Warum die Candia-Diät nicht funktioniert!

Viele Betroffene mit Verdauungsbeschwerden wie Durchfall, Blähungen, oder Bauchmerzen, erhalten die Diagnose "Fehlbesiedlung mit Candida albicans". Die dann häufig empfohlene kohlenhydratarme Diät kann das Problem aber erst richtig verstärken! Bild1
Viele Betroffene mit Verdauungsbeschwerden wie Durchfall, Blähungen, oder Bauchmerzen, erhalten die Diagnose "Fehlbesiedlung mit Candida albicans". Die dann häufig empfohlene kohlenhydratarme Diät kann das Problem aber erst richtig verstärken! Bild1

Candida albicans gehört zu den inzwischen gut bekannten Verdächtigen, wenn es im Darm zwackt und die Verdauung nicht mehr ordentlich funktioniert. Bis vor wenigen Jahren noch eher im alternativmedizinischen Bereich verbreitet, mehren sich heute die Forschungsartikel zum Thema "small intestinal fungal overgrowth syndrome" (SIFO), dem mykotischen Schwesterlein der Dünndarmfehlbesiedlung (SIBO). Einige zentrale Merkmale dieser Pilzinfektion haben wir in einem vorangegangenen Blogartikel beschrieben.

Doch heute möchten wir uns gern einem praktischen Aspekt bei der Therapie der Erkrankung widmen. Es hält sich nämlich wacker der Mythos, Candida albicans und weitere Stämme können sich nur von Kohlenhydraten ernähren. So schreiben mir immer wieder Betroffene, dass sie von ihrem Heilpraktiker oder Naturarzt eine kohlenhydratarme oder gar -freie Kost verordnet bekommen hätten. Wenn es nun tatsächlich stimmt, dass die Hefepilze sich ausschließlich von Kohlenhydraten bzw. bereits verarbeiteten Zuckern ernähren, wäre das natürlich ein logischer Schluss: Wir hungern die Bösewichter einfach aus!

 

Aber ist dem denn wirklich so? Vielleicht gibt es ja einen einfachen Grund dafür, warum es vielen Candida-Opfern mit dieser Kost noch um einiges schlechter geht ...

 


Candidaspecialists, Paleo und Ketogene Experimente

Candida albicans und andere Hefepilze lieben Ketone über alles. Dies geht sogar so weit, dass viele progressive Ärzte testweise eine ketogene Diät verordnen, um herauszufinden, ob es sich um eine bakterielle oder mykotische Infektion handelt. Bild2
Candida albicans und andere Hefepilze lieben Ketone über alles. Dies geht sogar so weit, dass viele progressive Ärzte testweise eine ketogene Diät verordnen, um herauszufinden, ob es sich um eine bakterielle oder mykotische Infektion handelt. Bild2

Geben wir bei einer bekannten Suchmaschine die Suchbegriffe "candida diet" ein, so landen wir recht schnell auf Seiten mit vielversprechenden Namen wie candidaspecialists oder candidaplan. Aber auch die Vertreter der in den USA so populären (und beinahe zu Tode verkommerzialisierten) Paleo-Diet oder Steinzeiternährung dürfen natürlich nicht fehlen. Allen diesen Webpräsenzen gemein ist allerdings ein gängiger Algorithmus, denn die "Anti-Candida-Diet" empfiehlt den Verzicht nicht nur der üblichen Verdächtigen wie Zucker und Weißmehl, sondern auch von stärkehaltigem Gemüse, Milchprodukten, vielen Früchten, Hülsenfrüchten und Getreide. Wir landen also bei einer Kost, welche am ehesten dem klassischen Paleokonzept oder aber einer strengen Form der Specific Carbohydrate Diet (SCD) entspricht. Nun halten wir von beiden diätetischen Ansätzen sehr viel, wenn es um die Umgestaltung oder Restaurierung des Mikrobioms (der Darmflora), oder aber die Elimination einer bakteriellen Überbesiedlung des Dünndarms geht (siehe Studien zur SCD bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen), Doch für eine Hefepilzinfektion oder auch Candidiasis könnte dieses Vorgehen sogar ein größeres Problem generieren, als die Betroffenen ohnehin schon haben.

 

Candida liebt Ketone, Ketone lieben Candida

Problematisch an diesen "Candida-Diäten" sind gleich mehrere Faktoren. Ketonkörper ist der Oberbegriff für mehrere chemische Verbindungen, die vor allem in katabolen Stoffwechsellagen in der Leber gebildet werden. Dazu zählen Hungerphasen, Reduktionsdiäten (Zufuhr von weniger Kilokalorien als der Körper benötigt), aber auch kohlenhydratarme Ernährungsformen. Unter Umständen können die Ketonkörper zum Zustand der Ketose führen, einer Stoffwechsellage, bei welcher die Ketonkörper die Glukose als Hauptenergiequelle des Organismus abgelöst haben. Allerdings werden Ketonkörper schon weit vor dem Zustand der Ketose produziert und senken dadurch beispielsweise den Glukosebedarf des Gehirns in Fasten- oder Hungerzeiten, indem sie diesem als alternative Energiequelle zur Verfügung stehen.

 

Alles gut und schön, aber was genau hat das denn nun mit unseren Hefepilzen zu tun? Durch die Empfehlungen vieler "Candida-Experten" entsteht bei wörtlicher Umsetzung durch die Betroffenen eine ketogene oder zumindest kohlenhydratarme Kost. Der Körper produziert dann mehr Ketonkörper oder stellt sogar vollständig auf Ketose um. Daraus entstehen zwei Hauptproblematiken:

  1. Ketonkörper hemmen die Anti-Candida-Immunität und hindern das eigene Immunsystem adäquat auf die Pilzinfektion zu reagieren. (Saeed, 2000M)
  2. Ketonkörper können von Hefepilzen wie Candida albicans als Nährstoff herangezogen werden. Anstatt sie also auszuhungern, füttern wir sie damit an. (Sheridan und Kollegen, 1990; Wilson & Reeves, 1986; Gregory und Kollegen, 1993)

Besonders fraglich wird die Diätempfehlung dann, wenn man beide Faktoren zusammendenkt: Stellen Sie sich vor, was auf einem Bauernhof passiert, wenn einige hungrige Katzen einer Rattenplage gegenüberstehen. Nun empfiehlt dem genervten Besitzer ein gutmeinender Nachbar die Ratten gezielt mit Getreide anzufüttern und einige seiner Katzen einzufangen und ins Tierheim zu bringen. Wir können uns gut vorstellen, wie es bald in den Ställen und den Kellern aussehen könnte. Aber genau das passiert auch mit den "Candida-Diäten"! Wir füttern die Plagegeister, während wir ihre natürlichen Gegenspieler (spricht die Immunantwort) hemmen. Einem Ausufern der Infektion steht dann nichts mehr im Wege.

 

Ein besserer Weg

Zur Bekämpfung von Hefepilzen benötigen wir eine Diät, welche das Immunsystem maximal unterstützt, während sie den Plagegeistern Energie entzieht. Auch viele pflanzliche Wirkstoffe haben antimykotische Wirkungen und können helfen. Bild3
Zur Bekämpfung von Hefepilzen benötigen wir eine Diät, welche das Immunsystem maximal unterstützt, während sie den Plagegeistern Energie entzieht. Auch viele pflanzliche Wirkstoffe haben antimykotische Wirkungen und können helfen. Bild3

Was ist also ein besseres Vorgehen? Als erstes möchten wir natürlich darauf hinweisen, auf die oft empfohlenen ketogenen oder kohlenhydratarmen Diäten, aufgrund der vorgestellten Punkte zu verzichten. Für die Bekämpfung einer Hefepilzinfektion stehen grundsätzlich drei Strategien bereit, welche am besten miteinander kombiniert werden sollten:

  1. Ernährungsumstellung, welche das Immunsystem maximal in seinen Bemühungen unterstützt, Candida die Nahrung entzieht und ein probiotisches Mikrobiom (Darmflora) begünstigt
  2. Medikamentöse Therapie, bei der beispielsweise die Integrität der Pilzzellmembranen beeinträchtigt wird (z.B. Nystatin)
  3. Supplemente, welche eine spezifische antimykotische Wirkung zeigen (z.B. Oreganoöl, Probiotika)

Die Ernährungsumstellung ist wohl der wichtigste Schritt bei der Elimination von Hefepilzen und dies aus gleich mehreren Gründen. Die Ernährung ist eine Hauptvariable für die Effizienz unseres menschlichen Immunsystems. So verliert der Körper mit der Zufuhr von zu wenigen Kohlenhydraten nicht nur die Fähigkeit Mucus zu produzieren, was für die intestinale Abwehr absolut notwendig ist, sondern dämpft auch die Produktion von Schilddrüsenhormonen. Weiterhin ist unsere größte Waffe gegen eine Ausuferung von Candida unsere eigene intakte Darmflora. Aber mit einer kohlenhydratarmen bzw. ketogenen Kost geht leider oft auch eine ungünstige Verschiebung des Mikrobioms einher (u.a. wegen zu wenig fermentierbarem Material - Ballaststoffe/Präbiotika). Als dritter Faktor ist natürlich noch der Balanceakt zu nennen, das Immunsystem bzw. den eigenen Körper sehr wohl ausreichend zu versorgen, dabei aber gleichzeitig zu verhindern, dass die Hefepilze einen Überschuss an Energie erhalten.

 

Wie kann eine solche Ernährung also aussehen? Zielführend ist eine Kostgestaltung mit moderater Protein- und Kohlenhydrataufnahme (15-20% Protein, 30-35% Kohlenhydrate). während der Rest der Kalorienbilanz durch gesunde Fette gedeckt werden sollte (Olivenöl, Leinöl). Eine besondere Rolle spielt die Verwendung von Kokosöl, welches nicht nur antimykotische Eigenschaften besitzt und Candida albicans direkt angreift und seine Biofilme (festungsartige Schutzgebilde von Pilzen und Bakterien in unserem Organismus), sondern auch die proinflammatorischen (entzündlichen) Reaktionen des Wirtes reguliert (Seleem und Kollegen, 2016). Verantwortlich dafür ist das im Kokosöl enthaltene Monolaurin.

Um Candida albicans seine Nahrung weitgehend zu entziehen sollten die sonstigen Ernährungsempfehlungen für eine Candida-Diät weitgehend eingehalten werden. So sollte auf den Konsum von Einfachzuckern und den meisten Getreidesorten verzichtet werden. Um die notwendige Immunabwehr aufrecht zu erhalten, sollten schnell-verdauliche Kohlenhydratquellen (weißer Reis, mehlige Kartoffeln) eingesetzt werden, welche in der Regel resorbiert werden, bevor sie zu einem Problem werden können. Auch hier empfiehlt sich aber eine konservative Herangehensweise, um keinen Überschuss zu erzeugen. Diese Lebensmittel sollten maximal ca. 600kcal ausmachen. Auch die Verteilung auf mehrere Portionen hat sich bewährt. Natürlich sollten die weiteren Lebensmittel die Leistungsfähigkeit des Organismus fördern und zu einer guten Versorgung mit Vitaminen- und Mineralstoffen beitragen: Fisch, Nüsse, Gemüse in allen Farbvariationen, Kräuter (dazu später noch mehr), Innereien (Leber, Niere, Herz), Eier. Achten Sie auch besonders auf einen guten Anteil fermentierbarer Ballaststoffe, um ihre Darmflora zu stärken.

 

Falls Sie jetzt noch keine Idee haben sollten, wie eine solche Ernährung aussehen könnte, dann empfehlen wir Ihnen folgendes Buch von den Wissenschaftlern Shou-Ching und Paul Jaminet, welches sehr interessante Kapitel zum Thema Immunität und Infektionen enthält und einen ganz ähnlichen Ernährungsansatz beschreibt (leider immer noch nur auf Englisch):

 

 

 

Für einige erste Rezeptideen können Sie sich etwas bei den beiden Autoren selbst umsehen.

 

Nystatin, altbewährt und effizient

Nystatin ist ein Antimykotikum, welches schon seit 1948 zur Behandlung von Candidainfektionen eingesetzt wird. Es stört die Integrität der Zellmembran und führt dadurch zum Zelltod des Pilzes. Nystatin gilt als sicheres Arzneimittel. Bis heute wurden keine Resistenzen von Candida albicans und Co. gegen Nystatin beobachtet. Aufgrund seiner relativen Sicherheit wird das Medikament bei Risikogruppen für Pilzinfektionen (Menschen mit gestörter Immunfunktion) häufig prophylaktisch eingesetzt. Es kann allerdings zu unerwünschten Wirkungen wie Übelkeit, Durchfall und selten auch Erbrechen kommen. Gerade bei ausgeprägten Infektionen ist eine zusätzliche Gabe von Medikamenten wie Nystatin wohl unumgänglich.

 

 

Natürliche Wirkstoffe im Kampf gegen Candida

Neben Nystatin haben auch viele pflanzliche Wirkstoffe ihre antimykotische Wirkung in Studien unter Beweis gestellt. Diese können mit in den Behandlungsplan integriert werden. Gehen Sie dabei bitte behutsam vor, denn auch wenn es sich um natürliche Substanzen handelt, können bspw. konzentrierte Öle zu Reizungen und Übelkeit führen. Testen Sie deshalb vorsichtig die individuelle Verträglichkeit aus.

 

 

Auf Nimmer-Wiedersehen, Herr Candida!

Bildquellen

Die Bilder wurden bereitgestellt von:

 

Bild1 - Heinrich Linse via Pixelio.de

Bild2 - Timo Klostermeier via Pixelio.de

Bild3 - Ferdinand Lacour via Pixelio.de