Die Notfalltoilette überall dabei und endlich wieder reisen!

Der sympathische Mann links im Bild ist Rick. Er leidet unter dem durchfallbetonten Reizdarmsyndrom. Ich lernte ihn und seinen Videokanal 2007 oder 2008 kennen. Damals galt für mich ebenfalls noch die Diagnose "Reizdarmsyndrom" und ich hatte jede Menge Therapieoptionen ausprobiert: Loperamid, Mebeverin, Antidepressiva und Angstlöser, Homöopathie, Akupunktur, Psychotherapie, Flohsamenschalen, verschiedene Diäten.


Ich hatte zu diesem Zeitpunkt das Gefühl, dass mir nichts helfen würde und mein ganzes Leben sich wohl oder übel nach meinen Beschwerden bzw. meinem Darm zu richten hätte. Einer der Faktoren, die mich am meisten wütend machten, war die Tatsache, dass ich nicht mehr reisen konnte. Selbst vor kürzeren Autofahrten hatte ich eine panische Angst. So musste ich entweder eine Menge Medikamente nehmen, oder aber auf meine geliebten Hobbies (z.B. Wandern) verzichten. Doch dann entdeckte ich glücklicherweise Ricks Videos ...


Wenn du Angst hast, keine Toilette zu finden, dann nimm doch eine mit!

Rick leidet also ebenfalls unter einem Reizdarm mit Schmerzen und ständigen Durchfällen. Typisch für diese Krankheit ist, dass die Betroffenen nicht mehr gern das Haus verlassen, weil sie befürchten, keine Toilette zu finden, wenn sie dringend eine brauchen, diese vielleicht besetzt ist, oder es eben nicht schnell genug geht. Wir haben bereits Klienten betreut, für die jeder einzelne wöchentliche Einkauf eine riesige Herausforderung darstellt.

Haben diese RDS- Patienten für sich vor dem Beginn der Erkrankung Hobbies wie Wandern, Joggen, oder eben Reisen für sich entdeckt, ist es natürlich eine enorme psychische Belastung auf diese zu verzichten. Der Ärger über diesen unschönen Umstand trägt zum Verlust von Lebensqualität bei und verstärkt die empfundene Belastung extrem. Und auch für eine Beziehung oder Familie wird dieser Höllentrip zu einer echten Belastung, wenn der Jahresurlaub nicht mehr möglich ist, oder ein Wochenendausflug wieder einmal ins Wasser fällt.


Rick stand vor dem gleichen Problem. Er probierte alle möglichen Behandlungen aus und fühlte sich verzweifelt, da ihm nichts längerfristig zu helfen schien. Mut- und hoffnungslos durchsuchte er dann eines Abends mal wieder die gängigen RDS- Selbsthilfeforen nach möglichen Therapiemöglichkeiten. Aber er stieß auf einen ganz anderen Thread:


Eine Frau berichtete von ihrem ebenfalls betroffenen Ehemann. Da beide nicht auf Ausflüge verzichten wollten, hatten sich die beiden kurzerhand ein Campingklo in ihren Van installiert und die Scheiben abgetönt, um etwas Privatssphäre zu garantieren.


In diesem Moment ging Rick buchstäblich ein Licht auf. Alles schien so einfach und simpel. Hast du Angst, keine Toilette zu finden, dann nimm einfach eine mit. Wenige Wochen später durchkreuzte er mit seinem Van das Land und genoss seine neu gewonnene Freiheit. Das interessanteste daran war, dass er die Toilette eigentlich nie benutzen musste. Allein das Gefühl im Notfall "versorgt" zu sein, gab ihm Ruhe und Gelassenheit. Wir wissen, dass die meisten RDS-D Patienten ihre Beschwerden durch Erwartungsangst und andere emotionale Ausnahmesituationen massiv verstärken können. Genau dies (die Angst im Notfall keine Toilette zu finden, sich zu blamieren usw.) hatte Rick durch seine kreative Lösung unter Kontrolle gebracht. Außerdem verbesserte sein zurückgewonnenes Hobby seine Gemütslage, was sich positiv auf nahezu jede Erkrankung auswirkt.


Meine Skepsis wich der Überzeugung

Als ich das erste Mal von dieser Idee hörte, musste ich schmunzeln und war auch etwas skeptisch. Eine Toilette im Auto? Aber irgendwie hatte dieser Gedanke auch was. Schließlich verfügen auch die meisten Busse und natürlich jeder Zug über eine Toilette. Und wenn es wirklich dazu beiträgt, dass ich wieder entspannter verreisen könnte, dann wollte ich es ausprobieren. So landete kurze Zeit später eine kleine Reisetoilette im übergroßen Kofferraum unseres Vans und alles entwickelte sich so, wie Rick es beschrieben hatte: Ich musste sie eigentlich nie benutzen, war aber stress- und angstfreier auf längeren Fahrten. Dafür freute sich unsere kleine Tochter später umso mehr, wenn sie mal an einem unpassenden Ort Pipi oder A musste. ;)

Später wurde eine weitere Toilette in unserem Garten verbaut, damit ich auch dort in Ruhe werkeln konnte. Inzwischen habe ich sogar von Betroffenen gelesen, die sich eine solche Notfalltoilette in der Werkstatt aufgestellt haben, falls die Kollegen wieder einmal das einzige Klo blockieren. Die Einsatzmöglichkeiten sind also quasi unbegrenzt.


Als ich begann meine Krankheit mit den "richtigen" Behandlungsansätzen zu therapieren, wurde die Reisetoilette immer überflüssiger. Doch für die Zeit davor und für die Übergangsphase war es eine der kreativen Strategien, die mir half nicht alles hinzuschmeißen oder vollends durchzudrehen. Selbst meiner lieben Frau war der Gedanke an ein Klo im Auto allemal lieber, als nicht mehr in den Urlaub oder zu unseren Wanderrouten zu kommen ...


Lustigerweise fanden viele Eingeweihte (ohne RDS) unsere neue Errungenschaft total praktisch:

"Sowas hätten wir damals im Superstau auf Autobahn xyz gebraucht!"


Wer also noch auf dem Pfad der Besserung ist, aber nicht aufs Reisen verzichten möchte, oder aber zur Arbeit pendeln muss, dem kann ich Ricks etwas unkonventionelle "Therapie" nur ans Herz legen!