Darmsanierung: Wo Probiotika scheitern, hilft die Spezielle Kohlenhydratdiät (SCD)

Die Spezielle Kohlenhydratdiät (SCD) ist die effektivste Darmsanierung, zeigen neue Studien.
Bild: Tim Reckmann / pixelio.de

Seit Jahren versucht uns die Supplementindustrie ihre teils überteuerten und aggressiv beworbenen Probiotika mit dem Argument schmackhaft zu machen, diese würden die gestörte Darmflora "sanieren". Von Produkt A drei Wochen lang jeweils vier Kapseln einnehmen, dann der Wechsel zu Produkt B usw. Klingt verlockend, oder? Wir schlucken einfach ein paar Pillen, ändern nichts an unserem Lebensstil, das aus den Fugen geratene Mikrobiom normalisiert und der Reizdarm bzw. die chronisch-entzündliche Darmerkrankung beruhigt sich. Dieses Szenario hat nur einen Haken: Es funktioniert nicht.

 

Zum einen wirken Probiotika immunomodulatorisch. Dies gilt allerdings nur so lange, wie sie dem Körper zugeführt werden, denn mehrere Studien konnten bereits zeigen, dass sich die lebensfähigen Bakterien nicht dauerhaft im Dickdarm ansiedeln. Ein weiteres Problem ist das schiere Ausmaß der Darmfloraveränderungen, denn RDS- und CED-Patienten fehlen im Durchschnitt etwa 250(!) Spezies. Nun überlegen Sie einmal genau, wie viele Arten ihr letztes teures Probiotikum enthielt.

 

Eine neue Studie zeigte nun, dass die Spezielle Kohlenhydratdiät genau DAS tut, was die Probiotikahersteller für sich beanspruchen, nur dass es tatsächlich wirkt und dabei komplett kostenlos ist. Dieser Mechanismus erklärt wohl die durchschlagenden Erfolge vieler Anwender. (Übrigens haben Probiotika durchaus ihren Sinn, aber ihre Vorteile liegen woanders)

 


Unwirksam, nur Geldmacherei, gefährlich und unwissenschaftlich?

 

Ich weiß noch, wie ich immer wieder von Ärzten und vor allem Patienten hören musste, die Spezielle Kohlenhydratdiät (SCD) sei unwirksam, nur Marketing, gefährlich und unwissenschaftlich. Schauen wir uns diese Kritikpunkte mal kurz etwas genauer an:

 

Unwirksam?

Neben den unzähligen, teils beinahe wundersam zu nennenden, Fallberichten im Internet finden sich inzwischen einige Fallsammlungen, welche imposant die Wirksamkeit der SCD demonstrieren (u.a. Olendzki und Kollegen, 2011; Kakodkar und Kollegen, 2015).

 

Marketing?

Einer Diät, zu welcher eigentlich nur ein grundlegendes Buch (nämlich Breaking the Vicious Cycle von Elaine Gottschall, MSc) gehört und welche weder Supplemente o.a. Produkte empfiehlt, kann man glaube ich nur schwerlich diesen Vorwurf machen. Wer will, bekommt alle nötigen Infos und Lebensmittellisten auch kostenlos im Internet.

 

Gefährlich?

Gerade von CED-Patienten wurde mir oft vorgeworfen, die SCD propagiere etwas unmögliches und würde dadurch Betroffene verleiten, ihre Medikamente nicht zu nehmen, oder den Arzt nicht regelmäßig aufzusuchen. Jedoch empfiehlt die SCD nirgends, dass man mit einem Mal seine Medikamente absetzen muss. Sie ist ein Teil der Behandlung, wie andere Komponenten auch.

Übrigens scheint die Spezielle Kohlenhydratdiät doch so sicher zu sein, dass die Universität Seattle und das angeschlossene Kinderkrankenhaus sie als Begleitung beim pädiatrischen Morbus Crohn bzw. der Colitis ulcerosa empfehlen, welche das Potenzial hat klinische und Laborparameter zu verbessern (u.a. Obih und Kollegen, 2016).

 

Unwissenschaftlich?

Ich denke, dass allein die vorher angeführten Fachartikel und Fallstudien zeigen, dass die SCD eine wissenschaftliche Analyse nicht zu scheuen braucht, im Gegenteil. Im Übrigen finde ich es immer bedenklich, wenn etwa Ärzte das fehlende Vorhandensein von Studien mit der Nicht-Wirksamkeit einer Methode gleichsetzen. Ein ähnliches Spiel hatten wir damals bspw. mit der Hypnose. Was kann ein medizinisches Verfahren dafür, dass sich niemand darum bemüht RCTs durchzuführen? Jeder auch nur halbwegs Interessierte weiß, dass es schwierig ist, Fördergelder für Untersuchungen aufzutreiben, welche nicht in ein vermarktbares Produkt münden. Die unendlichen Erfolgsgeschichten mit der SCD seitens der Anwender hätten eine ganze Reihe an Untersuchungen gerechtfertigt!

Doch zum Glück wächst der Berg an Untersuchungen dennoch ...

 

 

SCD verbessert die Darmflora

 

Eine dieser neuen Untersuchungen stammt von Walters und Kollegen (2014). Die Wissenschaftler untersuchten Stuhlproben von CED-Patienten mittels DNA-Technik auf die Zusammensetzung des individuellen Mikrobioms. Wie bereits zuvor demonstriert, verfügten Patienten mit Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa über eine stark herabgesetzte Biodiversität (Artenreichtum) der Darmflora. Dieser Fakt wird als einer der Hauptpathomechanismen bei CED aber auch RDS diskutiert. In einem Kreuzdesign mit Washoutperiode wurden die Teilnehmer nun auf die SCD oder eine low-residue-diet (LRD) gesetzt.  

Bereits nach kurzer Zeit verbesserte die SCD die Biodiversität und forcierte u.a. Bakterienspezies, welche für ihre antientzündlichen Eigenschaften bekannt sind, während die LRD den Artenreichtum sogar weiter verminderte.

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Die Ergebnisse waren so beeindruckend, dass die Forscher einen massiven Bedeutungszugewinn der diätetischen Verfahren bei der Behandlung von entzündlichen Darmerkrankungen voraussagten. Dies betrifft die Symptomreduktion UND die Heilung der Schleimhaut.

 

Für das Reizdarmsyndrom wurden übrigens die gleichen Veränderungen der Darmflora berichtet, so dass auch bei dieser Erkrankung ein therapeutischer Effekt erwartet werden kann.

 

 Die vorgestellte Studie ist deshalb so bedeutsam, weil sie zu einer seltenen Art gehört: Sie zeigt nämlich nicht "nur" dass eine Methode funktioniert, oder eben einem Placebo überlegen ist, sondern sie bietet auch ein vernünftiges Erklärungsmodell.

 

Probieren Sie es doch einmal aus. Die SCD ist nämlich hoch effektiv, kostenlos, ungefährlich und wissenschaftlich!