu sich nahmen als gesunde Vergleichspersonen. Diese Erkenntnis verleitete viele Ärzte zu einem ganz ähnlichen Fehlschluss, wie er auch beim Zusammenspiel von Psyche und Reizdarmsyndrom begangen wurde: Die beiden beobachteten Variablen wurden in einen kausalen Zusammenhang gebracht, was jeglichen Regeln guter Wissenschaft widerspricht. Statt der Erklärung "Ein Reizdarm entsteht, wenn jemand zu wenig Ballaststoffe isst", wären ja auch viele andere Varianten denkbar, etwa "Wer einen Reizdarm hat, isst weniger Ballaststoffe, weil diese ihm zusätzliche Schmerzen bereiten".

 

Jedenfalls wurde dieses Pferd über mehrere Jahrzehnte geritten, bis es sich ab der Jahrtausendwende endgültig totgaloppierte. Eine im Jahr 2008 veröffentlichte Metaanalyse zeigte keinen Vorteil einer ballaststoffreichen Diät gegenüber einer ballaststoffarmen Diät bei der Linderung der Beschwerden des Reizdarmsyndroms (Ford und Kollegen, 2008).  Ganz im Gegensatz zur Empfehlung der behandelnden Ärzte berichteten Forscher sogar davon, dass mehr als die Hälfte der mit zusätzlichen Ballaststoffen "therapierten" Patienten über schlimmere Symptome klagte, während nur lediglich jeder Zehnte eine Verbesserung der Beschwerden berichtete (Francis und Whorwell, 1994). 

 

Schließlich erlebte der Einsatz von Ballaststoffen bei der Therapie des Reizdarmsyndroms eine teilweise Rehabilitation (ebenfalls eine Parallele zur Psyche beim RDS). Heute zeigen Metaanalysen eindeutig, dass es gerade beim Reizdarm auf die Kategorie der verwendeten Ballaststoffe ankommt. Lösliche Ballaststoffe lindern die globalen Beschwerden und wirken sich besonders positiv auf Bauchschmerzen und Blähungen aus, während unlösliche Ballaststoffe die Beschwerden sogar verstärken können (Nagarajan und Kollegen, 2015).  Mit diesem Wissen können die inkonsistenten Studienergebnisse der Vergangenheit (Ballaststoffe helfen vs. Ballaststoffe schaden) endlich sinnvoll interpretiert werden. Es kommt also auf die Art der Ballaststoffe an!

 

Was sind eigentlich Ballaststoffe?

Ballaststoffe sind weitgehend unverdauliche Nahrungsbestandteile, welche vor allem in pflanzlichen Lebensmitteln wie Vollkorngetreiden, Gemüse, Früchten und Hülsenfrüchten vorkommen. Der Begriff "Ballaststoff" leitet sich also von ihrer Eigenschaft her, vom menschlichen Darmtrakt nicht aufgespalten und verdaut werden zu können. Dies liegt entweder an einem fehlenden Transportprotein oder einem mangelnden Enzym zur Aufspaltung. Ballast sind die unverdaulichen Faserstoffe aber keineswegs: Im Gegensatz zu unseren menschlichen Zellen sind unsere bakteriellen Mitbewohner (die Darmflora) kleine Kraftwerke, welche sich auf die Verwertung dieser Überreste unserer Verdauung spezialisiert haben. Die Zufuhr von Ballaststoffen steuert also maßgeblich die Zusammensetzung und Gesundheit unserer Darmflora. Weiterhin entstehen durch die bakterielle Verwertung neben Gasen auch kurzkettige Fettsäuren, welche die Darmbarriere stärken und damit unser Immunsystem regulieren. 

Eine ausreichende Ballaststoffzufuhr hat zudem zahlreiche positive Auswirkungen auf deine Gesundheit. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt aktuell eine Aufnahme von mindestens 30 Gramm pro Tag.

 

Positive Auswirkungen von Ballaststoffen auf deine allgemeine Gesundheit

Ballaststoffe haben erwiesenermaßen günstige Auswirkungen auf deine allgemeine Gesundheit. 

  1. Sie senken den Cholesterinspiegel über den enterohepatischen Kreislauf der Gallensäuren.
  2. Ballaststoffe vermindern das Risiko für die koronare Herzerkrankung und einen Herzinfarkt. 
  3. Sie vermindern die Bildung von Gallensäuren durch das Binden vermehrt freigesetzter Gallensäuren.
  4. Ballaststoffe dämpfen den Anstieg der Blutzuckerkurve nach kohlenhydratreichen Mahlzeiten und begünstigen die Prognose von u.a. Diabetes mellitus und reaktiver/relativer Hypoglykämie. 
  5. Ein erhöhter Ballaststoffanteil in der Nahrung hilft bei der Prävention von Zahnkaries durch notwendiges Kauen und verstärkte Speichelbildung. 
  6. Im Gegensatz zur weit verbreiteten Meinung, dass Ballaststoffe bei einer vorliegenden Divertikulose schaden können, zeigen Studien eindeutig, dass eine erhöhte Ballaststoffzufuhr den Druck der Divertikelerkrankung signifikant abmildern kann. 
  7. Die durch die mikrobielle Fermentation von Ballaststoffen im Darm freigesetzten kurzkettigen Fettsäuren beugen bösartigen Neubildungen der Zellen vor und wirken somit präventiv gegenüber der Entstehung von Darmkrebs.
  8. Ballaststoffe sind einer der Haupteinflussfaktoren auf unsere Darmflora. Die Wissenschaft beginnt gerade erst die Zusammenhänge zwischen einer verschobenen Darmflora (Dysbiose), dem Verlust des Artenreichtums (verminderte Biodiversität) und vielen Erkrankungen, v.a. Autoimmunstörungen zu verstehen. Eine gesunde ausgewogene Darmflora, also ein stabiles und vor allem artenreiches Ökosystem, gilt jedoch schon heute als Schutz vor verschiedenen neuropsychiatrischen und immunologischen Erkrankungen. 

 

Positive Auswirkungen löslicher Ballaststoffe auf den Reizdarm

Weiter oben hatten wir bereits festgestellt, dass lösliche Ballaststoffe die Symptome deines Reizdarms lindern helfen, während unlösliche Ballaststoffe diese sogar oft verstärken. Doch um beim Thema Ballaststoffe zur Behandlung des Reizdarmsyndroms auf der sicheren Seite zu sein, müssen wir eine weitere Unterscheidung vornehmen. Lösliche Ballaststoffe, welche ihren Namen aufgrund ihrer Eigenschaft sich in Flüssigkeiten aufzulösen erhalten haben, bilden durch die Aufnahme von Wasser eine gelatineartige visköse Substanz. Letztere kann von den Mikroorganismen unserer Darmflora verstoffwechselt werden. Nun ist es so, dass unterschiedliche Kategorien löslicher Ballaststoffe existieren. Einige davon sind extrem fermentierbar, während andere lösliche Ballaststoffe nur moderat fermentiert werden (und der verbliebene Teil der Verwertung durch die Darmbakterien entgeht). Zu den hoch fermentierbaren löslichen Ballaststoffen gehören die dir inzwischen bekannten Kohlenhydrate Fruktan und Inulin. Diese Unterarten löslicher Ballaststoffe sind für ihre Gasproduktion und die daraus resultierenden osmotischen Effekte berüchtigt und wurden deshalb als FODMAPs und problematisch für den Reizdarm eingeordnet. 

 

Wir hingegen müssen uns auf moderat-fermentierbare lösliche Ballaststoffe konzentrieren, welche nicht zu viel Gas produzieren, aber gleichzeitig alle positiven Effekte für unseren Reizdarm, aber auch die Darmgesundheit allgemein entfalten können! Im Gegensatz zu den stark fermentierbaren löslichen Ballaststoffen (bspw. Weizendextrin, Inulin, Fruktan) und den nicht-löslichen Ballaststoffen (Kleie) bilden die moderat-fermentierbaren löslichen Ballaststoffe eine Art Gel, welches für die positiven Effekte auf den Blutzucker, den Cholesterinspiegel, die Gallensäuren (siehe auch Gallensäureverlustsyndrom) und die Symptome des Reizdarmsyndroms hauptverantwortlich ist.  Während unlösliche Ballaststoffe also einerseits die Gasbildung fördern und andererseits durch ihre Struktur die Darmwand reizen (einige unlösliche Ballaststoffe sorgen sogar für Verstopfung - z.B. Weizendextrin), sorgen die gelartigen Verbindungen moderat fermentierbarer löslicher Ballaststoffe für eine "entspannte" Darmpassage, eine verbesserte Stuhlkonsistenz und eine verminderte Gasproduktion (McRorie und McKeown, 2016).

 

Es ist also extrem wichtig, darauf zu achten, WELCHE Ballaststoffe wir mit unserer Ernährung konsumieren oder sogar zusätzlich einnehmen! 

 

Im Folgenden möchte ich dir eine Übersicht vorstellen, welche einige Mechanismen erläutert, wie die moderat-fermentierbaren löslichen Ballaststoffe deinen Reizdarm befrieden (El-Salhy und Kollegen, 2017), bevor ich dir endlich verrate, was du genau essen solltest, um in den Genuss dieser Effekte zu kommen.

  1. Gastrointestinales Mikrobiom (Darmflora): Lösliche Ballaststoffe sorgen als Präbiotika für eine gesunde Darmflora. Die durch lösliche Ballaststoffe produzierten kurzkettigen Fettsäuren und der verminderte pH-Wert begünstigen das Wachstum probiotischer (gesundheitsförderlicher) Darmbakterien wie Laktobazillen und Bifidobakterien.
  2. Immunsystem: Die durch Fermentation löslicher Ballaststoffe produzierte kurzkettige Fettsäure Butyrat (Buttersäure) lindert (Mikro-)Entzündungen des Dickdarms.
  3. Neuroendokrines System: Lösliche Ballaststoffe aktivieren die Produktion zahlreicher gastrointestinaler Hormone, deren Mangel mit dem Reizdarmsyndrom in Verbindung gebracht werden. Dazu gehören als bedeutendste Vertreter das Serotonin und Peptid YY.  Beide sind u.a. für die physiologische Absorption von Flüssigkeit und die Steuerung der Motilität verantwortlich.
  4. Stuhlpassage: Lösliche Ballaststoffe bilden eine Art Gel, welches eine ungestörte Passage des Nahrungsbreis und Stuhls durch den Darm ermöglicht. Sie haben die Fähigkeit, Wasser zu binden und dadurch die Stuhlkonsistenz zu verbessern. Entgegen der landläufigen Meinung tragen lösliche Ballaststoffe auch zur Verbesserung von Durchfall bei (Murphy und Kollegen, 2000).

 

Welche Lebensmittel verfügen über ein gutes Verhältnis von löslichen zu unlöslichen Ballaststoffen?

Vorwegzunehmen ist, dass die meisten pflanzlichen Lebensmittel sowohl lösliche als auch unlösliche Ballaststoffe enthalten.  Allerdings entscheidet dabei das Verhältnis der beiden Kategorien. Die folgende Tabelle stellt Lebensmittel mit einem günstigen Ballaststoffverhältnis jenen mit einer ungünstigeren Verteilung gegenüber. Um die stark fermentierenden löslichen Ballaststoffe musst du dir hingegen keine Gedanken machen, da sie durch die FODMAP-Reduktion ohnehin weitgehend eliminiert worden sind.

 

Gutes Verhältnis von löslichen zu unlöslichen Ballaststoffen und dadurch gut bei einem Reizdarm:

  1. Reis
  2. Hafer
  3. Kartoffeln
  4. Quinoa
  5. Polenta
  6. Tofu
  7. Karotte
  8. Kürbis
  9. Rüben
  10. Banane
  11. Papaya

Ungünstiges Verhältnis von löslichen zu unlöslichen Ballaststoffen und dadurch beim Reizdarm problematisch:

  1. Weizen
  2. Müsli
  3. Nüsse
  4. Samen
  5. Hülsenfrüchte
  6. Kirschen
  7. Äpfel
  8. Melonen
  9. Bohnen
  10. Zwiebeln
  11. Broccoli
  12. Tomaten
  13. Kräuter

 

Ist der Einsatz von spezifischen löslichen Ballaststoffen sinnvoll?

Wie man in der Tabelle recht schön erkennen kann, gehören die Lebensmittel mit einem für den Reizdarm günstigen Ballaststoffverhältnis zu den absoluten Klassikern der low-FODMAP-Ernährung. Bei den pflanzlichen Lebensmitteln sollten also Reis, Kartoffeln, Quinoa usw. die Basis deiner täglichen Ernährung bilden. 

Dennoch kann es unter Umständen schwierig sein, die empfohlenen 30-35g Ballaststoffgehalt in der täglichen Ernährung zu erreichen. Zum einen erhöht man mit dem verstärkten Konsum der oben genannten Lebensmittel immer auch den Anteil problematischer unlöslicher Ballaststoffe, zum anderen setzt uns der nächste Schritt (Balancierung der Makronährstoffe) einige Grenzen. 

 

Aus diesem Grund ist der Einsatz spezifischer löslicher Ballaststoffe in Form von Nahrungsergänzungsmitteln eine sichere und einfache Alternative ausschließlich die für uns unproblematischen moderat-fermentierbaren löslichen Ballaststoffe zu erhöhen und somit die Beschwerden des Reizdarms zu lindern (z.B. Niv und Kollegen, 2016; Xu und Kollegen, 2015). 

 

In Studien an Betroffenen mit dem Reizdarmsyndrom haben sich bisher folgende Ballaststoffe dieser Kategorie als wirksam erwiesen und können via Klick kostengünstig bezogen werden:

 

Noch ein kurzer abschließender Hinweis

Gerade, wenn du dich vorher typisch westlich ernährt hast (viel Zucker und Weißmehl, wenig Ballaststoffe), solltest du unbedingt langsam und behutsam bei der Erhöhung deiner Ballaststoffzufuhr vorgehen. Beziehe zuerst mehr vollwertige Lebensmittel aus Vollkornreis, Quinoa, Kartoffeln und erlaubten Gemüsesorten mit ein bzw. ersetze Weißmehlprodukte durch erstere. Im nächsten Schritt kannst du eines der vorgestellten Nahrungsergänzungsmittel hinzufügen und die Dosis über mehrere Wochen langsam erhöhen. Dein Darm muss sich erst wieder langsam an den erhöhten Ballaststoffgehalt gewöhnen. Dies gilt vor allem auch für uns Reizdarmpatienten! Auch deine Darmflora wird einige drastische Veränderungen erleben. Gib dir also genügend Zeit und höre auf deinen Körper! Ein zu schnelles Vorgehen kann, statt der nachgewiesenen positiven Effekte, unangenehme Blähungen und Bauchschmerzen nach sich ziehen. 

 

Ernährungsumstellung gegen den Reizdarm - Schritt III: Protein, Kohlenhydrate und Fett ausbalancieren!

Als letzten Schritt zur diätetischen Behandlung des Reizdarms legen uns El-Salhy und Mazzawi das Experimentieren mit unseren Makronährstoffen nahe (El-Salhy und Mazzawi, 2017).  Zu den drei Makronährstoffen in unserer Ernährung zählen das Protein (oft auch als Eiweiß bezeichnet), die Kohlenhydrate und das Fett. Diese Makronährstoffe werden durch Prozesse der menschlichen Verdauung in ihre jeweiligen kleinsten Bestandteile Aminosäuren, Zucker und Fettsäuren zerlegt, von der Darmschleimhaut absorbiert und ihrer Bestimmung zugeführt. Stark vereinfacht können wir festhalten, dass das konsumierte Protein als Baustoff gebraucht wird, während des sich bei den Kohlenhydraten und Fetten, je nach individueller Stoffwechsellage und Ernährungspräferenz, um die bevorzugten Energielieferanten oder -speicher handelt. 

 

Die typische westliche Ernährung weist eine sie charakterisierende Verteilung dieser Makronährstoffe auf. Rund 50% der aufgenommenen Energie stammen dabei aus Kohlenhydraten, 35% aus Fetten und etwa 15% aus Protein (Wright und Wang, 2010).  Nun scheint dieses Verhältnis der Makronährstoffe zueinander nicht das günstigste für unsere Erkrankung, das Reizdarmsyndrom, zu sein. Betrachten wir also als nächstes die Auswirkungen der einzelnen Makronährstoffe auf unsere Darmgesundheit.

 

Bei einem Reizdarm Fett reduzieren bzw. Die richtigen Fette wählen!

Viele Betroffene eines Reizdarmsyndroms berichten, Fette nicht gut zu vertragen und dass die Einnahme fettreicher Mahlzeiten Bauchbeschwerden und die typischen Darmsymptome provoziere. Tatsächlich zeigen Studien signifikante Unterschiede zwischen RDS-kranken Menschen und gesunden Kontrollpersonen bezüglich der Fettverdauung. So führt die Fettverwertung im Dünndarm beim Reizdarm deutlich eher zur Gasbildung und zu einem Gefühl der Völle und der Übelkeit. Weiterhin provozieren Fette eine gesteigerte Hypersensitivität. Dies bedeutet, dass Reize im Dünndarm signifikant eher und schmerzhafter wahrgenommen werden als zuvor. Das gleiche Phänomen konnte im Zusammenhang mit der Fettaufnahme auch im Rektum und am After belegt werden: Patienten mit Verstopfung klagen dann stärker über Schmerzen, während Durchfallbetroffene das Gefühl der Dringlichkeit beschreiben. 

 

Außerdem ist die Fehlregulation der Darmbarriere durch fettreiche Mahlzeiten gut belegt. Die Tore in dieser schützenden Barriere, welche unser Immunsystem vor dem Kontakt mit unendlich vielen Mikroorganismen, Antigenen und Nahrungsproteinen bewahren soll, öffnen sich zu weit und für eine zu lange Zeit. Dies erlaubt organismusfremden Bestandteilen in das Darmgewebe und später den Organismus einzudringen, Entzündungen zu verursachen und später eine heftige Immunantwort zu provozieren. 

Schließlich müssen auch die negativen Auswirkungen auf unser gastrointestinales Mikrobiom (die Darmflora) angesprochen werden. Nachweislich verändert eine fettreiche Kost (aber besonders in Kombination mit Zucker, die westliche Ernährung lässt grüßen) diese ungünstig. Es entsteht eine artenarme, dysbiotische Darmflora mit einer hohen Entzündungsneigung. Diese Dysbiose erhöht die Risikofaktoren gemeinsam mit der gestörten Darmbarriere für viele Autoimmun- und andere Erkrankungen. 

 

Nach all diesen Hiobsbotschaften kommen wir aber nun zur Ehrenrettung des Fettes. Aus hundert Studien mit der Mediterranen "Mittelmeer-) Kost, aber auch der Speziellen Kohlenhydratdiät, Paleodiät etc. wissen wir heute, dass nicht jedes Fett problematisch ist. Generell können wir sagen, dass du gesättigte Fettsäuren und Transfette vermeiden und auf ein gutes Verhältnis der mehrfach ungesättigten Fettsäuren Omega-6 (eher proentzündlich) und Omega-3 (meist entzündungshemmend) achten solltest. Letzteres sollte ca. 2:1 betragen, liegt aber in der westlichen Welt eher bei 20:1 und ist in vielen wissenschaftlichen Untersuchungen mit chronischen Darmerkrankungen assoziiert. 

 

"Gute" Fette hingegen, welche zur Gruppe der einfach ungesättigten Fette gehören, zeigen weder negative Auswirkungen auf die Darmbarriere, noch scheinen sie eine Dysbiose zu begünstigen. Ganz im Gegenteil! Einige Studien legen sogar eine Förderung eines gesunden Darmmilieus mit der fettreichen Mittelmeer-Diät nahe. 

 

Welche Lebensmittel zeichnen sich durch einen hohen Anteil dieser einfach ungesättigten Fette aus?

  1. Olivenöl
  2. Avocados
  3. Nüsse

Welche Lebensmittel liefern höhere Mengen Omega-3?

  1. Hering
  2. Lachs
  3. Sardine
  4. Makrele
  5. Rind, Lamm, Ziege aus Weidehaltung
  6. Eier von wild ernährten Freilandhennen
  7. Leinsamen, Leinöl, Walnüsse, Samen (wobei die vorliegende Form die ineffizientere gegenüber den tierischen Quellen ist)
  8. Deutlich wichtiger als die Erhöhung der Omega-3-Quelle ist aber im ersten Schritt zumeist die Vermeidung der Omega-6-Mega-Lieferanten, v.a. wenn du dich derzeit typisch "modern-westlich" ernährst. Vermeide besonders Pflanzenöle wie Sonnenblumenöl usw.! Auch als Zusatz in Fertigprodukten. 

Bei der Verteilung der Makronährstoffe orientiere ich mich an den Untersuchungen an noch heute traditionell lebenden Naturvölkern in Afrika und Südamerika. Diese weisen keine Anzeichen für das Reizdarmsyndrom, die chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa etc. auf. 

Eine Fettzufuhr von 25%, vornehmlich aus Olivenöl, FODMAP-armen Nüssen und Samen, Omega-3-reichen Lebensmitteln und einigen gesättigten Fetten aus bspw. qualitativ hochwertigem Fleisch wäre optimal. Dies entspricht bei einer Durchschnittsperson mit einem Bedarf von 2000kcal etwa 55g pro Tag. 

 

Protein, Protein, Protein - Nährstoff der Wahl beim Reizdarmsyndrom

Bereits vor vielen Jahrzehnten hatten der Gastroenterologe Dr. Sidney Haas und die Biochemikerin Elaine Gottschall richtig erkannt, dass das Protein (manchmal auch Eiweiß) genannt, der am besten verträgliche Makronährstoff für Menschen mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen, einer Zöliakie oder auch einem Reizdarmsyndrom ist. Folgerichtig beschreibt Elaine die grundlegende Ausgestaltung ihrer Speziellen Kohlenhydratdiät (SCD), welche mir damals buchstäblich das Leben gerettet hat, als proteinreich, fettlastig und kohlenhydratreduziert, wobei auf eine hohe Dichte an Mikronährstoffen und Ballaststoffen Wert gelegt werden sollte. 

Dies gilt auch noch heute! Auch El-Salhy und Mazzawi schlussfolgern in ihrem Review, dass selbst für malabsorbiertes Protein, also jenes, dass der menschlichen Verdauung entging und dadurch dem Mikrobiom zur Verstoffwechselung zur Verfügung stand, keinerlei negative Auswirkungen auf die Motilität, die Schmerzwahrnehmung oder die Zusammensetzung der Darmflora nachgewiesen werden konnten. Das einzige "störende" Phänomen in diesem Kontext ist das geruchsintensive Hydrogensulfid, was bei einem Zuviel an Protein entstehen kann. 

 

Eine problematische Rolle beim Reizdarm spielen allerdings einige pflanzliche Proteinquellen. Allen voran das schon weiter oben genauer beschriebene Gluten. Du solltest deine Proteinzufuhr also in jedem Fall auf qualitativ-hochwertige und natürliche Quellen stützen (Weidetiere, Fisch aus Wildfang, Freiland-Eier, Nüsse, einige erlaubte Milchprodukte) und nicht auf industriell hoch-verarbeitete Ersatzprodukte und Proteinpulver! 

 

Grundsätzlich empfehle ich einen Proteinanteil von 40% des Energiebedarfs. Dies entspricht etwa 200g Protein für unsere durchschnittliche Person mit einem Reizdarmsyndrom. Das mag viel klingen, entspricht aber der klassischen Makronährstoffverteilung der oben erwähnten darmgesunden Naturvölker und spiegelt am ehesten die Prämissen der Speziellen Kohlenhydratdiät, der GAPS-Diät und des Paleo-Autoimmunprotokolls wider, welche in eindrucksvollen Studien belegten, dass sie sogar die chronisch-entzündlichen Darmerkranungen in eine Remission führen, Entzündungen lindern und die Menge an notwendigen Medikamenten deutlich reduzieren können. 

 

Kohlenhydratarm gegen die Beschwerden des Reizdarmsyndroms

Dass bei einem Reizdarmsyndrom einige Schwierigkeiten bei der Verwertung der Kohlenhydrate bestehen, haben wir oben bei der Diskussion der kurzkettigen Kohlenhydrate, zusammengefasst unter dem Akronym FODMAPs, bereits ausführlich dargelegt. Doch FODMAPs sind bei weitem nicht die einzigen Kohlenhydratgruppen, die unseren Darm reizen können, denn inzwischen ist auch die Triggerfunktion der verbliebenen, nämlich langkettigen Kohlenhydrate (Stärke), für die Beschwerden des Reizdarms wie Durchfall, Bauchschmerzen und Blähungen gut etabliert (Nilholm et al.,2019). Neben den oben beschriebenen FODMAP-reichen Lebensmitteln fallen also unter Umständen auch noch Grundnahrungsmittel wie Reis oder Kartoffeln weg. Doch was bleibt dann noch übrig? 

 

Kohlenhydratreduzierte Diäten verbessern die Beschwerden des Reizdarms (Austin et al.,2009) und ergänzen unser bereits besprochenes Makronährstoffprofil ausgezeichnet. Kohlenhydrate sind der wohl problematischste Makronährstoff im Zusammenhang mit Darmerkrankungen, denn sie fungieren durchaus als zweischneidiges Schwert. Wir benötigen gerade die kurzkettigen präbiotischen Vertreter, um den Darm gesund zu erhalten. Ist er jedoch einmal ordentlich geschädigt, was bei einem Reizdarmsyndrom der Fall ist, vertragen wir diese Komponenten nicht mehr, obwohl wir sie gerade jetzt besonders bräuchten! 

 

Ich wünsche mir deshalb folgendes von dir: Reduziere deinen Kohlenhydratanteil an der täglichen Ernährung auf 35%. Gehe nicht zu tief, um eine optimale Immunfunktion zu gewährleisten. Letztere ist essentiell für die Rückeroberung deiner Darmgesundheit! 35% entsprechen ca. 175g. Decke diesen Bedarf hauptsächlich durch FODMAP-armes Gemüse, zwei Portionen Obst und einigen komplexen Kohlenhydraten wie Hafer. Verbessern sich deine Symptome, deine Verdauungsleistung und Toleranz gegenüber FODMAPs im Laufe der Monate, solltest du unbedingt einige FODMAP-Quellen auf ihre Verträglichkeit testen und bei einem positiven Ergebnis wieder einführen. Die reduzierte Kohlenhydratlast würde ich, schon aufgrund des stark erhöhten Risikos für Prädiabetes und Diabetes beim Reizdarm aber unbedingt beibehalten! 

 

Ernährungsplan zur Linderung des Reizdarmsyndroms

Du hast es also bis hier hin geschafft. Glückwunsch! Doch meine Ausführungen waren dir bis jetzt zu theoretisch und zu abstrakt? Du benötigst etwas mehr praktischen Input, damit du weißt, wie du morgen starten kannst? Kein Problem! 

Im folgenden Abschnitt stelle ich dir abschließend noch einen beispielhaften Tagesplan vor, der die Ansprüche an die oben vorgestellten Schritte erfüllt. Natürlich musst du diesen entsprechend deiner Vorlieben, kalorischen Bedürfnisse usw. anpassen und auch regelmäßig variieren. Er soll dir nur eine Anregung liefern, wie man eine solch modifizierte Reizdarm-Ernährung praktisch gestalten kann. 

 

Frühstück: Beerenporridge und Omelette

75g glutenfreie Haferflocken

1 Glas Mandeldrink

100g Erdbeeren

20g geröstete Walnusshälften

Omelette aus 1 Ei und 3 Eiklar, dazu Tomate, Basilikum und weitere Kräuter/Gemüse nach Geschmack

 

Mittag: Wildlachs mit braunem Reis und Spinat

200g Wildlachs, 1EL Olivenöl

150g Spinat, Frühlingszwiebeln (grüner Teil), Rucola, Gurke

75g brauner Reis

 

Snack: Hüttenkäse und Frucht

200g Hüttenkäse (laktosefrei, fettreduziert)

1 Banane

 

Abendessen: Rind (Tofu) und Pfannengemüse

200g mageres Rindfleisch (5%)

Wok mit Kürbis, Karotten, Kohl, Sellerie usw. 

Kräuter nach Wahl 

 

Und siehe da! 2000 Kilokalorien, 180g Protein, 150g Netto-Kohlenhydrate und 70g Fett. Alle wichtigen Vitamine und Mineralstoffe zu mehr als 100% gedeckt. 30g Ballaststoffe, Omega-6 zu Omega-3 Ratio von 14:7 (also die gewünschten 2:1). Gesättigte Fette unter der magischen Grenze von 15g. Nach Gesundheit strebendes Herz, was willst du mehr? 

 

Und mit diesem praktischen Abschluss entlasse ich dich nun auch, mein fleißiger Leser. Mögen die Götter der Darmwinde gnädig mit dir sein! Ich drücke dir jedenfalls alle Daumen für eine schnellstmögliche Genesung!

 

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