Inzwischen könnten wir geneigt sein, die low-FODMAP-Diet, also die Reduktion schwer verdaulicher und fermentationsfähiger kurzkettiger Kohlenhydrate zur Linderung von Beschwerden des Reizdarmsyndroms und als Teil der Behandlung bei einer Dünndarmfehlbesiedlung, als alten Hut zu bezeichnen. Kaum ein Patient, welcher nicht bereits von dieser Wunderkur gehört hat, auch wenn dies meist in Foren und Selbsthilfegruppen geschieht, da die Medizinercommunity noch etwas hinterher zu hinken scheint.
Doch obwohl diese Ernährungsform seit inzwischen knapp 15 Jahren bekannt ist (nehmen wir den Vorläufer, die "Spezielle Kohlenhydratdiät" mit hinzu - sind es sage und schreibe über 115 Jahre!), verfügen wir weder über empirische Langzeiterfahrungen, noch wissen wir genug über die zugrundeliegenden Mechanismen dieses effektiven diätetischen Ansatzes.
Bisher konnte man in den einschlägigen Ratgebern und Fachartikeln "lediglich" lesen, dass die Reduktion des fermentierbaren Substrates zu weniger Gasbildung und dadurch provozierter osmotischer Effekte führe, was schließlich die Symptomlinderung vor allem bei Durchfällen und Bauchschmerzen erkläre.
Eine neue wissenschaftliche Untersuchung zeigte jedoch, dass die low-FODMAP-Diet einen der Hauptpathomechanismen beim Reizdarmsyndrom positiv beeinflusst und erweiterte damit unser bisheriges Blickfeld auf die diätetische Basistherapie.
Low-FODMAP = Low-Histamine?
Inzwischen wissen wir, dass die Ausschüttung von Histamin und anderen Entzündungsmediatoren aus darmeigenen Mastzellen einer der bedeutendsten Pathomechanismen beim Reizdarmsyndrom ist (u.a. Guilarte und Kollegen, 2007; O´Sullivan und Kollegen, 2000 usw.) Dabei korreliert bspw. die Nähe der Mastzellnester zu Nervenfasern mit der empfunden Hypersensitivität (erlebtes Schmerz- und Sensationsempfinden) der Patienten und die Anzahl der Mastzellnester mit der Schwere der Symptome. Einen besonders deutlichen Zusammenhang finden wir beim durchfallbetonten Typus (RDS-D).
McIntosh und Kollegen (2016) teilten Reizdarmpatienten per Zufall in zwei Gruppen ein. Während eine der Gruppen für drei Wochen eine Kost mit reduzierten FODMAPs erhielt, ernährte sich die andere Gruppe FODMAP-reich. Nach diesen drei Wochen wurden das Mikrobiom (die Darmflora) und eben auch das Metabolom untersucht.
Zentrale Ergebnisse:
-
Die Symptome verbesserten sich mit einer low-FODMAP-Diet, während sie bei einer FODMAP-reichen Normalkost gleich blieben (zu erwarten).
-
Anhand des Metaboloms nach drei Wochen konnte man die beiden Gruppen allein anhand eines Urintests unterscheiden.
- Besonders auffällig war eine um den Faktor 8 reduzierte Ansammlung von Histamin bei der low-FODMAP-Gruppe. Dies deutet auf eine deutlich geringere Immunaktivierung hin.
- Die low-FODMAP-Gruppe zeigte eine deutliche Zunahme und einen hohen Artenreichtum der Actinobacteria, während die Darmflora der FODMAP-Gruppe durch einen Mangel an gaskonsumierenden Bakterien gekennzeichnet war.
Fazit:
Eine low-FODMAP-Diet reguliert die Symptome wahrscheinlich nicht nur mittels Substratentzug, sondern auch durch die verminderte Ausschüttung von Histamin aus den Mastzellen (d.h. geringere Immunaktivierung) und die Modulation des Mikrobioms (der Darmflora).
Dies könnte teilweise auch erklären, warum die low-FODMAP-Diet besonders gut für den durchfalldominanten Typ des Reizdarmsyndroms funktioniert, da dort eben eine hohe Korrelation bzgl. Mastzellen-Histamin und Symptomen besteht).