Über Risiken und Nebenwirkungen der FODMAP-Reduktion und wie man diese minimiert

Eine FODMAP-Reduktion oder auch die glutenfreie Kost lindern die Symptome des Reizdarmsyndroms, zwingen aber auch für unsere Gesundheit wichtige probiotische Bakterien in den Fastenmodus. Wir zeigen, wie man die Darmflora trotzdem wieder blühen lässt.
Eine FODMAP-Reduktion oder auch die glutenfreie Kost lindern die Symptome des Reizdarmsyndroms, zwingen aber auch für unsere Gesundheit wichtige probiotische Bakterien in den Fastenmodus. Wir zeigen, wie man die Darmflora trotzdem wieder blühen lässt.

Inzwischen sind fast 20 Jahre vergangen, seitdem die low-FODMAP-Diät ihren Siegeszug durch die Reizdarmcommunity begann. Alles startete nach ersten erfolgversprechenden wissenschaftlichen Untersuchungen in kleinen Foren und unbekannten Mailinglisten des weitverzweigten Internets, dehnte sich später auf den Buchmarkt und die "Sozialen" Netzwerke aus und fand letztendlich - zwar sehr langsam und behäbig, aber immerhin - seinen Weg in die Arztzimmer und Kliniken unseres Landes.

Die FODMAP-Reduktion ist heute eine gut untersuchte, effektive und relativ sichere Therapiemethode. Von ihr profitieren Patienten mit dem Reizdarmsyndrom, Betroffene von Morbus Crohn und auch Fibromyalgiepatienten. Schumann und Kollegen (2018) zeigen beispielhaft in ihrer Metaanalyse an fast 600 einbezogenen Versuchspersonen, dass die low-FODMAP-Diät signifikante positive Wirkungen auf die Symptome des Reizdarms zeigt und dabei Kontrollbedingungen (meist anderen diätetischen Empfehlungen) überlegen ist. Besonders starke Auswirkungen hat die Ernährungsumstellung auf Blähungen und Bauchschmerzen, doch vereinzelte Untersuchungen deuten auch positive Effekte auf Stuhlfrequenz und Stuhlkonsistenz an. Neben den bekannten kurzfristigen Wirkmechanismen, unter anderen verringerte Fermentationsendprodukte (Gase wie Wasserstoff oder Methan) und folglich auch erheblich reduzierte osmotische Effekte (weniger Flüssigkeit wird in den Darm gezogen), finden sich auch immer mehr Hinweise auf langfristige Auswirkungen der speziellen Kostform. So zeigten etwa Zhou und Kollegen (2018) an Ratten, dass eine FODMAP-reiche Kost die Darmflora ungünstig verändert und daraus Barrierestörungen (umgangssprachlich "Leaky Gut"), Hypersensitivität (geringere Reizschwelle gegenüber Schmerzen, Muskelkontraktionen und Dehnreizen des Darmes) und letztendlich Entzündungen resultieren. Diese negativen Folgen konnten mittels Antibiotika oder einer FODMAP-Reduktion rückgängig gemacht werden. Zuvor hatten bereits McIntosh und Kollegen (2017) demonstriert, dass eine FODMAP-Reduktion den Mastzellmediator Histamin (einen Marker für Immunaktivierung) um das Achtfache verringerte.

 

Trotz der fast durchweg positiven Auswirkungen auf die Symptome der notleidenden Patienten und der eindrucksvollen Ergebnisse bezüglich der Wirkmechanismen üben sich viele Ärzte und Forscher immer noch in Zurückhaltung, was das "Adeln" der Ernährungsumstellung als first-line-Therapie betrifft. Auch die Autoren der oben zitierten Metaanalyse machen da keine Ausnahme. Die Wissenschaftler sprechen sich lediglich für eine vorläufige Empfehlung aus, bis wichtige Fragen und Kontroversen abschließend geklärt sind.

Was aber sind diese Fragen? Zu den wichtigsten und auffälligsten Befunden in zahlreichen low-FODMAP-Studien zählt eben auch, dass sich die Darmflora nachhaltig verändert (siehe auch die Metaanalyse aus Essen/Duisburg). Dabei gibt es allerdings auch negative Effekte auf probiotische Darmbakterien - hauptsächlich die Bifidobakterien. Da wir Menschen seit vielen Jahrtausenden mit unserem bakteriellen Superorganismus mutualistisch zusammenleben, hat sich eine Synthese gebildet. Wir profitieren von der Anwesenheit eben jener Bakterien und können durch eine ungünstige Beeinflussung gesundheitliche Folgeerscheinungen provozieren.

 

In diesem Artikel soll es deshalb darum gehen, wie wir diesen Trend innerhalb der low-FODMAP-Diät aufhalten können ohne deren lindernde Wirkung missen zu müssen!

 


Bifidobakterien und warum sie für uns so wichtig sind

Bifidobakterien sind gram-positive stäbchenförmige Bakterien. Sie leben anaerob und sind natürliche Bewohner von Mundhöhle, Gastrointestinaltrakt und Vagina der Säugetiere und damit auch des Menschen. Bifidobakterien mit ihren zahlreichen Untergattungen sind eine der dominierenden Bakterienarten, welche die menschliche Darmflora bzw. das Mikrobiom charakterisieren. Für viele der bekannten Bifidobakterienstämme wurden inzwischen gesundheitsfördernde und -erhaltende Eigenschaften dokumentiert (siehe unten). Teilweise findet man noch die veraltete Bezeichnung Lactobacillus bifidus.

 

Bifidobakterien sind auf die Verstoffwechslung von Kohlenhydraten angewiesen. Ihre besondere Vorliebe gilt dabei den so genannten Oligosacchariden, also Kohlenhydraten, welche aus mehreren Einfachzuckern bestehen. Bifidobakterienstämme, die die Darmflora des Säuglings dominieren, greifen dabei besonders auf die Oligosaccharide der Muttermilch zurück, während die für den Erwachsenen typischen Spezies Pflanzenoligosaccharide bevorzugen.

 

Bifidobakterien in Gesundheit und Krankheit (Nach Callaghan und Van Sinderen, 2016)

Darmkrebs Bifidobakterien hemmen das Tumorwachstum und schützen die DNA vor Schäden
 Durchfälle Bifidobakterien schützen vor verschiedenen gastrointestinalen Infektionen (zum Beispiel Rotaviren) und können antibiotikaassoziierte Durchfälle verhindern oder verkürzen 
Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen Bifidobakterien unterstützen eine längere Aufrechterhaltung der schubfreien Phase (Remission)
Verstopfung Bifidobakterien sorgen für eine reguläre Transitzeit und verbessern Verstopfungen
Gesunde Darmflora Bifidobakterien wetteifern mit ungünstigen Bakterienstämmen um Ressourcen (Nahrung und Raum) und erhalten damit eine gesunde Darmflora aufrecht (gezeigt u.a. an Clostridium perfringens)
   

An diesen Beispielen kann man schon recht gut erkennen, welche Bedeutung die Bifidobakterien vor allem für die gastrointestinale Gesundheit haben.

 

Und wie sieht es konkret mit Bifidobakterien und dem Reizdarmsyndrom aus?

Inzwischen belegen zahlreiche wissenschaftliche Studien, dass die Gabe probiotischer Bifidobakterien nicht nur die gastrointestinalen  Beschwerden des Reizdarms beeinflusst, sondern auch deren psychische Begleitsymptome wie Angst und Depressionen.
Inzwischen belegen zahlreiche wissenschaftliche Studien, dass die Gabe probiotischer Bifidobakterien nicht nur die gastrointestinalen Beschwerden des Reizdarms beeinflusst, sondern auch deren psychische Begleitsymptome wie Angst und Depressionen.

Das Mikrobiom bzw. die Darmflora von Reizdarmbetroffenen weicht in verschiedenen Variablen von jener Mikroflora gesunder Kontrollpersonen ab. Trotz einer sehr ähnlichen Quantität der bakteriellen Organismen finden sich bei einer chronischen Darmerkrankung u.a. eine veränderte Biodiversität (Artenreichtum) und eine veränderte Zusammensetzung zugunsten potentiell pathogener Bakterienstämme, welche nicht nur übermäßig Gase und dadurch osmotische Effekte produzieren, sondern auch so genannte Endotoxine freisetzen. Letztere sind in der Lage langfristig die Darmschleimhaut und damit die wichtigste menschliche Immunbarriere zu schädigen - bakterielle Organismen, Nahrungsproteine und Toxine gelangen in das ansonsten gut abgeschirmte System. 

Die Gruppe aus Wissenschaftlern um Distrutti und Kollegen (2016) führt gleich zahlreiche Mikrobiomanalysen auf, welche beweisen, dass die Reduktion der probiotischen Bifidobakterien eines der deutlichsten Kennzeichen ist, anhand derer man die Darmflora gesunder Menschen von jener Reizdarmerkrankter diskriminieren kann. 

 

Nun liegt es bei diesen vorhandenen Erkenntnissen nahe anzunehmen, dass die orale Zufuhr jener fehlenden Teile des Mikrobioms einen günstigen Einfluss auf den Verlauf der Erkrankung haben sollte. Diese Hypothese wurde inzwischen glücklicherweise gleich mehrfach geprüft. 

So zeigten etwa Whorwell und Kollegen (2006), dass ein spezifischer Bifidobakterienstamm (infantis) signifikant besser auf die Beschwerden des Reizdarms wirkte als Plazebo oder andere Probiotika. 2017 gelang es Wissenschaftlern um Pinto-Sanchez zu demonstrieren, dass die Verabreichung eines Bifidobakterienstammes (longum) nicht nur die typischen gastrointestinalen Beschwerden des Reizdarms lindert, sondern auch günstige Auswirkungen auf Depressionen zeigt, indem er die Gehirnaktivität der Patienten beeinflusst. Diese positiven Ergebnisse mit Probiotikazubereitungen - egal ob mit einzelnen Stämmen oder Kombinationen - könnte ich noch lange fortsetzen. Ich möchte diesen Abschnitt jedoch mit einem noch beeindruckenderem Forschungsergebnis beschließen: Japanische Forscher um Mizuno und Kollegen zeigten 2017 an Reizdarmpatienten, dass eine Stuhltransplantation, also eine Übertragung des Stuhles gesunder Spender in den Darm der Erkrankten, die Beschwerden des Reizdarmsyndroms signifikant verbessern kann. Der abgegebene Stuhl enthält die gesamte Bandbreite lebender Darmbakterien und funktioniert somit als eine Art "Super-Probiotikum". Während der Versuchsabläufe fiel den Wissenschaftlern auf, dass es tatsächlich effektivere und nicht so effektive Spender zu geben schien - sprich das Funktionieren der Therapie hing weniger von den Reizdarmerkrankten selbst, als von den - gesunden - Stuhlspendern ab. Das Kriterium, welches einen effektiven Spender charakterisierte? Die Anzahl und Biodiversität von Bifidobakterien in der eigenen Darmflora! 

 

Ein kleines Zwischenfazit

Inzwischen wissen wir, dass Bifidobakterien zahlreiche gesundheitsfördernde und, im Falle eines Mangels, krankheitsbegünstigende Eigenschaften für den Menschen besitzen. Diese reichen vom Schutz vor Darmkrebs bis zur Abwehr von Infektionen. Eine ganz besonders wichtige Rolle spielen sie aber auch bei Entstehung und Aufrechterhaltung des Reizdarmsyndroms, welches durch einen Mangel an eben jenen Bifidobakterien gekennzeichnet ist. Die Gabe lebensfähiger Bifidobakterien verbessert dabei Bauchschmerzen, Blähungen, Lebensqualität und depressive Verstimmungen der Patienten. 

 

 

Bifidobakterien und FODMAPs bzw. glutenfreie Kost

Die Reduzierung von FODMAPs bzw. die Elimination glutenhaltiger Getreide führt innerhalb weniger Tage bis Wochen zu einer deutlichen (weiteren) Reduktion der Bifidobakterien im Darmtrakt.
Die Reduzierung von FODMAPs bzw. die Elimination glutenhaltiger Getreide führt innerhalb weniger Tage bis Wochen zu einer deutlichen (weiteren) Reduktion der Bifidobakterien im Darmtrakt.

Eines der größten Bedenken bei der Empfehlung einer langfristigen FODMAP-Reduktion bzw. einer glutenfreien Kost zum Management der Beschwerden des Reizdarmsyndroms ist die erwiesene Eigenschaft dieser Diäten, die Zahl der vorhandenen Bifidobakterien noch weiter zu senken. 

So zitieren Schumann und Kollegen (2018) in ihrer Metaanalyse drei Studien, welche eine signifikante Reduktion der Bifidobakterien nach dem Befolgen einer low-FODMAP-Diät berichteten. Ganz ähnliche Ergebnisse liegen für die glutenfreie Diät vor (siehe bspw. Golfetto und Kollegen, 2014; Collado und Kollegen, 2008). 

 

Weiter oben hatten wir bereits gemeinsam herausgearbeitet, dass das Reizdarmsyndrom ohnehin durch eine niedrigere Konzentration an probiotischen Bifidobakterien charakterisiert ist. Und nun müssen wir sogar feststellen, dass die beiden vielversprechendsten Ansätze der Ernährungstherapie, welche den allermeisten Medikamenten ebenbürtig oder sogar überlegen sind, zu einer weiteren Reduktion eben dieser führen und den oben benannten Folgeproblemen evtl. Tür und Tor öffnen.

 

Warum schaden diese wirksamen Diäten den Bifidobakterien?

Nun, das ist eigentlich ganz einfach. Bifidobakterien lieben für ihren Metabolismus vor allem Poly- und Oligosaccharide, welche sie bevorzugt fermentieren (Pokusaeva und Kollegen, 2011). Genau diese werden aber im Rahmen einer low-FODMAP-Diät strikt gemieden, denn sowohl Galaktane (Linsen, Bohnen, Soja, Mandeln etc.) als auch Fruktane (Brokkoli, Zwiebeln, Knoblauch, Grünkohl usw.) gehören zu eben jenen bevorzugten Speisen der Bifidobakterien, sind aber im Rahmen der low-FODMAP-Diät nicht erlaubt, was sich positiv auf viele gram-negative Bakterien auswirkt (erwünscht), aber eben auch auf die Bifidobakterien. 

Wie sieht es dann aber mit der glutenfreien Kost aus? Generell können wir feststellen, dass allein die Umstellung auf glutenfrei eine erhebliche FODMAP-Reduktion mit sich bringt, denn eine der Hauptquellen für Fruktane in der täglichen menschlichen Ernährung finden wir in den glutenhaltigen Getreidesorten (Weizen, Gerste, Roggen etc., moderater in Dinkel). So liegt die tägliche FODMAP-Aufnahme Zöliakiekranker bei 7,7g (Nuland, 2016), während gesunde Vergleichspersonen oft über 20g täglich zu sich nehmen (bspw. Halmos und Kollegen, 2014; Daten für Australien). Zusätzlich berichten Saturni und Kollegen (2014), dass auch weitere fermentierbare Substrate (Ballaststoffe) bei einer glutenfreien Ernährungsform oft stark reduziert sind. Dies ist durch die Zusammensetzung vieler glutenfreier Fertigprodukte zu erklären, welche häufig aus Stärke bzw. verarbeitetem Pseudogetreide hergestellt werden. 

 

 

Was können wir also tun?

Wir wissen also, dass uns eine Reduktion von FODMAPs bzw. eine Elimination von Gluten bei einem Reizdarmsyndrom gut tun. Dies wird u.a. über kurzfristige (Fermentation, Gasbildung, Osmose) und langfristige (Lipopolysaccharide, Histamin, Mikroentzündungen, Barrierestörung) Effekte vermittelt. Gleichzeitig reduzieren sie die Konzentration für unsere Gesundheit im allgemeinen und für unsere Darmkrankheit im speziellen extrem wichtigen Bifidobakterien durch den Entzug derer bevorzugter Nahrungsquellen in Form bedeutender Poly- und Oligosaccharide. Aus diesen Überlegungen und wissenschaftlichen Erkenntnissen lassen sich drei maßgebliche praktische Strategien herleiten, wie dieser unerwünschten Nebenwirkung beizukommen ist, um unsere Ernährungsumstellung langfristig sicher und umsetzbar zu machen. 

 

1. FODMAP-Verträglichkeit regelmäßig überprüfen und bei Toleranz den Verzehr steigern!

Der einfachste und gleichzeitig wichtigste Schritt ist eigentlich schon im Konzept der low-FODMAP-Diät angelegt, wird aber leider von sehr vielen Anwendern vernachlässigt. Neben der Eliminationsphase besteht diese Ernährungsform nämlich auch aus einer Provokationsphase, um die individuelle Verträglichkeit auszutesten. Durch verkürzte Darstellungen (vor allem auch im Internet) kommt es leider immer wieder dazu, dass die Tabellen hinsichtlich des FODMAP-Gehaltes lediglich im Dualismus verträglich-unverträglich (oder eben noch einfacher: rot-grün/verboten-erlaubt) interpretiert werden. Doch dieses Vorgehen ist nicht haltbar, da es keine allgemeinen, sondern nur ganz individuelle Verträglichkeitsgrenzen gibt, welche nicht nur zwischen den Betroffenen, sondern auch noch zwischen den FODMAP-Gruppen differieren. Es kann also sein, dass ich eine recht hohe Toleranz für Fruktane habe, während ich Galaktane überhaupt nicht vertrage. Dieses Phänomen ist in nahezu allen Ausprägungen denkbar. Und damit nicht genug: Die Verträglichkeitsschwellen ändern sich mit der Zeit! Viele Betroffene machen die Erfahrung, dass sie am Anfang sehr sensibel auf FODMAPs reagieren, während sie nach einigen Wochen wieder eine höhere Toleranzschwelle haben. Sehen wir uns die oben beschriebenen langfristigen Wirkmechanismen an, scheint dies auch nicht sonderlich zu verwundern. Es reicht also auch nicht eine Provokation nach der Eliminationsphase. Nach meinem Empfinden und der Erfahrung mit vielen Klienten sollte dieser Provokationstest immer mal wieder stattfinden (z.B. regelmäßig nach drei bis vier Monaten).

 

Empfehlung Nummer eins lautet also schlicht und ergreifend, die individuelle Verträglichkeit der FODMAPs voll auszunutzen und dabei vor allem auch den Fruktanen und Galaktanen Beachtung zu schenken. Dieser Tipp gilt auch für die glutenfreie Kost. Im Folgenden findet sich eine Tabelle, welche Produkte nacheinander probiert werden sollten, beginnend mit den geringsten Konzentrationen. 

 

Galaktane Fruktane
 Kaffee, größere Mengen  Knoblauch
Mandeln Frühlingszwiebel, weißer Teil
Sonnenblumenkerne Sesam
Sojamilch Walnuss
Kichererbsen Grünkohl
Pistazien Blumenkohl
Butterbohnen Zwiebeln
Linsen Brokkoli
Kidneybohnen aus der Dose Inulin
Spalterbsen Zichorienwurzel

Auch zu diesem Punkt gehört das Ausschöpfen der Möglichkeiten im Bereich der erlaubten Lebensmittel. So kann der Ballaststoffanteil beispielsweise durch die Auswahl der verwendeten Lebensmittel signifikant erhöht werden, ganz ohne dass dabei der FODMAP-Verzehr gesteigert werden muss. Inzwischen bieten auch viele Hersteller von Fertigprodukten glutenfreie Lebensmittel aus Vollkorngetreide an. Ein Beispiel wären die Buchweizenvollkornnudeln von Seitz (bspw. bei Kaufland). 

 

2. Bifidobakterien regelmäßig oral zuführen!

Was ist eigentlich, wenn wir noch ganz am Anfang der Diät stehen, oder sich unsere Verträglichkeitsschwelle für FODMAPs noch nicht verbessert hat? Schließlich lassen sich die negativen Effekte auf die Bifidobakterien schon nach zwei bis drei Wochen nachweisen. 

Hier wäre eine weitere mögliche Strategie, Bifidobakterien in Form von Probiotikakapseln gezielt oral zuzuführen. Es handelt sich dabei um lebensfähige Darmbakterien, welche biotechnologisch so stabilisiert werden, dass sie den Anforderungen durch Magen- und Gallensäure widerstehen, und somit in den Dickdarm gelangen können. Inzwischen haben viele Studien gezeigt, dass Probiotika ihre positiven Wirkungen nicht durch die tatsächliche Ansiedlung im Dickdarm erreichen, sondern durch die spezifischen Reaktionen des Darmimmunsystems auf deren verstärkte Anwesenheit. Generell ist die Empfehlung von Probiotika für unseren spezifischen Einsatzbereich nicht leicht, denn die Wirkungen unterscheiden sich nicht nur nach den Konzentrationen der Lebendbakterien, sondern auch nach deren individueller Kombination. 

 

Zu unserer aller Vorteil findet sich allerdings tatsächlich eine klinische Untersuchung, welche genau diesen Aspekt - die Nebenwirkungen der FODMAP-Reduktion auf das Mikrobiom von Reizdarmpatienten - genauer unter die Lupe nimmt. Staudacher und Kollegen (2017) teilten Reizdarmpatienten in vier Gruppen ein. Die erste Gruppe ernährte sich FODMAP-arm und bekam ein Plazebo, die zweite ernährte sich ebenfalls FODMAP-arm und bekam das Probiotikum VSL3, die dritte Gruppe ernährte sich mit einer ähnlich komplexen Plazebodiät und erhielt ein Plazebo und die vierte und letzte Gruppe ernährte sich ebenfalls mittels der Plazebodiät, bekam aber VSL3 zusätzlich verabreicht. Die Ergebnisse zeigten eine Verminderung der Bifidobakterien während der FODMAP-Reduktion mit Plazebo (zu erwarten), keine Verminderung mit der Plazebodiät und eine deutliche Verbesserung durch die Zugabe des Probiotikums VSL3 zur low-FODMAP-Diät. 

 

Die zusätzliche Gabe von Probiotika kann also durchaus zielführend sein. In Deutschland ist der Bezug des spezifischen getesteten Produkts VSL3 (einer Kombination verschiedener Stämme) jedoch umständlich bzw. nur unter hohen finanziellen Kosten möglich. Eine günstigere Alternative, welche eine nahezu gleiche Zusammensetzung bietet, stammt von der Firma Dr. Wolz, wobei die preisintensivere Variante (intens) eine deutlich höhere Konzentration der Mikroorganismen enthält.

 

 

 

3. Bifidobakterien gezielt und selektiv anfüttern!

Eine besonders wertvolle und effektive Strategie stellt das gezielte selektive Anfüttern der Bifidobakterien mit Präbiotika dar. Präbiotika werden Nahrungsbestandteile genannt, welche der menschlichen Verdauung nicht zugänglich sind und dadurch bevorzugt von unseren bakteriellen Mitbewohnern verstoffwechselt werden. Um unseren spezifischen Ansprüchen zu genügen, muss ein solches Präbiotikum allerdings zahlreichen Ansprüchen genügen. Es muss sich selektiv positiv auf unsere Bifidobakterien auswirken, während es keine wachstumsfördernden Effekte auf gram-negative Bakterien haben soll. Es sollte außerdem kein FODMAP sein, welches eventuell Symptome provozieren könnte. Bisher schien es kaum möglich zu sein, diese teilweise konträren Ansprüche in Einklang zu bringen, doch eine spezifische Struktur von Galaktooligosaccharid (beta) scheint tatsächlich alle diese Wünsche zu erfüllen und hat zusätzlich noch seine positiven Wirkungen auf das Reizdarmsyndrom in Studien unter Beweis gestellt. 

 

So wurden in einer klinischen Studie von Silk und Kollegen (2009) Reizdarmpatienten über vier Wochen  wahlweise mit dem beta-Galaktooligosaccharid (B-GOS) Bimuno oder mit einem Plazebo behandelt. Mit dem B-GOS kam es zu signifikanten symptomatischen Verbesserungen auf den Ebenen Bauchschmerzen, Stuhlkonsistenz, Blähungen und Lebensqualität. Außerdem wurden begleitende Angstbeschwerden gelindert. Die Konzentration der Bifidobakterien erhöhte sich stark, während potentielle Pathogene (bspw. Clostridium perfringens) effektiv zurückgedrängt wurden. Schmidt und Kollegen (2015) erzielten noch einen weiteren interessanten Effekt mit dem B-GOS. Die Forscher zeigten, dass sich die Gabe des Probiotikums positiv auf das Stresshormon Cortisol auswirkt und Anwender negativen Stressoren nicht mehr eine so große Aufmerksamkeit schenken. 

 

Inzwischen habe ich einige Erfahrung mit der Anwendung von B-GOS sammeln können (als Nutzer und mit vielen Klienten). Sinnvoll scheint es mir zu sein, die Dosis des Supplements langsam, aber stetig zu steigern. Gerade für Patienten, welche sehr sensibel auch auf Ballaststoffe reagieren, empfiehlt sich dieses schrittweise Vorgehen. Anfängliche Blähungen verschwinden zumeist nach einigen Tagen der Anwendung. Die zu erwartenden Effekte heben dieses kleine (vergängliche) Verträglichkeitsmanko tatsächlich um ein vielfaches auf. 

Um den Unterschied noch einmal deutlich zu machen: Während ein Probiotikum die Bifidobakterien nicht ersetzt und eine dauerhafte Zufuhr notwendig ist, füttert ein Präbiotikum wie B-GOS die Bifidobakterien selektiv an. Sie vermehren sich tatsächlich in unserem Darmtrakt und nehmen dort ihre für die Gesundheit wichtigen Aufgaben wahr. Ganz ähnliche Effekte könnten wir mit größeren Mengen an Knoblauch usw. in der Ernährung erzielen, allerdings unter Inkaufnahme aufflammender Darmsymptome. 

 

 

 

Und jetzt genug der vielen Worte! Lassen wir unsere probiotischen Helferlein endlich wieder blühen!