Deine SCD-Diät muss streng sein! (Oder: Elaine hatte wieder einmal recht ...)

Vor zirka 12 Jahren erlebte ich durch die Praktizierung einer strikten Version der Speziellen Kohlenhydratdiät (SCD) meine allererste wundersame Remission von meinen zuvor über ein Jahrzehnt tobenden Bauchkrämpfen und täglichen Durchfällen. Ich werde diesen Sommer nie mehr vergessen. Innerhalb nur weniger Wochen konnte ich endlich wieder mit Freunden ausgehen, durch mein geliebtes Sandstein-Gebirge wandern und die Freuden des Lebens endlich wieder einmal richtig genießen. Noch heute liegt mir der Duft der Freiheit in der Nase, wenn ich an meine damaligen Streifzüge zurückdenke. Mit beinahe kindlicher Neugier entdeckte ich den Reiz vieler, zu lange von mir vernachlässigter, Aktivitäten ganz neu.

 

Ganz besonders für diesen wunderschönen und faszinierenden Sommer, aber natürlich auch für die folgenden Jahre, werde ich Dr. Sidney Haas und Elaine Gottschall, den beiden Begründern der SCD, für immer dankbar sein! Außerdem möchte ich versuchen, ihre Botschaft auf den mir zur Verfügung stehenden Wegen unter die Betroffenengemeinschaft der Menschen mit chronischen Darmerkrankungen zu bringen: Die Spezielle Kohlenhydratdiät kann wahre Wunder wirken. 

 

SCD lindert Entzündungen und fördert eine gesunde Darmflora

Für viele Jahrzehnte wurden die vielen individuellen Erfolgsberichte von Patienten mit Morbus Crohn, Colitis ulcerosa oder dem Reizdarmsyndrom, welche die SCD auf eigene Faust ausprobiert hatten, von den Forschern und behandelnden Ärzten eher belächelt. Letztere sahen die beschriebenen "Wunderheilungen" eher durch einen Plazeboeffekt vermittelt oder taten diese als grobe Übertreibungen ab. Andere wetterten sogar gegen eine "gefährliche" Ernährungsumstellung, welche Patienten in Sicherheit wiege, unnötig einschränkend wäre und sogar zu Mengelerscheinungen führen könne. Heute wissen wir: Nichts davon ist wahr!

 

Dass damals noch keine wissenschaftlichen Beweise für die Wirksamkeit und Sicherheit der SCD Diät vorlagen lag nicht etwa an dem Umstand, dass diese nicht existierten, sondern lediglich daran, dass sich die Wissenschaftler bis dahin einfach nicht die Mühe gemacht hatten, diese nachzuweisen ... 

 

Zum Glück für uns Patienten hat sich diese sträfliche Nichtbeachtung der so erfolgreichen Ernährungstherapie in den letzten Jahren in ihr Gegenteil verkehrt. 

 

So gelang es beispielsweise einer Gruppe von nordamerikanischen Wissenschaftler zu zeigen, dass nur wenige Wochen mit der Speziellen Kohlenhydratdiät genügen, um Patienten mit aktiver chronisch-entzündlicher Darmerkrankung zuverlässig in die Remission zu führen. Die Diät verminderte signifikant den Aktivitätsindex der Patienten, führte zu starken klinischen Verbesserungen der Symptome und reduzierte auch Entzündungsparameter wie das C-reaktive Protein (CRP) oder das Calprotectin. Noch beeindruckender: Der SCD gelang es, die zuvor bei allen Teilnehmern vorhandene Dysbiose der Darmflora günstig zu beeinflussen. Sie etablierte ein weniger entzündliches Darmmilieu und erhöhte auch die wichtigste bekannte Variable für ein gesundes Mikrobiom: die Biodiversiät oder auf deutsch Artenvielfalt der Darmbakterien (Suskind et al.,2018). 

 

Und auch für das Reizdarmsyndrom existieren imposante wissenschaftliche Fallstudien, welche eine mögliche Remission der Beschwerden über einen Zeitraum von einem halben Jahr nahelegen. So verbesserten sich durch eine Intervention mit der SCD zahlreiche Symptome einer Reizdarmbetroffenen signifikant, darunter Durchfall, Blähungen, drängender Stuhlgang und anhaltende Erschöpfung bzw. Müdigkeit. Die Patientin, welche zuvor anhand validierter Scores als "schwerer Fall" eingeschätzt worden war, unterschritt nach sechs Monaten sogar die Grenze für die "milde Form" des Reizdarmsyndroms (O Dwyer, 2015). Sie hatte eine Remission oder Heilung erkämpft.

 

Tabelle schlüsselt die Ergebnisse einer Studie mit der SCD auf: 80% der Patienten erreichten eine klinische Remission ihrer Darmbeschwerden.
SCD Diät reduziert signifikant Krankheitsindizes und Entzündungsparameter bei chronischen Darmerkrankungen.
Graphische Darstellung des verbesserten Shannon-Indexes durch die Spezielle Kohlenhydratdiät SCD. Einer Variable für eine gesündere Darmflora.
Die Spezielle Kohlenhydratdiät schafft eine gesündere, weniger entzündliche Darmflora und erhöht deutlich den Artenreichtum des Mikrobioms. Entnommen aus Suskind et al. (2018).

Wenn, dann richtig! Keine halben Sachen mit der SCD.

Bereits zu Elaines Lebzeiten gab es viele Versuche von Anwendern und Therapeuten, die SCD in irgendeiner Art zu liberalisieren. Waren die Erfolge mit der Diät nicht doch lediglich auf den Verzicht auf künstliche Zusatzsstoffe, Zucker oder Weißmehl zurückzuführen? Könnte eine ausgewogene ballaststoffreiche Kost, wie sie etwa die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt, nicht ganz ähnliche klinische Fortschritte produzieren? 

 

Irgendwie scheint diese Suche nach möglichst geringen Unannehmlichkeiten tief in unserem menschlichen Wesen verankert zu sein. Anstatt zu akzeptieren, dass die SCD in ihrer ursprünglichen (strengen) Form viele tausend Betroffene aus ihrer Knechtschaft durch die chronische Darmerkrankung geführt hat, versuchen einige Patienten die Diät so lange zu modifizieren, bis sie eher zu ihren persönlichen Bedürfnissen passt. Aber ist sie dann eigentlich noch wirksam? 

 

Der Hauptautor der zuvor zitierten Arbeit, Dr. David Suskind, stellte sich mit seinen Mitarbeitern auch dieser spannenden Frage. 18 jugendliche Patienten mit aktivem Morbus Crohn wurden per Zufall einer Form der Speziellen Kohlenhydratdiät oder aber einer "whole food diet" (WFD) zugeordnet. Letztere verzichtete auf Zucker, Laktose, Weißmehl, künstliche Zusatzstoffe und verarbeitete Lebensmittel. Klingt nach einer supergesunden Kost, oder? 

 

Doch hier kommt der Clou: Obwohl alle Teilnehmer nach 12 Wochen eine klinische Remission erreichten, gelang es nur den SCD-Gruppen ihre Entzündungsparameter und die Blutsenkungsgeschwindigkeit signifikant zu reduzieren. Die Anwender erschufen eine gesündere Darmflora und verbesserten ihre Biodiversität. Dies führte wiederum zu einem antientzündlichen Milieu und der vermehrten Produktion gesundheitsfördernder kurzkettiger Fettsäuren im Darm (Suskind et al.,2020).

 

Die Schlussfolgerung der beteiligten Wissenschaftler:

 

Diese Studie unterstreicht den Einfluss der Ernährung auf den Morbus Crohn. Obwohl alle Diäten einen positiven Einfluss auf die Symptome und die Entzündungslast hatten, waren die strikteren Versionen mit einer besseren Auflösung des entzündlichen Geschehens assoziiert.

 

Also tu dir bitte einen Gefallen: Wenn du der Speziellen Kohlenhydratdiät wirklich eine faire Chance geben möchtest, dann halte dich bitte an Elaines Vorgaben und ziehe die Diät so konsequent für mindestens ein halbes Jahr durch. Niemand bezweifelt, dass jede Verbesserung deines Ernährungsverhaltens, egal ob mediterrane Kost oder WFD, zu einer Verbesserung deiner Darmgesundheit führen wird. Aber zum Wunder wirken, braucht es schon noch etwas mehr! 

 

In diesem Sinne: Lass dir deinen SCD-Blaubeerjoghurt schmecken! 

 

Grafische Darstellung der Verminderung des CRP-Wertes durch die Spezielle Kohlenhydratdiät bei Patienten mit Morbus Crohn.
SCD reduziert Entzündungen im Darm deutlich besser als "nur" gesunde Ernährung allein und bringt Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen verlässlich in eine Remission. Entnommen aus Suskind et al. (2020)

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