Reizdarm, Crohn, Kolitis: Nur Leidensgenossen oder doch Geschwister?

Lange wurden die chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) als eigenständige Entitäten vom Reizdarmsyndrom (RDS) getrennt. Doch sie teilen viele Pathomechanismen.
Bild: Dieter via pixelio.de

Lange Zeit betrachteten Gastroenterologen die chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED), deren bekannteste Vertreter Morbus Crohn und Colitis ulcerosa heißen, als eigenständige Entitäten ohne jeglichen Zusammenhang mit dem Reizdarmsyndrom (RDS). Und auch viele Betroffene stimmten in diesen Chor mit ein. Hier einmal beispielhaft zwei Sätze, welche so tatsächlich von meinen Klienten gefallen sind:

 

 

Wenn die mal zwei Wochen meinen Schub erleben könnten, würden die nicht mehr so in den Foren rumjammern. (Patientin mit Mb. Crohn über RDS-Betroffene)

 

oder

 

Die haben es doch gut. Außerhalb der Schübe geht es denen teilweise jahrelang gut und für die Schübe gibt es inzwischen wirkungsvolle Medikamente. Ganz im Gegensatz zu uns. (Reizdarmpatient über CEDler)

 

Beide Vorurteile sind natürlich Nonsens und starke Pauschalisierungen. So klagt beinahe jeder zweite CED-Patient über Reizdarmbeschwerden in der klinischen Remission, während Reizdarm-Betroffene tatsächlich eine höhere Einschränkung der Lebensqualität berichten und mit Veränderungen wie der Mastzellaktivität teils sehr heftige Beschwerden einhergehen. Das Reizdarmsyndrom ist eben nicht nur Bauchgrummeln.

Für mich war diese Trennung zwischen den beiden Dimensionen RDS und CED immer künstlich und umso mehr wir aus der Wissenschaft über Darmgesundheit und natürlich Darmkrankheiten lernen, desto mehr kristallisiert sich heraus, dass es sich bei diesen Erkrankungen eher um Geschwister handelt, also verschiedene Entitäten auf einem Spektrum, als um Fremde mit zufällig ähnlichen Eigenschaften. Wir können den einen besser verstehen lernen, wenn wir bereits bekannte Variablen des anderen betrachten und natürlich umgekehrt.

 

Die folgenden Ausführungen beruhen auf dem Fachartikel von Spiller und Major im Magazin Nature (2016).  

 

 


Wie ein Ei dem anderen?

Zuerst einmal müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass sich die beiden Erkrankungen natürlich nicht gleichen. Erst der massiv entzündete Darm mit Ulzerationen der betroffenen Schleimhaut definiert die chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen Morbus Crohn und Kolitis ulcerosa und diskriminiert diese von einem Reizdarmsyndrom. Diese Unterscheidung ist auch dringend notwendig, denn die Symptomkombination aus Durchfällen, Bauchschmerzen und Malaise tritt bei beiden Krankheiten auf.

Obwohl nun der Terminus "Reizdarmsyndrom" traditionell Darmsymptome bezeichnete, für welche keine strukturellen Veränderungen verantwortlich gemacht werden konnten, fanden viele neue Studien starke Evidenz für Immunaktivierung und Veränderungen der Darmbarriere, welche man bisher eher von den CEDs kannte. Dies ist auch der Grund, warum wir glauben, dass es an der Zeit wäre, eine neue Terminologie zu wählen. Wenn das Reizdarmsyndrom also tatsächlich eine "chronisch-entzündliche Darmerkrankung mit Beteiligung der Mastzellen" ist, wie einige Forscher behaupten, dann sollten wir endlich weg vom alten Stigma der Psychosomatiker!

 

Ich hoffe, dass sich alle Betroffenen diesen Artikel weiterreichen, ihren Verwandten oder auch Ärzten zum Lesen geben. Niemandem darf mehr eingeredet werden, "alles spiele sich ja nur in seinem oder ihrem Kopf ab"! Der Vergleich mit dem "großen Bruder" Morbus Crohn und der "großen Schwester" Kolitis ulcerosa erfüllt dabei nicht nur einen Lern- und Reflexionsprozess, sondern kann auch dazu dienen, sich selbst und seine Beschwerden eher ernst zu nehmen bzw. ernst genommen zu werden. Unsere Erkrankung ist real und wir haben die Aufmerksamkeit und Aufrichtigkeit der Ärzte, aber auch Erleichterungen am Arbeitsplatz etc. redlich verdient. Wir leiden nicht an einer "Erkrankung 2. Klasse"! 

 

Welche Mechanismen finden wir nun also beim Reizdarmsyndrom, die wir auch bei den CEDs beobachten können?

 

 

Immunaktivierung

Eines haben wir alle bei der einen oder anderen zurückliegenden Darmspiegelung gelernt: Während beim Reizdarmsyndrom keine Strukturveränderungen der Darmschleimhaut vorliegen, finden sich bei den CEDs durch massive Entzündungsvorgänge Ulzerationen, Fibrosen oder Strikturen. Reicht dies nun als Evidenz, dass beim RDS keine Immunaktivierung vorliegt? Nein.

 

Der bedeutendste Nachweis aus der qualitativen Histologie zeigt konsistent eine Vermehrung von Mastzellen und Lymphozyten, was den Reizdarm in den Dunstkreis der "lymphozytären Kolitis" verschiebt.

Proentzündliche Zytokine (vor allem IL6 und IL8) sind beim Reizdarmsyndrom ebenso wie bei den chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen erhöht. Ein weiterer interessanter Hinweis kommt durch Untersuchungen mit einem prominenten Marker der CEDs, dem Calprotectin. Obwohl erhöhte Calprotectinwerte recht verlässlich auf eine CED hinweisen können, fehlt dem Marker die notwendige Spezifität, denn auch beim Reizdarmsyndrom ist dieser regelmäßig erhöht und deutet auf eine Immunaktivierung hin. Ganz ähnliches gilt für das Beta-Defensin-2.

 

Stellen wir uns die Anzahl von aktiven Immunzellen auf einem Spektrum vor, so kann man ganz allgemein sagen, dass die Endpole durch darmgesunde Menschen und CED-Patienten besetzt sind, während sich das Reizdarmsyndrom in der Mitte wiederfindet. Der häufigste klinische Befund beim RDS sind dabei vermehrte und überaktive Mastzellen.

 

Generell kann man festhalten, dass wir Reizdarm-Betroffenen in punkto Immunaktivierung deutlich von gesunden Kontrollpersonen abweichen.  

 

 

Hirn-Darm-Achse

Unser Gehirn und unser Darm sind eng verwoben und beeinflussen sich stark gegenseitig. So können beispielsweise Emotionen Auswirkungen auf unsere Sensibiliät gegenüber Schmerzen oder Darmgasen haben bzw. die Motilität beeinflussen ("Prüfungsdurchfall"), während andererseits unser Mikrobiom (die Darmflora) unser Erleben und Verhalten beeinflusst. Bezogen auf letzteren Punkt können etwa Laborraten ängstlicher gemacht werden, indem man ihnen den Stuhl von Reizdarmpatienten verpflanzt.

Kennt sicherlich jeder Mensch die Auswirkungen der Psyche auf den Darm oder die Wahrnehmung dessen, sind diese Verknüpfungen bei chronischen Darmerkrankungen wie RDS oder CED massiv durcheinander gebracht worden.

 

So konnten unter anderem gesteigerte zerebrale Reaktionen von Reizdarm-Betroffenen auf rektale Reize gezeigt werden, vor allem im Limbischen System. Im Tierversuch konnte auch schon ein plausibler Mechanismus nachempfunden werden, welcher die Rolle der Hirn-Darm-Achse mit unserem ersten Faktor, der Immunaktivierung, assoziiert: Setzt man Laborratten einem starken Stressor aus (frühkindlicher Mutterentzug oder Gruppenstress) kommt es zu einer erhöhten Hypersensitiviät gegenüber Darmreizen. Dies wiederum scheint durch eine Vermehrung und gesteigerte Aktivierung von Mastzellen mediiert zu sein.

 

Die Evidenz für die Bedeutung der Hirn-Darm-Achse bei den CEDs ist nicht ganz so eindeutig, allerdings finden wir in Studien deutliche Signale, dass Stressoren einen Rückfall begünstigen und auch die Mastzellaktivierung in diesem Zusammenhang scheint gut gesichert.

 

Interessanterweise zeigen psychotherapeutische Maßnahmen unterschiedliche Effekte für die beiden Erkrankungen. Liegen inzwischen zahlreiche sehr positive Untersuchungen zu Kognitiver Verhaltenstherapie, Hypnotherapie und Psychopharmaka beim Reizdarmsyndrom vor. Patienten profitieren dabei nicht nur von gesteigerten Copingfähigkeiten und einer verbesserten subjektiven Lebensqualität, sondern berichten auch ganz konkret Symptomlinderungen im Bereich Schmerz und Unwohlsein. Patienten mit CED hingegen kommen Untersuchungen zufolge eher nur in den Genuss des ersteren Teils.

 

Die Gehirn-Darm-Achse ist also sowohl beim Reizdarm als auch bei den chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen abnormal verändert, mit eindeutigerer Studienlage für das RDS. Die Auswirkungen der Psyche auf beide Erkrankungen sind also trotz aller struktureller Veränderungen keinesfalls zu vernachlässigen!

 

 

Erhöhte Permeabilität der Schleimhaut aka Leaky Gut Syndrome

Inzwischen wurden gleich mehrere Faktoren entdeckt, welche die Permeabilität (=Durchlässigkeit) der Darmschleimhaut pathologisch erhöhen. Dazu gehören unter anderem verschiedenste Medikamente, Gluten (nachgewiesen am Reizdarmsyndrom mit Durchfall), sowie chronischer psychischer und körperlicher Stress. Einer der bedeutendsten und am besten untersuchten negativen Einflussfaktoren ist allerdings eine akute gastrointestinale Infektion mit Entzündungen der Darmschleimhaut, also eine Gastroenteritis oder eben zu deutsch "Magen-Darm-Grippe". Eine solche erhöht die Wahrscheinlichkeit, in Kürze an einem Reizdarm zu erkranken um das Sechsfache. Interessanterweise ist die Wahrscheinlichkeit für eine Patientengruppe noch stärker erhöht, welche zum Zeitpunkt der Gastroenteritis unter Ängstlichkeit, Depressionen oder Hypochondrie litt. Eine solche Gastroenteritis kann die Durchlässigkeit der Darmschleimhaut für 12 Wochen bis zu vier Jahren pathologisch verändern! Ist die Hyperpermeabilität ein bedeutender klinischer Faktor des postinfektiösen Reizdarmsyndroms, so finden wir sie dennoch auch bei Fällen ohne genau bezeichneten infektiösen Auslöser.

Durch die durchlässigere Darmschleimhaut kommt der Organismus eher mit bakteriellen und diätetischen Antigenen in Kontakt, eine Immunantwort wird aktiviert und es kommt zu weiteren Veränderungen der Darmbarriere, die normalerweise als Schutz vor Toxinen und Antigenen fungiert.

 

Weil wir bei der Gehirn-Darm-Achse schon einmal über die Wichtigkeit von Psychologie und insbesondere Stress gesprochen haben: Letzterer zeigt ganz bemerkenswerte negative Auswirkungen auf die Permeabilität der Darmschleimhaut. Sperrt man zu viele Mäuse in einen engen Käfig, erleben diese Tierchen Gruppenstress. Die Permeabilität ihrer Darmschleimhaut erhöht sich.

Beim Menschen wurde dieser Effekt ebenfalls beobachtet. Bei der Verteidigung einer Master-Thesis gerät man im Normalfall ordentlich unter Stress. Dabei konnte gemessen werden, dass sich die Durchlässigkeit der Dünndarmbarriere erhöht. Interessanterweise kann dieser Effekt mit der Gabe von Mastzellstabilisatoren verhindert werden, was uns wieder zum ersten Punkt - der Immunaktivierung - bringen würde. Nun werden vielleicht einige Leser denken: "Wie oft im Leben verteidigt man denn eine Masterarbeit?"  Allerdings dürfen wir dabei nicht vergessen, dass die Hemmschwelle für Stress gerade beim Reizdarmsyndrom erheblich niedriger liegt. Dies sehen wir unter anderem an Befunden, welche zeigen, dass eben gerade bereits ängstliche oder depressive Menschen an einem Reizdarmsyndrom erkranken, aber auch an Untersuchungen des Mikrobioms (der Darmflora). Eine ungünstige Zusammensetzung letzterer mit einer verminderten Biodiversität (Artenreichtum) findet sich sowohl bei RDS als auch CED. Erkrankten beider Gruppen fehlen im Durchschnitt ca. 25% der bakteriellen Spezies gesunder (westlicher) Vergleichspersonen. In Untersuchungen konnte diese bakterielle Flora mit einem pathologisch verändertem Erleben und Verhalten auf Stressoren assoziiert werden. Sprich: Mäuse, denen eine klassische Reizdarmflora verpflanzt wurde, reagierten ängstlicher, eingeschüchterter und zeigten mehr Fluchtverhalten.

 

Ganz ähnliche Befunde finden wir bei Morbus Crohn und Kolitis ulcerosa. Spannend ist der Fakt, dass auch die Verwandten der Betroffenen von einer erhöhten Permeabilität betroffen sind. Diese zeigten nämlich ähnliche Reaktionen auf Aspirin, wie die Betroffenen selbst, während deren Lebensgefährten so reagierten, wie man es von gesunden Menschen erwartet. Hier kann man sehr schön sehen, dass auch Umwelt- oder genetische Faktoren eine bedeutende Rolle spielen können.

Auch die Wahrscheinlichkeit an einer CED zu erkranken, steigt nach einer Gastroenteritis an, wenn auch nicht so stark wie für das Reizdarmsyndrom, wo die "Magen-Darm-Grippe" den bedeutendsten Risikofaktor überhaupt darstellt.

Die stärkste Evidenz für die Beteiligung der Hyperpermeabilität bei CED fand man bei jenen 47% der Mb. Crohn-Betroffenen, welche auch innerhalb der Remission unter Darmbeschwerden litten. 

 

Untersuchungen an Betroffenen mit RDS-Durchfall konnten aber auch zeigen, dass man diese Hyperpermeabilität wieder rückgängig machen kann: Die konsequente Vermeidung von Gluten, dem Klebeprotein in vielen Getreidesorten, veränderte die Durchlässigkeit wieder zum Guten und ging mit einer starken Linderung (teils sogar Heilung!) der Symptome einher.

 

Die Durchlässigkeit der Darmschleimhaut (meist infolge einer Gastroenteritis) spielt eine bedeutende Rolle in beiden Krankheitsgruppen und ist teilweise reversibel.

 

 

Abnormale Serotoninverfügbarkeit

Schon frühzeitig wurde die Beteiligung des Serotonins, eines bedeutenden Neurotransmitters im menschlichen Körper, der unter anderem auch bei Depressionen und Angststörungen eine bedeutende Rolle spielt, beim Reizdarmsyndrom erkannt. In der Fachliteratur herrscht allerdings eine gewisse Uneinigkeit, in welche Richtung das Pendel ausschlägt, denn Untersuchungen an Biopsien zeigten sowohl eine bis zu 10fach gesteigerte Produktion des Serotonins als auch deutliche Verminderungen. Dieser Widerspruch entsteht durch einen inzwischen bekannten Prozess: Während und kurz nach einer Immunaktivierung sterben viele enterochromaffine Zellen ab (die Produzenten des Serotonins), es kommt zu einem deutlichen Abfall des Serotonins. In einem zweiten Schritt regeneriert sich die Darmschleimhaut und es kommt zu einer Zellproliferation (Vermehrung) eben jener Serotoninproduzenten, was die erhöhten Werte erklärt. Somit sind die Ergebnisse stark vom jeweiligen Zeitpunkt der Biopsie abhängig. Die gleichen Prozesse finden sich bei den CEDs.

 

 Wie bedeutsam das Serotonin bei unserer Erkrankung ist, zeigen die Erfahrungen mit neuen Medikamenten wie Alosetron (USA) oder Ramosetron (Japan, Indien, China), welche die Wirkungen des Serotonins am entsprechenden Rezeptor blocken. Ramosetron gehört zu den effektivsten langfristigen Behandlungsmöglichkeiten beim Reizdarmtyp Durchfall. Aufgrund der Erfolge und ähnlicher Mechanismen werden die Medikamente inzwischen auch für CED-Betroffene mit Reizdarmbeschwerden in der Remission erforscht.

 

Erhöhte Serotoninverfügbarkeit triggert Reizdarmsymptome. Diese können durch eine Besetzung des Rezeptors durch Medikamente behoben werden.

 

 

Veränderte enterische Nerven (Darmnerven)

Wir wissen heute, dass durch akute Infektionen und Entzündungen des Darmes (egal ob via Infektion oder CED) Nerven angegriffen werden und sich durch ein komplexes Remodellieren neu teilen und formen. Ein erhöhter Anteil solch veränderter Darmnerven wurde sowohl bei RDS als auch CED nachgewiesen. Dadurch kommt es unter anderem zu einer Veränderung von Substanz-P, welche wiederum Nervenfasern sensitiver für Schmerzreize macht.

 

Veränderungen und Remodellerierungen von Darmnerven tragen bei RDS und CED erheblich zu einer verminderten Schwelle für Schmerzreize bei.

 

 

Mikrobiom (Darmflora)

Wie bereits erwähnt, spielt auch das Mikrobiom eine nicht zu verachtende Rolle. Mehrere Studien zeigten eine verminderte Artenvielfalt für Reizdarm- und CED-Betroffene. Obwohl sich in einigen Untersuchungen Unterschiede zeigten, so gibt es dennoch einen Konsens, dass bei CED Bacteriodetes zu Lasten von Firmicutes vermehrt sind.

Eine weitere sehr interessante Untersuchung an Reizdarmpatienten konnte zeigen, dass diejenigen Patienten, welche eine annähernd normale Darmflora zeigten (ähnlich den gesunden Kontrollpersonen), eine höhere Wahrscheinlichkeit hatten, psychische Auffälligkeiten zu zeigen. Die Autoren schlagen vor, dass man die Reizdarmpatienten dahingehend differenzieren könnte, welche Gruppe eher von psycho(somatischen) Maßnahmen profitiert, bzw. welche von körperlichen, diätetischen oder medikamentösen Interventionen.

 

Generell werden die Veränderungen der Darmflora bei RDS und CED anerkannt. Allerdings fehlt die klinische Umsetzbarkeit. Inzwischen wird allerdings mit hohem Eifer an Diäten, Probiotika, Präbiotika und Stuhltransplantation geforscht, um evtl. Symptome zu lindern.

 

 

Genetische Faktoren

Noch ist es leider recht schwierig, einen genetischen Zusammenhang zwischen Morbus Crohn, Kolitis ulcerosa und dem Reizdarmsyndrom zu benennen, denn die genetische Forschung am Reizdarmsyndrom hinkt der an den CEDs meilenweit hinterher. Für letztere wurden inzwischen zahlreiche Risikogene ausgemacht und ihre Zahl scheint mit zunehmenden hoch-qualitativen Studien stetig zu wachsen.

Genetische Besonderheiten beim Reizdarmsyndrom fand jedoch eine Metaanalyse für das TNFSF15-Gen, welches unter anderem die Interferonproduktion beeinflusst. Letzteres wiederum hat immunstimulierende Eigenschaften und war in Studien ebenfalls ein Risikofaktor für Morbus Crohn. Auch hier schließt sich wieder der Kreis zur Immunaktivierung.

 

Obwohl es noch an genetischer Forschung fehlt, scheinen RDS und CED zumindest einige Risiko-Gene zu teilen, welche eng mit einer übersteigerten Immunantwort verknüpft sind.

 

 

Ein kleines Fazit

Zuerst einmal hoffe ich, dass mir dieser Text nicht zu trocken geworden ist und einige Leser hier am Ende angelangt sind. Wir konnten, so glaube ich persönlich, lernen, dass das Reizdarmsyndrom keineswegs eine psychosomatische Erkrankung oder ein "kleines Übel" ist, wie uns oft Medien oder Ärzte weismachen wollen.

 

Ganz im Gegenteil: Unsere Erkrankung teilt viele Mechanismen mit den chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen Morbus Crohn, Kolitis ulcerosa, lymphozitärer Kolitis etc. Dazu gehören eine übersteigerte Immunaktivierung, Veränderungen innerhalb der Hirn-Darm-Achse, eine erhöhte Durchlässigkeit der Darmbarriere, Veränderungen an Darmnerven und Mikrobiom und genetische Faktoren.

 

Diese Erkenntnisse u.a. bezüglich Mastzellen und Serotonin eröffnen ungeahnte therapeutische Möglichkeiten aber auch endlich die Chance, als tatsächliche Erkrankung mit allen Auswirkungen auf Körper, Psyche und Alltag anerkannt zu werden!

 

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