Neues aus der Wissenschaft zur Reizdarm Diät

In dieser neuen und ab jetzt regelmäßig erscheinenden Kolumne möchten wir Sie mit aktuellen Neuigkeiten aus der Forschung zum Themenkreis Reizdarm (Ernährung, Mikrobiom, Medikamente etc.) versorgen.

 

In dieser ersten Ausgabe stellen wir Ihnen zwei interessante Studien vor: Die erste widmet sich dem Zusammenhang zwischen Glutenunverträglichkeit und der Knochendichte, w#hrend sich der zweite Artikel möglichen diätetischen Prädiktoren in Entwicklungsländern widmet.


Die Glutensensitivität (nicht mit einer Zöliakie zu verwechseln!) ist ein fast schon neues Konzept innerhalb der Forscher- und Patientengemeinde. Häufigkeit und Pathologie sind noch weitgehend unbekannt und können lediglich grob abgeschätzt werden.

Inzwischen wurden auch verstärkt Zweifel an dieser Konzeption angemeldet und verstärkt andere Inhaltsstoffe des Weizens (bspw. ATI und Fruktane) für die Probleme vieler Patienten verantwortlich gemacht.

 

Für die Gruppe der Reizdarmpatienten mit dem Hauptsymptom Durchfall kann die Annahme einer häufig vorliegenden Glutenunverträglichkeit aber als weitgehend bestätigt gelten. Eine glutenfreie Diät hilft nicht nur einem Großteil der von chronischem Durchfall betroffenen Menschen, sondern es ist auch ein Wirkmechanismus bekannt: Gluten verändert die Dünndarmtransitzeit und erhöht die Durchlässigkeit der Darmwand für große Proteine und Toxine!

 

Doch trotz dieser Erkenntnisse liegen, abgesehen von den gastrointestinalen Symptomen (Durchfall, Blähungen, Bauchschmerzen) bisher nur wenige Untersuchungen zu den möglichen Folgen vor. Carroccio und Kollegen zeigten nun in diesem Jahr, dass die Glutensensitivität häufig mit negativen Veränderungen der Knochendichte, einem niedrigen BMI und mehreren Nahrungsmittelunverträglichkeiten einhergeht.

 

Leider wurde nicht explizit auf die einzelnen Nahrungsmittelunverträglichkeiten eingegangen, aber vermutlich liegen diese im Bereich der FODMAPs (kurzkettige Kohlenhydrate im durch das Gluten geschädigten Dünndarm). Verdächtig sind auch die typischen Kreuzallergien der Zöliakie: Kaffee, Milch(-produkte) etc.

 

In einer anderen Studie untersuchten Guo und Kollegen den Zusammenhang zwischen Lifestyle, Diät und Reizdarm in Entwicklungsländern. Aus vorangegangenen Studien wissen wir nämlich, dass die Häufigkeit des Reizdarmsyndroms in Entwicklungsländern sprunghaft ansteigt und sich dem westlichen Niveau anpasst.

Die Forschergruppe verglich die Tagebücher von Reizdarm Patienten mit denen gesunder Kontrollpersonen und wertete die Angaben mit Hilfe statistischer Methoden aus.

Nach der Angleichung von Geschlecht und Alter stellten sich folgende Lifestyle- Faktoren als signifikante Prädiktoren (sozusagen Vorhersagehilfen) für das Reizdarmsyndrom in China heraus:

 

  • veränderte Mahlzeitenfrequenz mit Überessen und Fasten (bspw. nur sehr wenig Mahlzeiten über den Tag, bzw. auf Arbeit, gefolgt von einer sehr großen Mahlzeit spät abends)
  • physische Inaktivität (wenig Laufen, Radfahren, Sport)
  • hoher Obst- und Gemüsekonsum
  • viel verzehrte Hülsenfrüchte (Soja, Erdnüsse, Linsen, Bohnen)
  • guter und fester Schlaf

Diese Ergebnisse sind sehr interessant, weil man einige dieser Prädiktoren sehr wohl als Ursache oder

Folge des Reizdarms interpretieren kann. So kann das veränderte Essverhalten darauf zurückgeführt werden, dass die Betroffenen versuchen Symptome während bspw. der Arbeitszeit zu vermeiden. Abends ist natürlich großer Hunger dann vorprogrammiert. Ähnlich verhält es sich auch mit der Inaktiviät: Viele meiner Klienten meiden lange Fuß- oder Radwege, wie der Teufel das Weihwasser, aus Angst vor unschönen Überraschungen, sprich spontanem Durchfall.

Anders verhält es sich natürlich mit Obst, Gemüse und Hülsenfrüchten (allesamt FODMAP- Lieferanten erster Güte). Diese diätetischen Faktoren können sehr wohl zur Entstehung und Manifestierung eines RDS führen.

 

Ein tiefer und qualitativer Schlaf war der Prädiktor mit der geringsten Aussagekraft, ABER die nächtliche Symptomfreiheit unterscheidet den Reizdarm u.a. von den chronisch entzündlichen Darmerkrankungen.