SCD Diät Erfahrungen: Auch strukturelle Heilung chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen ohne Medikamente möglich!

Meine eigenen positiven Erfahrungen mit der SCD Diät prägen bis heute meine Arbeit als Gesundheitsjournalist und Blogger, denn die Spezielle Kohlenhydrat Diät, kurz SCD, war nach über zehn Jahren täglicher Durchfälle, Bauchkrämpfe, Übelkeit und Erschöpfung die erste Therapie, welche wirklich funktionierte. Sie ermöglichte mir damals nicht nur eine unbeschwerte und schöne Hochzeitsfeier, sondern sorgte auch dafür, dass ich endlich wieder in meinen geliebten Sandsteinfelsen unterwegs sein oder mit meiner kleinen Tochter die Spielplätze der Stadt unsicher machen konnte. Herausforderungen, an denen zuvor Mesalazin, Kortisonpräparate, aber auch Akupunktur und Homöopathie gescheitert waren.

Meine Ärzte und viele Bekannte rieben sich damals verwundert die Augen: Eine solche Transformation, hervorgerufen einzig durch den Verzehr von Bananenpfannkuchen, Spinatlachs und selbst-fermentiertem Heidelbeerjoghurt? Und dies auch noch in nur knapp zwei Monaten? Das musste wohl der vielbeschworene Plazeboeffekt sein, von dem immer alle sprechen ... Doch seltsamerweise teilten tausende Menschen rund um den Erdball meine Erfahrungen mit der SCD Diät. Gerade am Anfang dieses Abenteuers motivierte es mich unheimlich, mir deren Erfolgsgeschichten in den einschlägigen Foren durchzulesen oder ihren Podcasts zu lauschen, um mir wertvolle Tricks und Kniffe für den SCD-Alltag anzueignen.

 

Inzwischen, fast 15 Jahre später, habe ich meine ganz eigene Erfolgsgeschichte geschrieben und bin dabei der Speziellen Kohlenhydrat Diät (mit einigen Personalisierungen) im Großen und Ganzen immer treu geblieben. Und obwohl heute zahlreiche klinische Studien die positiven Effekte der SCD bei Morbus Crohn, Colitis ulcerosa und auch dem Reizdarmsyndrom belegen (siehe bspw. Britto & Kellermayer,2020Lewis et al.,2021Suskind et al.,2020), sind es doch fast ausschließlich jene individuellen Erfa<hrungen mit der SCD Diät, die meine Leserinnen und Zuschauer faszinieren und zu einem Selbstversuch bewegen.

 


Inhaltsverzeichnis

SCD Diät Erfahrungen I: Colitis in Remission, Reizdarm geheilt

So wie etwa die 73jährige Frau mit Colitis ulcerosa, deren Beschwerden - blutige Durchfälle, Bauchschmerzen, Erschöpfung und starker Gewichtsverlust - trotz konventioneller medikamentöser Behandlung durch ihre Ärzte immer weiter zunahmen, so dass ihr nur noch die SCD als Notlösung empfohlen werden konnte. Nach drei Monaten mit der Diät spürte sie erste Verbesserungen. Die Toilettenbesuche wurden seltener und die Konsistenz des Stuhlgangs wurde fester. Nach sechs Monaten SCD-Praxis hatte die Frau keine Bauchschmerzen mehr und ihre Energie hatte deutlich zugenommen, so dass sie trotz ihres Alters in ihren Beruf als Ärztin zurückkehrte! 24 Monate später dokumentierten ihre Gastroenterologen via Endoskopie und Histologie eine vollständige Remission der Colitis durch die Spezielle Kohlenhydrat Diät (Khandalavala & Nirmalraj,2015).  

 

Oder auch die Erfolgsgeschichte der jungen Frau mit einem schweren Reizdarmsyndrom vom Durchfalltyp. Aus Angst vor den heftigen Bauchkrämpfen und spontanen Durchfällen, traute sie sich nicht mehr, das Haus zu verlassen. Doch bereits nach knapp drei Wochen mit der Speziellen Kohlenhydrat Diät ging es ihr schon deutlich besser. Innerhalb von einem halben Jahr verminderte sich der Schweregrad ihres Reizdarms sogar von 315 (=schwer ausgeprägtes Reizdarmsyndrom) auf 15 Punkte (=kein Reizdarm). Der Reizdarm war geheilt (O Dwyer & Darville,2015). Zu den hochsignifikant verbesserten Beschwerden zählten:

  • Blähungen
  • Bauchschmerzen
  • Flatulenz
  • Durchfall
  • heftiger Stuhldrang 
  • Stuhlfrequenz
  • Stuhlkonsistenz
  • Gefühl der unvollständigen Darmentleerung
  • Darmgeräusche

Klingt doch schon recht vielversprechend, oder? Und da diese Fallbeispiele ausführlich von Ärzten dokumentiert und mittels Laboruntersuchungen und validierten Fragebögen begleitet wurden, ist die Gefahr der subjektiven Verzerrung deutlich geringer. 

Dennoch möchte ich dir heute noch ein weiteres, ganz besonderes Schmankerl aus der Forschungsliteratur präsentieren. Dieses demonstriert nämlich noch einmal eindrücklich, dass die SCD Diät nicht "nur" die Beschwerden kontrolliert, sondern tatsächlich eine strukturelle Heilung im Gewebe anstößt! 

 

Doch bevor wir auch tiefer in diesen faszinierenden Fall einsteigen, folgt für Dich als neuer Leser erst einmal die obligatorische Vorstellung der Speziellen Kohlenhydrat Diät inklusive einiger wichtiger Ressourcen. Als "alter Hase" kannst du den nächsten Abschnitt aber getrost überspringen!

 

Was ist die Spezielle Kohlenhydrat Diät und warum funktioniert sie?

Bild: SCD Diät Erfahrungen - Ernährungstherapie muss nicht immer fad schmecken. Rindersteak mit grünem Spargel und buntem Gemüse.
Hunderte Erfahrungen mit der SCD Diät bestätigen deren lindernde Wirkung bei entzündlichen Darmerkrankungen, Reizdarm und anderen Verdauungsbeschwerden. Den Kern der Diät bilden naturbelassene und reizarme Lebensmittel, die ein gesundes Mikrobiom fördern.

Die Väter und Mütter der SCD Diät

Die Spezielle Kohlenhydrat Diät ist eine vor über 100 Jahren von dem Kinderarzt Dr. Sidney Haas kreierte Ernährungstherapie zur Behandlung der Zöliakie (Haas & Haas,1955). Die auslösende Rolle des Proteinkomplexes Gluten war zu diesem Zeitpunkt noch unbekannt und Dr. Haas erzielte mit seiner Diät bahnbrechende Erfolge bei der Therapie erkrankter Kinder (Bitte bedenke, dass noch in den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts ein Drittel der Zöliakie-Betroffenen an den Folgen der Erkrankung verstarb).

Als später Gluten als Bösewicht identifiziert wurde, verlor die SCD aber nicht an Bedeutung: Dr. Haas merkte, dass er ein mächtiges Werkzeug geschmiedet hatte, als zuerst therapieresistente Kinder mit Zöliakie, die nicht oder nicht in ausreichendem Maße auf eine glutenfreie Kost angesprochen hatten und später Patienten mit Morbus Crohn und Colitis ulcerosa durch das Befolgen der SCD Diät symptomfrei wurden. 

 

Aber erst eine schicksalhafte Begegnung sollte der SCD zu ihrer heutigen Popularität verhelfen. Elaine Gottschall suchte den Rat von Dr. Haas, nachdem ihre Tochter schwer an Colitis ulcerosa erkrankt war und alle Experten nur noch Operationen als möglichen Ausweg empfahlen, da alle anderen Therapieoptionen erfolglos geblieben waren. Nach nur zwei Jahren mit der Speziellen Kohlenhydrat Diät wurde ihre Tochter wieder vollständig beschwerdefrei. Elaine Gottschall absolvierte daraufhin ein Studium der Biochemie und arbeitete an Hypothesen, wie genau die SCD verschiedene Darmerkrankungen positiv beeinflussen kann. Viele der in ihrem Buch "Breaking the vicious Cycle" (1996) niedergeschriebenen Theorien können heute als bestätigt angesehen werden (s.u.). Dr. Sidney Haas und Elaine Gottschall, MSc legten damit den Grundstein für aktuell populäre Konzepte wie die FODMAP-Diät (Fermentation schwer verdaulicher Kohlenhydrate) oder die Dünndarmfehlbesiedlung (Dysbiose der Darmflora des Dünndarms und Fermentation verschiedener Kohlenhydrate). 

 

Ein weiterer Name, der immer wieder im Zusammenhang mit der SCD genannt wird, ist Dr. David Suskind. Dr. Suskind ist Professor für Kinderheilkunde und Direktor der klinischen Gastroenterologie am Kinderkrankenhaus in Seattle mit dem Schwerpunkt chronisch-entzündliche Darmerkrankungen. Seit spätestens 2014 (Suskind et al.,2014) ist er maßgeblich an der klinischen Forschung zu den Wirkungen der Speziellen Kohlenhydrat Diät beteiligt und publizierte dazu auch ein Buch. Wie du in Kürze sehen wirst, begegnet uns sein Name immer wieder, wenn es um die wissenschaftliche Evidenz hinter den SCD-Hypothesen geht. 

 

Und da von einigen besonders ignoranten Gastroenterologen immer noch zu hören ist, Elaine Gottschalls Tochter, Judy, sei (je nach Auslegung) nie wirklich gesund geworden oder habe nie an einer Colitis gelitten, hier ein Interview mit ihr - viele Jahrzehnte in Remission ohne Medikamente und mit über 50 Jahren SCD Diät Erfahrungen!  

Die SCD Diät: Eine Kurzvorstellung

Sollte dir die SCD Diät noch vollständig unbekannt sein, dann kannst du dir darunter am ehesten eine Tante der heute viel gehypten Paleo Diät vorstellen, denn beide Ernährungsformen haben große Schnittmengen und nur marginale Unterschiede. 

 

Die Grundlage der Speziellen Kohlenhydrat Diät bilden naturbelassene und reizarme Lebensmittel: 

  • Fleisch
  • Fisch
  • Eier
  • Gemüse (außer besonders stärkehaltige)
  • Früchte
  • Honig
  • Nüsse
  • Kräuter
  • Pilze
  • tierische und pflanzliche Fette (Butter, Olivenöl etc.)

Sicherlich wird dir sofort auffallen, dass in dieser Aufzählung die heute obligatorischen Getreide und Pseudogetreide sowie Teig- und Backwaren fehlen. Während die SCD deren Abstinenz durch die besondere Struktur der in diesen enthaltenen Kohlenhydrate begründet, bemüht die Paleoernährung deren spätes Auftreten in der menschlichen Evolution - Getreideprodukte werden von Menschen erst seit ca. 10.000 Jahren konsumiert, während Fleisch und Früchte bereits seit über drei Millionen Jahren auf unserem Speiseplan stehen (siehe bspw. Andrews & Johnson,2020). Aus letzterem Spannungsverhältnis resultiert eine fehlende Anpassung des menschlichen Organismus an Getreide wie Weizen, Roggen, Mais, Hafer usw. sowie an Pseudogetreide wie Buchweizen, Quinoa und Co.

Bevor wir im folgenden Abschnitt noch genauer auf die Hypothesen und Konzepte hinter der SCD eingehen werden, möchte ich an dieser Stelle noch einmal unmissverständlich herausstreichen, dass sich beide Hypothesen keinesfalls widersprechen müssen, sondern vielmehr ergänzen: Unser Verdauungstrakt könnte also durchaus ein Problem mit der Struktur von Zwei- und Mehrfachzuckern (komplexen Kohlenhydraten) haben, weil er sich - etwa im Gegensatz zu den Einfachzuckern in Früchten und Honig - noch nicht evolutionär an deren Spaltung und Verwertung anpassen konnte. 

 

Doch neben dieser doch imposanten Schnittmenge, die noch um den Verzicht auf Zucker und die meisten künstlichen Zusatzstoffe (Farb-, Geschmacks- und Konservierungsstoffe) erweitert werden kann, gibt es auch einige (kleinere) Unterschiede zwischen Paleo und SCD. Während Paleo die Evolutionshypothese auch auf Milchprodukte und Hülsenfrüchte anwendet, sind diese aufgrund der in ihnen vorzufindenden Kohlenhydrate bei der Speziellen Kohlenhydrat Diät mitunter erlaubt oder sogar empfohlen:

  • laktosefreie Milchprodukte in Maßen: Hartkäse
  • täglich: 24h selbst fermentierter SCD-Joghurt (wegen probiotischer Wirkung)
  • bestimmte Hülsenfrüchte: Linsen, Erbsen usw. (erst nach Abklingen aller Symptome)
  • im Gegensatz zu einigen Paleo-Protokollen sind Kartoffeln, Süßkartoffeln und ähnliche Knollen untersagt

Bei einer grundlegenden Beschreibung der SCD sollte außerdem nicht unerwähnt bleiben, dass sich über die Jahre mehrere Phasenkonzepte der Ernährungstherapie entwickelt haben. Dies begann bereits mit Dr. Haas, der seine Patienten so lange mit Fleisch, Fisch, Proteinmilch und Bananen behandelte, bis diese keinen Durchfall mehr zeigten. Erst danach durften probeweise Eier hinzugefügt und weitere Früchte ausprobiert werden. Elaine Gottschall und einige andere ergänzten diese Regeln um Einführungszeitpunkte für Nüsse, Hülsenfrüchte usw. Die individuellen Phasen richten sich hierbei nach dem Verdauungsaufwand. So sollten etwa Hülsenfrüchte wie Linsen erst verzehrt werden, wenn alle Beschwerden für mindestens sechs Monate verschwunden waren!

 

Möchtest du dir eine noch genauere Übersicht verschaffen, was du bei der SCD Diät essen darfst und was nicht, kannst du dir gern meine SCD Lebensmittelliste anschauen. Ansonsten schauen wir uns als nächstes an, warum genau die SCD so gut funktioniert. 

 

Die Theorie und die Evidenz: Warum funktioniert die SCD Diät?

Da es sich hier lediglich um eine kurze Vorstellung der SCD Diät handeln soll, bevor wir einen weiteren Erfahrungsbericht besprechen wollen, werde ich die zentralen Wirkmechanismen der Diät im Folgenden nur kurz anreißen und mit einer wissenschaftlichen Quelle versehen. Möchtest du gern mehr über die theoretischen Hintergründe und das Wirkprinzip der Speziellen Kohlenhydrat Diät erfahren, dann solltest du dir meinen ausführlichen Artikel "10 Gründe, warum die SCD Diät auch dir helfen wird" durchlesen. 

 

Eine der wichtigsten theoretischen Annahmen hinter der SCD ist, dass komplexe Kohlenhydrate (Zwei- und Mehrfachzucker) nicht in ausreichendem Maße verstoffwechselt werden können. Sie passieren den eigentlich für die Aufspaltung und Verwertung der Makronährstoffe zuständigen Dünndarm und gelangen schließlich in den Dickdarm, den Sitz des größten Teiles deiner Darmflora. Hier warten gierige Mikroorganismen (Bakterien, Bakteriophagen, Archaeen, Pilze etc.), in ihrer Gesamtheit als Darmflora oder gastrointestinales Mikrobiom bezeichnet und stürzen sich auf das Überangebot an Futter. Dieses Festmahl für deine Darmflora hat zwei Konsequenzen: Es stört das Gleichgewicht in deinem Darm, indem es gram-negative Bakterien fördert, die sich auf die Verwertung von Kohlenhydraten spezialisiert haben - viele von ihnen sind mit verschiedensten Krankheiten verbunden. Probiotische Mikroorganismen, welche die Gesundheit des Darmes, aber auch des gesamten Organismus günstig beeinflussen, werden in die Defensive gedrängt. Es entsteht eine so genannte Dysbiose oder Fehlbesiedlung des Darms. Letztere ist sowohl bei den chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen als auch dem Reizdarmsyndrom gut belegt und wird von vielen Forschern als Hauptursache der Erkrankungen angesehen (Kim et al.,2023Lal et al.,2022; Ni et al.,2017). 

 

Die Idee hinter der SCD Diät war es deshalb, den gefräßigen Mikroorganismen das überschüssige Futter zu entziehen (Verzicht auf Zucker und komplexe Kohlenhydrate). Bakterien und Co. müssen sich also wieder (wie gedacht) um die Reste der menschlichen Verdauung balgen und es entsteht ein kompetitives und gesundes Mikrobiom im Gleichgewicht. So weit die Theorie. Doch hält diese Annahme dem Praxistest stand? Kann die SCD tatsächlich eine einmal bestehende Dysbiose beheben? 

Ja, sie kann! 

Mehrere Fallstudien belegen, dass die Spezielle Kohlenhydrat Diät die Artenvielfalt und das Gleichgewicht der Darmflora von Patienten mit chronischen Darmerkrankungen so beeinflussen kann, dass diese wieder mit dem Darmmilieu gesunder Kontrollpersonen vergleichbar ist (s. bspw. Dubrovski & Kitts,2018). Die Arbeitsgruppe um Professor Suskind wies sogar in randomisierten und kontrollierten Versuchen nach, dass die SCD das Mikrobiom günstig beeinflusst und Entzündungen lindert (Suskind et al.,2020). Diese Ergebnisse sind umso bemerkenswerter wenn man bedenkt, dass immer noch häufig behauptet wird, eine proteinreiche und fetthaltige Ernährung sei problematisch für die Darmflora. In diesen und vielen anderen Studien zeigte sich jedoch das genaue Gegenteil! 

 

Grafische Darstellung der Modifikation der Darmflora durch die Spezielle Kohlenhydrat Diät. Dokuemntiert wurde u.a. eine Reduktion der Clostridien und ein Anwachsen probiotischer Bifidobakterien.
Abb1. Die SCD Diät behob eine bestehende Dysbiose der Darmflora mitunter in nur zwei Wochen. Quelle: Suskind et al.,2018.

Durch unsere westliche Ernährung voller Zucker, Getreideprodukte und künstlicher Zusatzstoffe gelangen zu viele problematische Nahrungsbestandteile in unseren Dickdarm (Gibson & Shepherd,2005). Kein Wunder also, dass unsere Ernährungsweise die oben beschriebenen Dysbiosen oder Fehlbesiedlungen der Darmflora begünstigt und dadurch letztlich das Risiko für chronische Darmerkrankungen erhöht. Laut dem japanischen Spezialisten für chronisch-entzündliche Darmerkrankungen Professor Dr. Mitsuro Chiba ist die westliche Ernährungsweise der wichtigste externe Faktor bei der Entstehung und Aufrechterhaltung von Morbus Crohn und Colitis ulcerosa (Chiba et al.,2019). 

 

Weiter oben hatte ich bemerkt, dass das Festmahl für die Mikroben in deinem Darm zwei Konsequenzen hat. Neben der Modifikation deiner individuellen Darmflora, verändert sich nämlich auch dein Metabolom - also die Zwischen- und Endprodukte des Stoffwechsels in deinem Darm. So werden durch die nun dominanten Mikroorganismen verstärkt Fermentationsgase, aber auch proentzündliche Zytokine produziert. Dein Darmgewebe antwortet wiederum mit immunologischen Reaktionen und der veränderten Freisetzung von Gewebshormonen. Kein Wunder also, dass in deinem Darm ein riesiges Chaos herrscht. 

 

Die beiden wichtigsten Konsequenzen der metabolischen Veränderungen sind Entzündungen des Darmgewebes (Andersson,2023Butto & Haller,2016) und eine überdurchlässige Darmbarriere, im öffentlichen Diskurs häufig als Leaky Gut Syndrom bezeichnet (u.a. Stolfi et al.,2022). Beide Faktoren sind bedeutende Charakteristika sowohl des Reizdarmsyndroms als auch der chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen. Und die SCD Diät hat auf beide Faktoren einen äußerst positiven Einfluss! 

Die Spezielle Kohlenhydrat Diät nimmt also Einfluss auf die Hauptursache deiner Erkrankung (gastrointestinale Dysbiose) und wirkt sich außerdem gleichzeitig auf zwei der prominentesten Krankheitsmechanismen - Entzündungen und Leaky Gut -  aus! 

 

Du möchtest einen Versuch mit der SCD starten? Meine Empfehlungen.

Hinweis: Bei der GAPS-Diät handelt es sich um einen Abkömmling der Speziellen Kohlenhydrat Diät. Du kannst die wirklich wundervollen GAPS Kochbücher also problemlos für Rezeptideen, Fermentationsanleitungen etc. benutzen. Auch das Autoimmun-Paleo-Protokoll hält einige schöne Anregungen für die SCD bereit. 

In der folgenden Liste stelle ich dir allerdings nur die besten Bücher in deutscher Sprache vor. Der englischsprachige Markt bietet noch einige mehr.


Noch ein Wort zu dem originären Buch zur Speziellen Kohlenhydrat Diät: Der TRIAS Verlag hat sich dagegen entschieden, die deutsche Übersetzung neu aufzulegen. Sie wird aber ab und an zu einem vertretbaren Preis gebraucht angeboten. Wer des Englischen mächtig ist, sollte aber unbedingt zum Original greifen. 


SCD Diät Erfahrungen II: Kreislauf aus immer mehr Medikamenten und Operationen durchbrochen bei Morbus Crohn

Oder der Erfahrungsbericht jenes 54jährigen Mannes mit Morbus Crohn, der seit seinem 35. Lebensjahr in einem Teufelskreis aus eskalierender Medikation, Besuchen in der Notfallaufnahme, bedrohlichem Gewichtsverlust und Operationen am Verdauungstrakt gefangen war. Nach einem weiteren heftigen Schub und der erneuten Entfernung eines Darmabschnittes, zeigten sich weiterhin starke Entzündungen und auch Fibrostenosierungen. Obwohl die Ärzte ihm den Wirkstoff Ustekinumab empfahlen, entschied er sich auf eigene Faust für die SCD Diät. 

Bereits nach 10 Tagen SCD berichtete er eine deutliche Reduktion seiner Schmerzen, wenige Wochen später eine Verringerung der Toilettengänge und Verbesserung der Stuhlform. Drei Monate nach Beginn der Ernährungstherapie gab er an, keinerlei Gelenkschmerzen mehr zu haben, ein bis zwei geformte Stuhlgänge pro Tag abzusetzen und deutlich mehr Energie, Appetit und guten Schlaf zu haben. Weitere drei Monate später setzte er auch seine letzten verbliebenen Medikamente ab und war zum ersten Mal seit 15 Jahren medikamentenfrei!  

 

Doch Körpergefühl ist die eine Seite, harte Daten und Fakten die andere. Zum Glück für uns wurde dieser Patient engmaschig durch die Wissenschaftler begleitet: Im Laufe der Ernährungstherapie normalisierten sich die relevanten Entzündungsmarker CRP und Calprotectin, aber auch proentzündliche Zytokine wie das Interleukin 6 oder der Tumor Nekrose Faktor alpha (Arjomand & Suskind,2022). 

Während die Endoskopie bei Aufnahme Rötungen, Entzündungen, Ulzerationen, Ödeme, Verengungen etc. dokumentiert hatte, zeigte diese nach 12 Wochen SCD eine normale Darmschleimhaut. Das MRT-Verfahren zeigte außerdem eine deutliche Verminderung der Fibrosen. 

Bild: Grafische Darstellung der Reduktion der Entzündungsaktivität durch die SCD Diät im Zeitverlauf. Dargestellt werden CRP und fäkales Calprotectin.
Abb2. Eine besonders beeindruckende Erfahrung mit der SCD Diät: Normalisierung der Entzündungsmarker bei Morbus Crohn. Quelle: Arjomand & Suskind,2022.

SCD senkt Krankheitskosten um über 90%!

Ein genialer Nebenbefund der zuletzt vorgestellten Studie ist eine Analyse der krankheitsbezogenen ökonomischen Kosten vor und während der Speziellen Kohlenhydrat Diät. Während die Kosten für Patient und Versicherung vor der SCD rund 43.000 Dollar pro Jahr betrugen, waren es im ersten Jahr nach Diätbeginn nur noch knapp unter 3.000 Dollar! 

Die Bedeutung dieses Befundes kann kaum hoch genug geschätzt werden, wenn wir bedenken, welche enormen Kosten Patienten mit chronischen Darmerkrankungen den nationalen Gesundheitssystemen (und damit letztendlich den Bürgern) verursachen. 

 

SCD Erfahrungsberichte III: Nicht nur klinische, sondern endoskopische, radiographische und histolische Remission

Oder die revolutionäre Geschichte jenes 8jährigen Mädchens, bei dem ein Morbus Crohn mit Fistel- und Abszessbildung diagnostiziert wurde. Seine Entzündungswerte waren hoch (Calprotectin: 950, CRP:  >10) und die Endoskopie bzw. die MRT-Diagnostik belegten die Darmentzündung und eine weitere Fistel. Aufgrund dieses vorliegenden penetrierenden Phänotyps der chonisch-entzündlichen Darmerkrankung empfahlen die behandelnden Ärzte die Einnahme von Infliximab. 

 

Doch die Familie entschied sich gegen die Medikation des Antikörpers, der mit zahlreichen Nebenwirkungen daherkommt und übermäßig häufig zu einem anaphylaktischen Schock führen kann. Die junge Patientin startete die SCD und hielt sich strikt an die Regeln der Ernährungstherapie. Innerhalb von acht Wochen reduzierte sich ihr fäkales Calprotectin um Zweidrittel und ihr CRP-Wert sank in den Referenzbereich. Einen weiteren Monat später normalisierte sich auch das Calprotectin vollständig und ihre Bauchschmerzen verschwanden. Nach einem Jahr mit der SCD Ernährung zeigte das Mädchen eine alterstypische Gewichtszunahme und war asymptomatisch. Auch heute noch folgt sie einer strengen SCD Diät. 

 

Vielleicht hältst du diesen Fall zu diesem Zeitpunkt der Darstellung für nicht ganz so beeindruckend wie etwa den vorherigen, oder jenen der 73jährigen Ärztin. Hatte ich nicht sogar etwas von "revolutionär" geschrieben? 

Es sind zwei Faktoren, die diesen Fallbericht in meinen Augen so besonders machen:

  1. Das Mädchen hatte weder zuvor Medikamente konsumiert, noch nahm sie zusätzlich zur SCD Arzneimittel ein. Die Spezielle Kohlenhydrat Diät war in diesem Fall eine Monotherapie
  2. Neben den klinischen und laborchemischen Verbesserungen führte die SCD nachweislich auch zur strukturellen Remission des Morbus Crohn und der perianalen Fistel

Zu letzterem Punkt: Diese strukturelle Remission wurde durch radiographische, endoskopische und histologische (Biopsien) Verfahren belegt (Simon et al.,2023). Damit handelt es sich um eine der ersten Falldokumentationen, die belegen kann, dass die SCD Diät auch als Monotherapie, ohne den Einsatz von Medikamenten, zu einer vollständigen klinischen und strukturellen Remission von chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen führen kann! 

Das ist ein enorm wichtiger Schritt, da praktizierende Ärzte große SCD-Fallserien mit positiven Ergebnissen (wie etwa die von Kakodkar et al.,2015) regelmäßig dafür kritisieren, dass diese lediglich klinische Aspekte (Symptome, Lebensqualität) und evtl. noch biochemische Daten wie Entzündungsmarker erfassten. Dass die SCD aber sehr wohl auch endoskopische und histologische Remissionen erzeugen kann, hast du jetzt in mehreren Beispielen gesehen. 

 

Solltest DU der SCD eine Chance geben?

Das ist natürlich eine sehr individuelle Entscheidung. Eine Anmerkung möchte ich mir dazu aber dennoch erlauben. Vermutlich hast du beim Lesen dieses Artikels einige Dinge über die Möglichkeiten mit der SCD Diät gelernt, die dir bislang unbekannt waren. So kann die Ernährungstherapie nicht nur die Symptome von Crohn, Colitis, therapieresistenter Zöliakie und Reizdarmsyndrom lindern, sondern auch strukturelle Remissionen oder eben Heilung anstoßen (auch wenn Ärzte und Wissenschaftler lieber Fußnägel erbrechen würden, als diesen geschmähten Begriff in den Mund zu nehmen). 

Doch wir können noch etwas anderes aus den klinischen Studien, aber vor allem auch den Falldokumentationen lernen: Die SCD Diät und eine gute und engmaschige medizinische Betreuung müssen sich nicht ausschließen! Die Entscheidung verläuft nicht zwischen Infliximab in einer spezialisierten Klinik und einer Hokuspokus-Diät vom Heilpraktiker um die Ecke. Die Evidenz zeigt, dass die SCD längst im schulmedizinischen Alltag angekommen ist. Je komplexer deine persönliche Erkrankung ist, desto engmaschiger solltest du dich von einem erfahrenen Experten begleiten lassen. Bitte gehe einen sicheren und verantwortungsvollen Weg!

 

Ich wünsche dir von ganzem Herzen, dass auch du deine SCD-Erfolgsgeschichte schreiben wirst!

In Verbundenheit, dein Thomas

 

Dir hat der Artikel gefallen oder gar Ideen für deine Therapie gegeben?

Dann würde ich mich sehr darüber freuen, wenn du meine für Patienten völlig kostenfreie Arbeit mit anderen Betroffenen, deren Angehörigen und Therapeuten teilst. Lieben Dank dafür!


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Abbildungsverzeichnis

Abb1

Suskind DL, Cohen SA, Brittnacher MJ, Wahbeh G, Lee D, Shaffer ML, Braly K, Hayden HS, Klein J, Gold B, Giefer M, Stallworth A, Miller SI. Clinical and Fecal Microbial Changes With Diet Therapy in Active Inflammatory Bowel Disease. J Clin Gastroenterol. 2018 Feb;52(2):155-163. doi: 10.1097/MCG.0000000000000772. PMID: 28030510; PMCID: PMC5484760.

 

Abb2

Arjomand A, Suskind DL. Clinical and Histologic Remission in an Adult Crohn's Disease Patient Following the Specific Carbohydrate Diet and Its Impact on Healthcare Costs. Cureus. 2022 Feb 8;14(2):e22032. doi: 10.7759/cureus.22032. PMID: 35340483; PMCID: PMC8913515.

 

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