Eine praktische kurze Yogaroutine lindert nachweislich die Beschwerden des Reizdarmsyndroms!

Yoga ist ein uraltes Bewegungs- und Entspannungssystem. Auch viele Menschen der westlichen Welt schwören heute auf dieses Training. Doch wussten Sie, dass Yoga für den Reizdarm in Studien teils effektiver war als Medikamente? Bild:Philipp Wiebe/pixelio.de
Yoga ist ein uraltes Bewegungs- und Entspannungssystem. Auch viele Menschen der westlichen Welt schwören heute auf dieses Training. Doch wussten Sie, dass Yoga für den Reizdarm in Studien teils effektiver war als Medikamente? Bild:Philipp Wiebe/pixelio.de

Wenn ich meinen Klienten mit einem Reizdarmsyndrom oder einer anderen Darmstörung das erste Mal eine tägliche Yoga- oder besser Bewegungspraxis ans Herz lege, schauen mich viele von ihnen erst einmal fragend an. In ihrem Gesichtsausdruck spiegelt sich dann häufig eine Mischung aus offener Ablehnung, Überraschung oder sogar Enttäuschung wider. Wie kann ein Typ wie ich, der sich sonst so stark auf die Wissenschaft beruft, der hauptsächlich über Mastzellen, Mikroentzündungen und das Mikrobiom schreibt, einen solchen "Firlefanz" empfehlen? Yoga, das mieft nach Spiritualität, nach Hippiedasein. Es gehört definitiv eher in die Ecke der Alternativmedizin, zu den vielen Heilpraktikern, Gurus und Geistheilern, nicht wahr? Vor allem die Männer tun sich mit dieser Empfehlung besonders schwer.

 

Machen wir einen Versuch: Nennen wir diese Empfehlung für die nächste Minute einfach nicht "Yoga", sondern verwenden ein trendigeres Wort, welches nicht mit so vielen Vorurteilen behaftet ist. Nehmen wir uns doch vielleicht etwas aus dem MMA oder aus dem Crossfit! Wie wäre es beispielsweise mit "Joint Mobility"? Gestattet das Ihnen, liebe Herren, den Artikel bis zum Ende vorurteilsfrei zu lesen? Ich hoffe es für Sie! Denn sonst bringen Sie sich um eine der wichtigsten Komponenten im täglichen Kampf um die Heilung des Reizdarmsyndroms.

Ganz ähnlich wie bei der Meditation, oder auch der Akupressur (siehe das letzte Video), ist es für westliche Menschen oft sinnvoll, die Begriffe aus ihrem spirituell und kulturell aufgeladenen Kontext herauszulösen und den theoretischen Überbau konkret zu hinterfragen. Wir wissen beispielsweise, dass Akupuntur und Akupressur beim Reizdarm signifikant besser wirken als Plazebo. Ob wir aber dem von der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) vorgegebenen Systematiken folgen (Elementelehre, Energiemeridiane), hat Studien zufolge keinerlei Einfluss auf die Effektivität. Heute nutzen tausende Psychotherapeuten und noch viel mehr Laien die Konzepte der Achtsamkeitsmeditation und sind dabei wahnsinnig erfolgreich, ganz ohne letztendlich zum Zen-Buddhisten zu mutieren, sich in safranfarbene Gewänder zu hüllen und dabei permanent in Rätseln zu sprechen. Und so ist es auch mit dem Yoga. Sie müssen nicht summen, keine Elefantengötter anbeten und auch keine "höhere Stufe der Einsicht" erklimmen. Sie müssen auch keine extremen Verrenkungen erlernen, wenn Sie das nicht möchten. Auch wenn Ihnen das einige Gurus aus Marketingzwecken vielleicht weismachen wollen: Meditation, Akupressur und auch Yoga sind nichts besonderes. Sie umweht kein mystischer Hauch und es braucht auch keine besonderen Techniken oder Einweisungen (außer vielleicht bewegungsspezifsch-physiotherapeutische). Die Belastung mit solchen Begrifflichkeiten schadet nur und schreckt viele interessierte Menschen ab. Dabei ist es ganz einfach. Es geht schlicht und ergreifend darum, dass Sie es machen! Vielleicht gelten Sie dann in einigen Großstadtcliquen nicht als hip, weil Sie keine höheren Einsichten über die Welt erlangen oder in irgendeinen verlassenen Tempel in Asien pilgern um dort zu fasten, aber Ihrem Reizdarm werden Sie so trotzdem helfen. Das beweisen inzwischen viele wissenschaftliche Untersuchungen.

 

In diesem Artikel werde ich deshalb die bisher durch die Forschung erfassten Daten kurz vorstellen und schließlich auch eine kurze Yogaroutine beschreiben, welche Sie ganz leicht zuhause umsetzen können. Genau diese Übungsfolge hat sich in einer randomisierten und kontrollierten Studie bewährt.

 


Ist Yoga überhaupt hilfreich bei einem Reizdarmsyndrom?

Immer schön entspannt bleiben ... Um die tägliche Yogapraxis effektiv für das Reizdarmsyndrom zu machen, müssen Sie natürlich nicht solche akrobatischen Stellungen erlernen wie auf diesen tollen Bildern (außer Sie möchten). Bild:Philipp Wiebe/pixelio.de
Immer schön entspannt bleiben ... Um die tägliche Yogapraxis effektiv für das Reizdarmsyndrom zu machen, müssen Sie natürlich nicht solche akrobatischen Stellungen erlernen wie auf diesen tollen Bildern (außer Sie möchten). Bild:Philipp Wiebe/pixelio.de

Wenn ich über Themen wie das Yoga bei Darmstörungen spreche oder schreibe, wird - wie oben bereits erwähnt - sehr häufig der Begriff der Alternativ- oder Komplementärmedizin ins argumentative Feld geführt. Inzwischen kann ich dann nur noch entnervt mit den Augen rollen. Denn, ist die willkürliche Zuordnung eines Behandlungskonzeptes zur so genannten Alternativmedizin tatsächlich ein Argument über deren Nutzen bzw. Nicht-Nutzen? Es kann durchaus inspirierend wirken, sich von diesem dichotomen Denken zu befreien. Lassen Sie mich Ihnen dabei helfen, indem ich einige kleine Beispiele ausführe: Die Hypnose gehörte jahrzehntelang zur Komplementärmedizin und wurde anfangs sogar in den Bereich der Parapsychologie verbannt. Heute kennen wir einige Wirkmechanismen der Hypnose und viele Studien zeigen deren Effektivität etwa bei der Schmerzhemmung. Die Hypnose wurde dadurch geadelt und wird heute in Kompetenzzentren ausgeführt und durch viele Krankenkassen erstattet. Ein weiteres praktisches Beispiel gefällig?  Ernährungsempfehlungen beim Reizdarmsyndrom wurden lange Zeit von den Ärzten verlacht, ihre Vertreter als Scharlatane oder eben Alternativmediziner abgetan. Heute erhielt die Ernährungshypothese durch die NCGS (nicht-zöliakieassoziierte-Glutensensitivität) beim RDS und das FODMAP-Konzept den Ritterschlag und wird als "first-line-therapy" angesehen. Im Gegensatz dazu stehen seltsamerweise Therapieverfahren innerhalb der Schulmedizin und werden kaum hinterfragt, welche kaum Evidenz aufweisen und deren Konzepte sich einer wissenschaftlichen Prüfung entziehen. Kurz gesagt: Kategorisierungen ändern sich und nur weil wir (noch) nicht verstehen, wie etwas wirkt, heißt dies nicht im Umkehrschluss, dass es nicht wirkt!

 

Für die Effektivität der Yogapraxis beim Reizdarmsyndrom liegen aber zum Glück verschiedene wissenschaftliche Grundlagenarbeiten vor, so dass wir konstatieren können, dass der Behandlungsansatz tatsächlich fruchtet. Warum dies allerdings der Fall ist, liegt noch weit im Dunkel. Vermutlich kumulieren hier verschiedene Effekte der Entspannung/Psychotherapie und biologischer Faktoren (Wirkung von Bewegung auf das Mikrobiom und bspw. Entzündungsprozesse) und werden auf einer höheren Ebene (vgl. Erkenntnisse der Psychoneuroimmunologie) integriert. Aus den Untersuchungen konnten wir aber unter anderem erfahren, dass die regelmäßige Yogapraxis langfristig das Vegetative oder auch Autonome Nervensystem (ANS) reguliert, indem es den Parasympathikus aktiviert. Eine exzessive Aktivität des Sympathikus gehört zu einer der diskutierten Ursachen oder Pathomechanismen des Reizdarmsyndroms (siehe z.B. Manabe und Kollegen, 2009).

 

Was sagt denn die liebe Wissenschaft?

Aus Gründen der Übersichtlichkeit werde ich die zentralen Ergebnisse von wissenschaftlichen Arbeiten zur Yogapraxis beim Reizdarmsyndrom und anderen Darmerkrankungen im Folgenden in einer Tabelle zusammenfassen. Zu den Originalarbeiten gelangen Sie, wenn Sie auf die jeweils grün markierten Namen der Forschergruppen klicken.

Einbezogen wurden vor allem Arbeiten mit Randomisierung und Fallgruppe. Ausgeschlossen wurden Übersichtsarbeiten und theoretische Abhandlungen, welche mögliche Erklärungsansätze diskutieren, da es bei letzteren noch keinen Konsens gibt.

 

Forschergruppe (Jahr) Methodik zentrales Ergebnis Statement der Gruppe

 Taneja et al.

(2004)

 Vergleich 2x täglich Yoga vs. 2-6mg Loperamid über zwei Monate für Reizdarm Durchfall Verbesserungen globaler Symptome und darmbezogener Ängste in beiden Gruppen, stärker jedoch in Yogagruppe; vegetativer Ausgleich (verstärkte parasympathetische Aktivierung in Yogagruppe) "Studie demonstriert Überlegenheit von Yoga-Intervention über konventionelle Therapie bei RDS-D"

Kuttner et al.

(2006)

Vergleich tägliches Yoga vs. Warteliste für Heranwachsende (11-18) mit RDS global signifikant niedrigere Symptomscores und deutlich reduziertes emotionsassoziiertes Vermeidungsverhalten gegenüber der Kontrollgruppe "Yoga verspricht eine sinnvolle therapeutische Intervention bei Heranwachsenden mit Reizdarmsyndrom zu sein"

Brands et al.

(2011)

10 Yoga-Einheiten für Kinder und Heranwachsende (11-18) Schmerzfrequenz und -intensität signifikant reduziert; Langzeiteffekte nach drei Monaten nachweisbar "Studie zeigt, dass Yogaübungen effektiv für Kinder und Heranwachsende mit RDS ist"

Evans et al.

(2014)

Vergleich 2x wöchentliches Yoga über sechs Wochen vs. usual care für junge Erwachsene (18-26) mit RDS signifikante Verbesserungen auf den Skalen "globale Symptome", "intensivster Schmerz", "Übelkeit" und "Verstopfung" während Intervention; Langzeiteffekte (8 Wochen) auf den gleichen Dimensionen außer Verstopfung "Kurze Yogaintervention ist eine vielversprechende und sichere Begleittherapie für junge Erwachsene mit Reizdarmsyndrom"

Shahabi et al.

(2016)

Yoga 2xwöchentlich über acht Wochen oder Walkingprogramm signifikante Verbesserungen der gastrointestinalen Symptomatik und Hypersensitivität in der Yogagruppe; Walking zeigte geringere Effekte auf die GI-Symptomatik aber günstige Auswirkungen auf Stimmung und Ängstlichkeit; Langzeiteffekte für Yoga (6 Monate) ließen sich nicht nachweisen "Walking und Yoga haben unterschiedliche Effekte als selbstregulierende Therapien für RDS, wobei beide Behandlungen effektiv und sicher sind"

Sharma et al.

(2015)

Vergleich tägliches Yoga über acht Wochen vs. usual care für Patienten mit Morbus Crohn und Kolitis ulcerosa signifikante Verminderung von krankheitsassoziierten Gelenkschmerzen und Angstsymptomatik; reduzierte Anzahl berichteter Darmbeschwerden "Simplifiziertes Yogaprogramm ist eine sichere und effektive zusätzliche Behandlungsmethode für Betroffene mit CED"

Beispielroutine für die tägliche Yogapraxis

aa
Bei der Entwicklung der täglichen Bewegungspraxis sollte besonderes Augenmerk auf die Langfristigkeit gelegt werden. Nicht Perfektion ist unser Ziel, sondern eine dauerhafte Linderung der Reizdarmbeschwerden. Bild: Antje Strathmann Finweg/pixelio.de

Bevor ich zur Vorstellung der eigentlichen Yogaroutine komme, möchte ich gern noch einige Hinweise geben. In meiner inzwischen 15jährigen Laufbahn als Fitness- und Rehabilitationstrainer bin ich immer wieder auf folgendes Phänomen gestoßen: Es gibt Menschen, die machen oberflächlich betrachtet alles richtig (sie befolgen evidenz-basierte Trainingssysteme, ernähren sich proteinreich und je nach Zielvorgabe kalorienoptimiert, planen aktive Regeneration mit ein usw.) und erreichen dennoch nie die Ergebnisse von Trainierenden mit eher "unwissenschaftlichem" Vorgehen und nicht annähernd so ausgeprägtem Hang zur Perfektion. Natürlich spielt dabei die elterngegebene Genetik eine große Rolle, aber es gibt noch einen weiteren entscheidenden Faktor, welchen ich heute als oberste Prämisse über alle meine Programme setze und dabei ist es ganz egal, ob es um Ernährung, Fitness oder eben Psychotherapie geht. Es ist die Komponente der langfristigen Umsetzbarkeit.

Was nützt mir der ausgefeilteste strenge Ernährungsplan, oligohypoallergen, low-FODMAP und unter Einbeziehung weiterer für das Reizdarmsyndrom bedeutender Konzepte, wenn ich Reis, Pute und Zucchini nach zwei Wochen nicht mehr sehen kann und mich entnervt mit Snickers und Nutellabrötchen belohne? Wie lange werde ich wohl ein sportliches Training durchhalten, welches wissenschaftlich durchaus sinnvoll und belegt ist, mir aber absolut keinen Spaß macht? Genau letzterer Aspekt unterscheidet viele erfolgreiche Athleten aber auch Klienten vom Rest: Sie haben die Dinge gefunden, welche ihnen wirklich Spaß machen. Sie müssen sich nicht dazu zwingen. Sie essen gern und aus Überzeugung paleo, vegan oder mediterran und niemand muss sie in das Fitnessstudio schleifen.

 

So wie diese erfolgreichen Athleten müssen wir auch unsere Bewegungspraxis gestalten. Natürlich gehört zum Erfolg auch immer etwas Disziplin dazu, aber grundsätzlich ist es immer besser, etwas mit Freude zu tun, als eine sinnvolle Sache ganz bleiben zu lassen, weil sie einem zu mühsam erscheint. Scheuen Sie sich deshalb nicht die tägliche Yogaroutine Ihren persönlichen Bedürfnissen anzupassen. Erschweren oder erleichtern Sie sich die Positionen je nach Trainingszustand, oder lassen Sie Übungen weg, wenn Ihnen die Zeit fehlt. Verbinden Sie die Bewegungseinheiten mit Meditations- und Entspannungsaspekten, legen Sie dabei tolle Musik auf, oder massieren Sie beim Üben die vorgestellten Akupressurpunkte. Erlaubt ist, was Spaß macht. Wichtig ist nur, dass Sie aktiv werden!

 

Ihr Start in das Reizdarm-Yoga. Jetzt geht es endlich los!

Achten Sie bitte unbedingt darauf, dass Sie vor jedem Supplement- oder Ernährungsprogramm, aber auch jeder Bewegungspraxis Ihren Arzt konsultieren. Dies gilt natürlich besonders, wenn Sie sích lange nicht körperlich betätigt haben, oder unter Erkrankungen des Bewegungsapparates leiden. Sollten Sie bei den Übungen Schmerzen haben, dann lohnt sich ein Besuch bei Ihrem Physiotherapeuten, welcher Sie auf evtl. vermeidbare Fehlhaltungen hinweisen, oder Ihnen einfachere Varianten demonstrieren kann. Bitte gehen Sie immer einen sicheren Weg!

 

1. Die Einleitung: Der Diamantsitz

Wir beginnen unsere Yogapraxis für das Reizdarmsyndrom im "Diamantsitz". Es empfiehlt sich, sich vor den Yogastellungen etwas aufzuwärmen. Dieses kurze Warm-Up sollte nicht sonderlich intensiv sein - einige Minuten Laufen oder eine leichte Gymnastik (Kniebeugen, Schulterkreisen, Rumpfrotationen usw.) reichen dafür völlig aus. Der Übungsraum sollte angenehm warm und dennoch gut durchlüftet sein. Telefon, Smartphone und sonstige Störenfriede gehören aus- bzw. stumm geschaltet.

 

Um in den Diamantsitz zu kommen, setzen Sie sich aus dem Kniestand zurück auf Ihre Füße. Wichtig ist dabei, dass sich die Zehen berühren, während die Fersen einen möglichst großen Abstand haben, so dass eine Mulde entsteht (siehe meine Fotodemonstration rechts). In diese Lücke passt genau der Po.

Die Wirbelsäule ist aufrecht, die Halswirbelsäule bildet ein leiches "Doppelkinn" (siehe oben). Die Schulterblätter sind leich zusammengezogen. Stellen Sie sich dabei vor, Sie würden ein Schulterblatt in die gegenseitige Hosentasche schieben wollen (nach schräg innen und unten).

 

In dieser Stellung verharren Sie nun mehrere Minuten. Beginnen Sie mit 3-5 Minuten und nutzen Sie diese Zeit für das Üben einer ruhigen Bauchatmung oder eine kurze Meditation. Dies ist sozusagen die Einstimmung auf die folgende Bewegungspraxis.

 

2. Die Mondhaltung

Strecken Sie aus dem Diamantsitz die Arme hoch über den Kopf und lassen Sie Ihren so verlängerten Oberkörper langsam und kontrolliert auf Oberschenkel und Kniegelenke gleiten. Atmen Sie dabei tief aus und halten Sie die Bauchspannung. Ihr Rücken ist nun gestreckt, der Po liegt möglichst auf den Fersen auf. Die Stirn sinkt in die Unterlage.

Halten Sie diese Stellung für 1-2 Minuten und atmen Sie dabei ruhig und gleichmäßig.

Richten Sie sich danach wieder in den Diamantsitz auf, indem Sie kräftig Ihre Rückenmuskeln anspannen. Schulterblätter nach hinten, Bauch anspannen.

 

3. Der schlafende Diamant

In diese Position gelangen Sie am besten über die Unterarme bzw. Ellenbogen. Lehnen Sie sich aus dem Diamantsitz vorsichtig zurück, indem Sie Ihre Hände ein Stück hinter die Fersen setzen. Beugen Sie nun die Arme und wandern Sie über die Unterarme in eine angenehme Rückenlage. Schieben Sie die Arme möglichst weit hinter den Kopf.

Besonders wichtig in dieser Position ist das Anspannen der Bauchmuskulatur und das dadurch erzielte "Schließen" des unteren Rippenbogens. Ziel ist es, möglichst flach auf dem Boden zu liegen, was schon einiges an Beweglichkeit, vor allem in der vorderen Beinmuskulatur erfordert.

 

Eine gängige Variation der Stellung, welche ich im Bild links demonstriere, ist die Kombination mit dem "Fisch". Dabei wird die Halswirbelsäule überstreckt und die Kopfkrone auf dem Boden abgelegt. Diese Abwandlung des schlafenden Diamanten nimmt den Fokus von den Oberschenkeln und der Bauchmuskulatur und ist dadurch für bestimmte Personengruppen leichter bzw. bequemer einzunehmen. Praktizierende mit Wirbelsäulenbeschwerden (vor allem der Halswirbelsäule) sollten aber davon Abstand nehmen. Im Gegensatz zur klassischen Version legen Sie die Hände auf die Oberschenkel, um das Schultergelenk nicht zu überstrecken. Halten Sie die Position ebenfalls für 1-2 Minuten und atmen Sie fließend.

 

4. Die Zange

Die Position der Zange kennt wohl jeder aus Gymnastikeinheiten oder dem Sportunterricht. Setzen Sie sich auf den Po, die Beine geschlossen ausgestreckt vor Ihnen. Umfassen Sie mit den Händen die Oberschenkelmuskulatur des zugehörigen Beins und schieben Sie den Oberkörper langsam, am Bein hinab wandernd, bis zu den Sprunggelenken. Sind Sie schon etwas beweglicher, können Sie gern, wie im Bild gezeigt die Zehen ergreifen, oder den Kopf auf den Beinen betten. Bei der Vorwärtsbewegung atmen Sie langsam und kontrolliert aus und halten die Dehnung für 1-2 Minuten.

 

Möglich ist aber auch eine einbeinige Variante. Dafür winkeln Sie einfach ein Bein im Kniegelenk ein und legen die Fußsohle an den Oberschenkel des gestreckten Beines. So können Sie Ihre Bewegungspraxis bspw. unterschiedlich dosieren, sollte einer der Beinbeuger ein limitierender Faktor sein. Vergessen Sie bei dieser Version aber nicht, beide Beine zu beüben, um die Bewegung abzuschließen.

 

 

 

5. Das Kamel

Vielleicht haben Sie schon gemerkt, dass unsere kurze Einführungsroutine einem besonderen Rhythmus folgt? Auf eine Beugung des Rumpfes (Mond, Zange) folgt jeweils eine Streckung (schlafender Diamant, Kamel). Dies wird im Yoga sehr oft so gehandhabt.

Um jetzt in das Kamel zu gelangen, begeben Sie sich zunächst in den Kniestand. Aus dieser Position lehnen Sie sich bei voller Bauchspannung vorsichtig zurück, bis Sie Ihre Fersen erreichen. Anfangs können Sie sich vorsichtig zurücktasten, oder aber nach einer Erhöhung greifen (Yoga-Blöcke oder Bücher). Schieben Sie das Kinn nach hinten und richten die Halswirbelsäule aus und pressen Sie Oberschenkel und Hüften nach vorn, damit eine Art Viereck entsteht. Die Rücklage entsteht über die Wirbelsäule, nicht die Hüften! Diese Position ebenfalls für 1-2 Minuten halten und weiter geht es zur Katze-Kuh-Kombination.

 

6. Katze und Kuh schenken dem Darm Ruh´

Diese Stellung besteht aus zwei Positionen, zwischen denen ein dynamischer Wechsel stattfindet. Atmen Sie tief aus und machen Sie dabei einen "Katzenbuckel". Der Kopf wird hängen gelassen. Sorgen Sie dafür, dass sich die ganze Wirbelsäule rund macht und nicht nur einzelne Segmente. Ziehen Sie den Bauchnabel in Richtung der Zimmerdecke.

Halten Sie diese Position für einige Sekunden und wechseln Sie dann mit der Einatmung in die Position der Kuh.

 

 

Die Kuh ist quasi die Gegenposition der Katze. Strecken Sie Ihren Rücken so weit Sie nur können und richten Sie auch die Halswirbelsäule dabei auf. Atmen Sie tief und kontrolliert dabei ein.

Besonders hypermobile Personen müssen darauf achten, dass kein zu tiefer "Knick" in der Lendenwirbelsäule entsteht. Wir versuchen unseren Fokus eher auf die relativ unbewegliche Brustwirbelsäule und die Rippengelenke zu legen. Dort im oberen Rücken sollten Sie einen entsprechenden Dehnreiz erzielen.

 

7. Der Bogen

Legen Sie sich auf den Bauch und strecken Sie die Arme nach hinten aus. Beugen Sie Ihre Beine im Kniegelenk und führen Sie diese dadurch Richtung Po. Ergreifen Sie Ihre Füße jetzt mit den Händen und überstrecken so Ihren Rumpf, dass eben die Form eines Bogens entsteht. Richten Sie die Halswirbelsäule über das Doppelkinn aus und atmen Sie ruhig und entspannt für 1-2 Minuten.

Wie bei jeder anderen Übung können Sie natürlich auch die Haltezeiten in zwei kürzere Abschnitte, z.B. 2x1 Minute, getrennt durch eine 20 Sekunden Pause, unterteilen.

 

8. Vorwärtsbeuge

Die Vorwärtsbeuge könnte ebenfalls aus dem guten alten Turnunterricht stammen. Stellen Sie sich aufrecht hin. Die Hände umfassen nun die Muskeln der Oberschenkel. Mit einem intensiven Ausatmen wandern die Hände immer weiter hinab und der Rumpf wird gebeugt. Schließlich umfassen die Handflächen die unteren Waden oder das Sprunggelenk.

Nach einer 1-2 minütigen Haltezeit wandern Sie mit einem tiefen Atemzug wieder zurück in die Ausgangsposition. Dafür können Sie eine kräftige Bewegung des Rückens nutzen, oder sich Wirbel für Wirbel langsam "aufrollen".

 

9. Und Schluss: Das Dreieck

Um in das Dreieck zu gelangen, stehen Sie erst einmal aufrecht. Drehen Sie nun den rechten Fuß nach außen, so dass er zur Seite zeigt und machen Sie einen Schritt in diese Richtung. Beugen Sie das rechte Knie nun vorsichtig ein, während sich Ihr Körper so rotiert, dass der rechte Arm zum rechten Fuß greift und diesem als zusätzliche Stütze dient. Der linke Arm zeigt gen Himmel und der Kopf orientiert sich an diesem Punkt. Die Position wird ebenfalls wieder 1-2 Minuten gehalten, bevor ein Seitenwechsel stattfindet. Zu beachten ist vor allem die Stellung der Hüfte. Bein und Oberkörper sollten möglichst eine Linie bilden (Hüfte nach unten schieben). Für fortgeschrittene Übende bieten sich Versionen mit gestreckten Beinen oder gegenseitiger Rotation an.

 

Sehen Sie, so schlimm war das doch gar nicht, oder? Und zur plastischen Demonstration noch ein kurzes Video.

Und jetzt ganz viel Spaß beim Üben! ;)