Der Goldene Kompass durch das Labyrinth der Therapie: Wann führt die glutenfreie Ernährung zur Heilung des Reizdarmsyndroms?

Um den Reizdarm zu befrieden, gibt es zahlreiche Möglichkeiten: FMT, Glutamin, Mastzellstabilisatoren, diätetische Methoden. Neuere Studien geben uns nun Optionen in die Hand, um VORAB zu entscheiden, welche Therapie für uns die richtige ist!
Um den Reizdarm zu befrieden, gibt es zahlreiche Möglichkeiten: FMT, Glutamin, Mastzellstabilisatoren, diätetische Methoden. Neuere Studien geben uns nun Optionen in die Hand, um VORAB zu entscheiden, welche Therapie für uns die richtige ist!

Liebe Alltagsheldinnen und liebe Krieger im Kampf gegen die sieben gehörnten Dämonen namens Reizdarmsyndrom, Morbus Crohn (... Ihr kennt den Rest). 

 

Langsam hebt sich euer Brustkorb freier, eure Schritte beschleunigen sich beherzt. Die erdrückende Stille weicht einem ersten übermütigen Tuscheln und wird schließlich von einem schrillen, beinahe hysterischem, Lachen endgültig zerrissen. Eine Erkenntnis bricht sich Bahn: Eure zusammengewürfelte Gruppe aus wagemutigen Abenteurern hat überlebt! Die Gefahren der verfluchten Dämonenbrache liegen tatsächlich hinter euch und außer ein paar Kratzern und Blessuren konnten euch die sieben Gehörnten kein wirkliches Leid zufügen.

Bis jetzt! Denn der Weg, um eure Gemeinschaft der Verdammten endgültig vom Krankheitsfluch der Dämonen zu befreien ist noch lang und steinig.  Und nun bietet sich euren Augen auch noch ein verwirrendes Labyrinth aus möglichen begehbaren Pfaden.  Welcher davon euch wohl zum hoffentlich erlösenden Tempel der heilkundigen Göttin Peraine führen wird? Ist es der Trampelpfad glutenfreie Ernährung, die Reichsstraße Low-FODMAP-Diät, oder gar der bisher selten beschrittene und unbekannte Pass über die Blutzinnen namens Stuhltransplantation? Ernüchterung macht sich unter den Heldinnen und Helden breit, denn viele mögliche Wege bedeuten auch viele mögliche Verirrungen. Nur die Zauberin eurer Gruppe kann sich in dieser scheinbar ausweglosen Situation ein Schmunzeln um die feinen Züge nicht verkneifen. Wie gut, wenn man einen magischen Goldenen Kompass dabei hat ... 

 

Genauso wie unseren fiktiven Helden ergeht es zahllosen Betroffenen der von mir auf dem Blog betrachteten Erkrankungen. Nach mehreren Jahren oder gar Jahrzehnten (Was für Erfahrungs- und Abenteuerpunkte, ihr eisernen Recken!!!) des Aushaltens, Erduldens und Kämpfens stoßen sie endlich auf die tatsächliche Option Linderung oder gar Heilung von ihrem Übel zu erfahren. Gerade in den ersten Wochen des neuen Jahrzehnts haben wir uns deshalb mit den wissenschaftlich begründeten Möglichkeiten der Heilung des Reizdarmsyndroms beschäftigt und was für diese Genesung zu tun ist. Doch nach der ersten Euphorie der Lektüre stehen viele Betroffene vor einem gehörigen Problem: Das Ausmaß der wählbaren Therapieoptionen ist absolut überwältigend, um nicht zu sagen überfordernd! Mastzellstabilisierung via Quercetin oder DNCG, Stuhltransplantation, Darmbarriere stärken mittels Glutamin, FODMAP-Reduktion, SCD und Paleo-AIP, glutenfreie Kost und so weiter und so fort. 

 

An diesem Punkt angelangt wünscht sich wahrscheinlich jede Streunerin und jeder Knappe einen magischen Goldenen Kompass, welcher eine schlüssige Antwort auf die Frage gibt:

 

Welche dieser Therapien ist die richtige für mich?

 

Und zwar möglichst, BEVOR wir viel Zeit und wertvolle Dukaten in andere, für uns nicht zielführende Behandlungskonzepte investiert haben. 

 

Nun, euer Wunsch sei mir, wie gewohnt, Befehl! Zur Erschaffung eines solchen magischen Kompasses steht uns nämlich auch im kommenden Jahrzehnt ein ganzes Heer hoch-motivierter und technisch bestens gerüsteter Alchemisten und Zauberkünstler zur Verfügung. Haltet also nicht länger ein, denn es gibt viel zu entdecken! 

 

 


Inhaltsverzeichnis: Was du in diesem Artikel lernen wirst ...

Verschiedene, von der Wissenschaft aktuell validierte, Labormarker (Prädiktoren) können tatsächlich als eine Art "magischer Kompass" durch das Labyrinth der Reizdarmtherapie führen, indem sie uns Aufschluss darüber geben, WER von WAS profitieren wird!
Verschiedene, von der Wissenschaft aktuell validierte, Labormarker (Prädiktoren) können tatsächlich als eine Art "magischer Kompass" durch das Labyrinth der Reizdarmtherapie führen, indem sie uns Aufschluss darüber geben, WER von WAS profitieren wird!

Die glutenfreie Ernährung - ein umkämpftes Feld mit dem Potenzial zur Heilung der Reizdarmbeschwerden

Im ersten Artikel der neuen "Kompass-Reihe" möchte ich mich heute gern mit der glutenfreien Ernährung beschäftigen, ganz einfach, weil ich glaube, dass im Glutenverzicht ein enormes Potenzial für eine vollständige Ausheilung der Reizdarmsymptome schlummert! Ob diese provokante Aussage übertrieben ist, solltest du jedoch bitte nicht an diesem Punkt der Lektüre, sondern erst nach  dem Studium einiger exemplarischer wissenschaftlicher Untersuchungen entscheiden. Egal, ob wir aber nun von der Möglichkeit der "Heilung" sprechen, oder eben "nur" von starken positiven Wirkungen auf die globalen Reizdarmbeschwerden (Durchfall, Bauchschmerzen, Verstopfung und Blähungen: Die glutenfreie Kost wird von zahlreichen Wissenschaftlerteams neben der FODMAP-Reduktion für die sicherste, effektivste und am besten untersuchte Ernährungstherapie beim Reizdarmsyndrom gehalten (Shaw et al.,2020; Rej et al.,2019). Die Responderrate (Anteil der Patienten, welche auf eine Intervention mit einer Verbesserung um mindestens 50 Punkte beim Symptom Severity Score reagieren) ist für die low-FODMAP-Diät und für die glutenfreie Kost durchaus vergleichbar. Für Patienten des Reizdarm-Subtyps Durchfall liegt sie bei etwa 70% (z.B. Aziz et al.,2016). 

 

Neben der häufig herangezogenen Responderrate, also wie viele Patienten profitieren von einer Intervention, und der so genannten Number-needed-to-treat (NNT), welche Aufschluss darüber geben soll, wie viele Patienten behandelt werden müssen, damit einer dieser eine adäquate Verbesserung erfährt, ist aber ein weiterer Faktor für die Effektivität ganz entscheidend - die Effektstärke! Diese ist gerade den Patienten selbst wichtig. Eine Behandlungsmethode auf die jeder fünfte mit einer Heilung oder zumindest starken Verbesserung reagiert, wird für deutlich mehr Trubel in der Patientencommunity sorgen, als eine Therapie, auf welche fast alle Betroffenen positiv ansprechen (Pfefferminzölkapseln, Psychotherapie), bei denen die Effekte aber marginal bleiben (Was ist schon einer Verbesserung um 50 Punkte im Severity Score System gegenüber Verbesserungen um >175 Punkte mittels bspw. der Stuhltransplantation?). 

 

Und genau bei diesem Faktor kann die glutenfreie Kost als Therapiemethode beim Reizdarmsyndrom anderen Behandlungsverfahren den Rang streitig machen. Obwohl nur ein Teil einer Subgruppe (nämlich jener mit hauptsächlich Durchfall) vom dauerhaften Glutenverzicht profitiert, sind die damit erzielten Ergebnisse als mindestens atemberaubend zu bezeichnen! 

 

Da ich im Rahmen der heutigen Abhandlung nicht zu intensiv auf das WARUM hinter der glutenfreien Kost beim Reizdarm eingehen möchte (es geht ja hauptsächlich um den zugehörigen Prädiktor), kann ich interessierten Lesern nur empfehlen, einige der bereits von mir verfassten populärwissenschaftlichen Zusammenfassungen heranzuziehen, in welchen ich mich ausführlich mit den Pathomechanismen (Darmbarriere, Immunaktivierung, Transit), der Pathogenese (NZGS), der Frage möglicher Drittvariablen (Fruktane, ATIs) und auch den Motiven und Sinnhaftigkeiten hinter der "Glutenkontroverse" beschäftigt habe. 

 

Zwei Wirkmechanismen des Glutenverzichts beim Reizdarmsyndrom

Bevor wir uns, wie angekündigt, einigen besonders beeindruckenden Studien zuwenden werden, möchte ich noch kurz auf die oft von Lesern aufgeworfene Frage eingehen, warum die Studienergebnisse zur glutenfreien Kost teilweise recht heterogen erscheinen mögen. 

Zum einen hat das natürlich damit zu tun, dass nur ein überschaubarer Teil (eben eine Untergruppe von Patienten eines abgegrenzten Subtyps) so extrem positiv auf die Kostumstellung reagiert. Untersuchungen an großen und ungefilterten Stichproben (auch mit RDS-Verstopfung bspw.) führten also zu deutlich magereren Ergebnissen. Weiterhin muss festgehalten werden, dass auch unter den Respondern nicht alle mit einer Remission oder Heilung ihrer Beschwerden reagieren. Doch welche Faktoren entscheiden eigentlich über diese Differenzierung? Wer kommt in den Genuss der Heilung und wer nicht? Hierzu müsst ihr wissen, dass sich hinter den positiven Wirkungen der glutenfreien Kost beim Reizdarmsyndrom zwei Hauptmechanismen verbergen (mehr zu dieser Thematik in diesem Artikel):

  1. Hinter der Diagnose "Reizdarmsyndrom" können sich nach aktuellem Forschungsstand verschiedene Alternativerklärungen verbergen, welche die gleichen Beschwerden verursachen wie der Reizdarm selbst. Da diese Erkrankungen bei der Ausschlussdiagnose (noch) nicht routinemäßig erfasst werden, wird häufig statt ihrer ein "Reizdarm" diagnostiziert. Zu diesen Erkrankungen gehört auch die immunologisch-vermittelte Nicht-Zöliakie-Glutensensitivität (NZGS) (siehe etwa Cha & Kim,2020; Rinninella et al.,2019mit Prävalenzen von 6% bis 10% innerhalb der Gesamtbevölkerung und deutlich erhöhten Quoten innerhalb des Reizdarmsyndroms und auch des Reizmagens (Shabazkhani et al.,2020). Eine Behandlung der dem Geschehen eigentlich zugrundeliegenden NZGS durch eine glutenfreie Kost führt dementsprechend zu einer vollständigen Auflösung der Symptome, einer Heilung (siehe Studien unten).
  2. Der Glutenverzicht kann aber auch positive Effekte erzielen, indem er nicht ursächlich, sondern über die Beeinflussung in den Krankheitsprozess verwebter Drittvariablen wirkt. So eliminiert eine glutenfreie Kost eben nicht nur das Klebeprotein Gluten, sondern noch weitere bestätigte Triggerfaktoren des Reizdarmsyndroms, darunter die Amylase-Trypsin-Inhibitoren (ATI) und die FODMAP-Kategorie Fruktane (Dale et al.,2019). Von einer Umstellung der Ernährung auf die glutenfreie Kost profitieren also nicht nur Betroffene der Nicht-Zöliakie-Glutensensitivität, sondern auch "normale" Reizdarmpatienten durch die Verminderung der FODMAP-Konzentration und der Vermeidung von ATIs. Letztere Gruppe erlebt dann aber keine Heilung (da keine Beeinflussung der Ursache), aber immerhin eine starke Besserung der Beschwerden (durch den Eingriff in wichtige Pathomechanismen wie die Fermentation)
Schematische Darstellung von Alternativerkrankungen "hinter" dem Reizdarmsyndrom, einschließlich der Nicht-Glutensensitivität (NZGS), nach Thomas Struppe (Stand 2020)
Schematische Darstellung von Alternativerkrankungen "hinter" dem Reizdarmsyndrom, einschließlich der Nicht-Glutensensitivität (NZGS), nach Thomas Struppe (Stand 2020)

Einige bahnbrechende Studien zur Illustration der Effektivität der glutenfreien Diät beim Reizdarm

Hier sollen nun drei Studien zeigen, dass ich was Therapiemöglichkeiten unserer Gehörnten angeht, nicht zu Übertreibungen neige, sondern mich auf wissenschaftlich etablierte Erkenntnisse stütze.

 

Jeder dritte Patient innerhalb von sechs Monaten mit glutenfreier Kost vom Reizdarmsyndrom befreit!

In einer von mir aufgrund der imposanten Ergebnisse schon dutzendfach zitierten Arbeit eines Forscherteams um Ulrich Wahnschaffe, damals noch Ernst Moritz Arndt Universität in Greifswald (heißt die eigentlich noch so? - für Insider), untersuchten die Wissenschaftler mögliche Prädiktoren für die Vorhersage des positiven Ansprechens von Patienten mit einem Reizdarmsyndrom auf eine glutenfreie Kost (Wahnschaffe et al.,2007). Knapp jeder glückliche dritte Patient mit dem RDS-Durchfall konnte nach sechs Monaten eine vollständige Normalisierung der Stuhlfrequenz und der gastrointestinalen Symptome (Bauchschmerzen, Blähungen etc.) berichten! Dabei waren die Heilungsquoten recht ungleich verteilt, denn es hatten 60% der Patienten eine Remission erreicht, welche über positive Prädiktoren verfügten, aber nur 12% jener Patienten, die nicht positiv auf diese Marker getestet worden waren. 

 

Wir sehen also schon an dieser Studie, dass die Vorhersage der Reaktion anhand von Labormarkern durchaus möglich, vor allem aber nötig und sinnvoll ist und werden deshalb später noch einmal auf diese Studie zurückkommen.

 

Glutenfreie Kost führte bei Reizdarmpatienten nach nur sechs Wochen zur Halbierung(!) des Schweregradscores und nach 18 Monaten für einige Patienten zur Heilung

In einer weiteren interessanten Studie um Imran Aziz (Sheffield) wurden 41 Patienten mit RDS-D auf eine glutenfreie Kost gesetzt (Aziz et al.,2016). Nach nur sechs Wochen mit dieser Intervention hatte sich ihr Symptom Severity Score (Schweregrad Score zur Abschätzung des Ausmaßes der Symptome und des Leidensdrucks) mehr als halbiert (131 vs. 286).  Sie waren damit aus der Kategorie "mittelschwer" (tendierend zu schwer) in die Kategorie "mild" gewechselt (vergleiche die durchschnittliche Verbesserung um 155 Punkte mit den mageren 50 für die Klassifizierung als Responder). Neben der Verbesserung der gastrointestinalen Symptome des Reizdarmsyndrom wurden aber auch Angsterleben, Depressionen und Erschöpfung stark gelindert, welche für das Vorliegen einer NZGS kennzeichnend sind. 

 

Etwas über die Hälfte der Teilnehmer entschied sich für die langfristige Durchführung der glutenfreien Kost. Nach 18 Monaten hatten sich sowohl ihr Severity Score als auch die Scores zur Erfassung von Angst, Erschöpfung etc. weiter stark verbessert. Der durchschnittliche Severity Score lag nun nur noch bei 95 Punkten (vorher in dieser Gruppe bei 313). Einige Patienten unterschritten sogar die kritische Marke von 75 Punkten und konnten somit nicht mehr als Reizdarmpatienten definiert werden! 

 

Abb1: Übersicht über die Sicherheit und Effektivität einer glutenfreien Ernährung zur Behandlung des Reizdarmsyndroms. Entnommen aus Aziz et al.(2016)
Abb1: Übersicht über die Sicherheit und Effektivität einer glutenfreien Ernährung zur Behandlung des Reizdarmsyndroms. Entnommen aus Aziz et al.(2016)

30% der Reizdarmpatienten mit dem Reizdarmsyndrom Durchfall oder dem alternierenden Subtyp innerhalb von vier Monaten geheilt

Eine weitere solche imposante Studie wurde an der Charite´ in Berlin durchgeführt (Barmeyer et al.,2017). Die Wissenschaftler setzten 35 Patienten mit einem Reizdarmsyndrom vom Durchfall- oder Mischtyp (Durchfall und Verstopfung im Wechsel) auf eine glutenfreie Kost. Als Responder wurden Patienten betrachtet, welche über 75% der vier Monate eine vollständige oder starke Verbesserung ihrer Beschwerden berichteten, wobei dieses Kriterium deutlich strenger gewählt wurde, als bei vergleichbaren pharmakologischen Untersuchungen. Dennoch erreichte mehr als ein Drittel der Patienten dieses tolle Ergebnis. Ihr Symptom Severity Score sank von durchschnittlich 275 Punkten, also einer "mittelschweren Ausprägung" (mit Tendenz zu schwer) auf 70 Punkte, also keinem Reizdarmsyndrom mehr. 

 

Bei dieser Untersuchung ist an eine gewonnene Erkenntnis von Ulrich Wahnschaffe und seinen Kollegen zu erinnern: Viele seiner Patienten zeigten eine verzögerte Reaktion auf die glutenfreie Kost. Einige erlebten signifikante Verbesserungen sogar erst nach bis zu sechs Monaten! Es ist also durchaus denkbar, dass die ohnehin schon beeindruckende Erfolgsquote dieser Untersuchung bei verlängerter Dauer hätte noch höher liegen können. 

 

Abb2: Darstellung der erzielten Effekte mit der glutenfreien Kost auf das Reizdarmsyndrom im Vergleich Responder - Non-Responder. Entnommen aus Barmeyer et al.(2017)
Abb2: Darstellung der erzielten Effekte mit der glutenfreien Kost auf das Reizdarmsyndrom im Vergleich Responder - Non-Responder. Entnommen aus Barmeyer et al.(2017)

Wie kann es zu diesen wundersamen Heilungen kommen?

Ich hatte bereits am Anfang dieses Artikels auf meine vorhergehenden Abhandlungen zum Thema NZGS bzw. Gluten im Rahmen des Reizdarmsyndroms verwiesen. Um diesen Blogpost möglichst übersichtlich und verständlich zu halten, möchte ich deshalb hier nur kurz einige zentrale Pathomechanismen erwähnen. Für weiterführende Details sei wiederum auf die ausführlicheren Artikel verwiesen.

 

Gluten bewirkt im Rahmen der Nicht-Zöliakie-Glutensensitivität und des Reizdarmsyndroms folgende pathophysiologische Prozesse:

 

  1. Aufweichung der Darmbarriere (vor allem im Dünndarm) - "Leaky Gut Syndrom" (Vazquez-Roque et al.,2012Vazquez-Roque et al.,2013)
  2. Erhöhung des Transits im Dünndarm (Vazquez-Roque et al.,2011)
  3. Immunaktivierung, bezogen auf das angeborene Immunsystem (im Gegensatz zur Zöliakie), welche sich unter glutenfreier Kost deutlich bessert (Uhde et al.,2016; Volta et al.,2017)
  4. Vermehrte Mastzell-Nerven-Interaktionen (Giancola et al.,2020)

Und damit hätten wir sie dann auch beisammen, die Hauptpathomechanismen des Reizdarmsyndroms: Chronische Immunaktivierung unter Beteiligung von Mastzellen, Störungen der Darmbarriere und veränderter Stuhltransit. Fehlt eigentlich nur noch das veränderte Mikrobiom, oder? Ach ja, ganz vergessen:

 

 

Das sind doch ausgezeichnete Aussichten für uns Reizdarm-Patienten! Wo liegt also das Problem?

Wie wir gesehen haben, bietet die glutenfreie Diät ganz erstaunliche Heilungsaussichten für viele Patienten des Reizdarmsyndroms. Wo liegt also das Problem? Ganz einfach: Nur etwa 30% der Betroffenen von einem Durchfall- oder Mischtyp können tatsächlich auf diese Heilung hoffen, immerhin 70% dieser Subgruppen auf eine Verbesserung ihrer Beschwerden. Doch der Weg dahin ist lang. Bis zu einem halben Jahr kann es dauern, bis du wirklich weißt, ob deine Beschwerden auf diese Ernährungstherapie ansprechen. Niemand konnte dir bisher wirklich sagen, ob du dazu gehören wirst oder eben nicht. Das ist deshalb problematisch, weil ein strenges glutenfreies Leben zum einen kostspieliger und komplizierter ist (Essen gehen, Labels studieren), dich für soziale Sanktionen prädestiniert ("das ist doch alles widerlegt" - Na genau ...) und dich aber außerdem von für dich persönlich wirkungsvolleren Therapiemethoden abhalten könnte. Genau an dieser Stelle kommt der "magische Goldene Kompass" ins Spiel. Wer wünscht es sich nicht, dieses zaubermächtige Artefakt, welches uns zuverlässig vorhersagen kann, ob Therapie A, Supplement B oder Lifestyleintervention C für uns die größten Erfolge verspricht? Gerade im Dschungel der Reizdarmtherapie wäre ein solches Utensil buchstäblich Gold wert! 

 

Bisherige Prädiktoren für das Ansprechen des Reizdarmsyndroms auf eine glutenfreie Kost

Weiter oben hatte ich bereits angedeutet, dass schon Ulrich Wahnschaffe und sein Team nach solchen vorhersagenden Prädiktoren für das Ansprechen auf die glutenfreie Kost gesucht hatten. In ihrer Studie wirkte es so, als sei eine Kombination aus der molekularbiologischen Bestimmung der Humanen Leukozytenantigenen HLA-DQ 2/8, welche mit der Zöliakie assoziiert sind (allerdings sind auch etwa 30% Nicht-Zöliakie-Erkrankte Träger mindestens eines Antigens), und der Bestimmung der zöliakieassoziierten IgG-Antikörper das Mittel der Wahl. Schließlich erreichten 60% der Patienten mit diesen positiven Prädiktoren eine Remission gegenüber nur 12% ohne die positiven Werte. Allerdings reagierten in der Untersuchung von Barmeyer und Kollegen insgesamt mehr Patienten ohne die zöliakieassoziierten Antigene positiv auf die glutenfreie Kost. Die Ergebnisse sind also nicht kongruent. Und es tritt noch ein weiteres, ganz praktisches, Problem hinzu: Wir kommen mitunter nur sehr schwer an die Messung dieser Prädiktoren heran. Obwohl ich schon in den Genuss beider Bestimmungen gekommen bin (und beide Male positiv getestet wurde), weiß ich von sehr vielen Lesern wie vehement sich Gastroenterologen und Hausärzte gegen die erweiterte Diagnostik beim Reizdarmsyndrom sperren (Ein zusätzliches Hoch auf meinen tollen Immunologen!). Doch ohne einen Arzt und ein gutes Labor ist die Messung dieser Prädiktoren kaum möglich ... 

 

Also blieb vielen Patienten da draußen nur übrig, "auf ihren Körper zu hören" (Was extrem schwierig ist, da die Körper nicht wie bei einer Typ-1-Allergie sofort nach dem Verzehr des problematischen Lebensmittels auftreten) und ihren Subtyp (RDS-D bzw. RDS-A) und die Symptome heranzuziehen. Was letztere betrifft weisen vor allem zusätzliche systemische Symptome (Kopf-, Gelenk- und Gliederschmerzen, Übelkeit, Schwindel, Schweißausbrüche, Erschöpfung etc.) auf das mögliche Vorliegen einer NZGS hin (Biesiekierski & Iven,2016).

 

Bis jetzt! Denn eine neue Studie etabliert einen unkomplizierten Marker für das wahrscheinliche Vorliegen einer NZGS!

 

Der Biomarker Zonulin unterscheidet die NZGS zuverlässig von einem "klassischen" Reizdarm und von gesunden Kontrollpersonen

Italienische Forscher machten sich ebenfalls auf die Suche nach einem verlässlichen Prädiktor für die NZGS (Barbaro et al.,2020). Dafür untersuchten sie 86 Patienten mit einer bestätigten Glutensensitivität (auch doppelblinde Challenge-Bestätigung in der Klinik), 59 Patienten mit einem Reizdarmsyndrom vom Subtyp Durchfall ohne das Vorliegen einer NZGS, 15 Patienten mit einer Zöliakie und 25 gesunde Kontrollpersonen. 

 

Die Forscher zeigten, dass eine NZGS gegenüber dem "klassischen" Reizdarmsyndrom und gegenüber den gesunden Probanden mit einer deutlich erhöhten Konzentration des Proteins Zonulin einherging. Zonulin wird nach verschiedenen Reizen von der Darmschleimhaut abgegeben und reguliert über die so genannten "tight junctions" die Durchlässigkeit unserer Darmbarriere (siehe die Befunde zur Pathophysiologie der NZGS). 

 

Allein die Erhöhung des Zonulinspiegels war ausreichend um mit 81%iger Sicherheit eine zugrundeliegende Glutensensitivität von einem Reizdarmsyndrom zu unterscheiden! In Verbindung mit anderen Kriterien (siehe oben), etwa bezüglich systemischer Symptome, ließ sich diese Genauigkeit sogar noch auf annähernd 90% steigern! 

 

Ein hoher Zonulinspiegel spricht also, nach Ausschluss einer Zöliakie, stark für das Vorliegen einer versteckten Glutensensitivität. Diese Schlussfolgerung wurde weiterhin durch die Beobachtung unterstrichen, dass sich die Zonulin-Konzentrationen während dem Befolgen einer glutenfreien Ernährung bei Probanden mit den zöliakieassoziierten Antigenen (einem weiteren diskutierten Prädiktor) stark absenkten.

 

 

Warum ist diese Untersuchung für uns so wertvoll?

Die Konsequenzen dieser Studie können gar nicht hoch genug geschätzt werden. Sie gibt uns nämlich nicht nur einen "magischen Kompass" in die Hand, sondern sie sorgt auch noch dafür, dass wir alle ganz unproblematisch an diesen Kompass herankommen können und unkompliziert bestimmen können, ob wir zu den potenziellen Kandidaten für eine Heilung gehören, denn Zonulin ist nicht nur günstig, sondern auch weithin verfügbar. Wer unbedingt möchte, lässt seinen Arzt außen vor, wobei dann aber die Krankenkasse nicht zahlt. Also fragt erst einmal beim Gastro nach und ansonsten ...

 

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