Dieser simple Trick macht deine Heilkost (SCD, GAPS, AIP etc.) bombensicher und noch gesünder! (Alternativ: Warum unsere Vorfahren sich ungeniert an Butter und

Eine erhöhte Fettzufuhr, typisch für therapeutische Diäten wie SCD, GAPS oder Paleo-Protokolle, wird von der Wissenschaft mit Entzündungen, Endotoxämie und Darmbarrierestörungen in Verbindung gebracht. Aber sind diese Folgen unvermeidlich?
Eine erhöhte Fettzufuhr, typisch für therapeutische Diäten wie SCD, GAPS oder Paleo-Protokolle, wird von der Wissenschaft mit Entzündungen, Endotoxämie und Darmbarrierestörungen in Verbindung gebracht. Aber sind diese Folgen unvermeidlich?

SCD, Paleo und Co. sind die Rettung für uns Darmpatienten!

Liebe Mitalltagshelden, wenn ihr meinem Blog oder meinem YouTube-Kanal folgt, dann ist die Wahrscheinlichkeit mehr als groß, dass ihr euer Herz (und natürlich auch euren Magen-Darm-Trakt samt Mikrobiom) an eine therapeutische Ernährungsform wie die Spezielle Kohlenhydratdiät, das GAPS-Prinzip oder ein Paleo-Protokoll (etwa AIP) verschenkt habt. Das begrüße ich ausdrücklich! Schließlich hat die SCD nicht nur meine Beschwerden stark minimiert, sondern endlich werden die positiven Erfahrungen vieler tausend Patienten mit diesen Ernährungskonzepten auch von der modernen Forschung untermauert. 

 

Beispiel Spezielle Kohlenhydratdiät (SCD) und entzündliche Darmerkrankungen

In einer klinischen Fallsammlung beschrieben Kakodkar und Kollegen (2015) insgesamt 50 protokollierte Patienten mit entweder Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa, welche sich im Durchschnitt drei Jahre nach den Regeln der SCD ernährt hatten. 66% der Patienten berichteten komplette Beschwerdefreiheit. 48 Personen dieser Fallsammlung lebten zum Zeitpunkt der Befragung steroid-frei, während es vor Beginn der Diät 29 waren. Fast alle Patienten konnten mithilfe der Ernährungsumstellung ihre Medikamente stark reduzieren oder lebten sogar komplett ohne diese (44%). Die Patienten schätzten die Effektivität der SCD auf 91% (akute Schubsymptomatik) und 92% (Remissionserhaltung). 

 

Beispiel Autoimmun-Paleo (AIP) und entzündliche Darmerkrankungen

Konijeti und Kollegen (2017) setzten 11 Patienten mit Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa im aktiven Krankheitsschub für sechs Wochen auf die Eliminationsdiät des Paleo-Autoimmun-Protokolls, bevor diese sich für weitere fünf Wochen nach den Regeln der Erhaltungsphase ernährten. Die Erkrankungs-Indizes sanken signifikant (partieller Mayo-Score von 5,8 auf 1,2 und Harvey-Bradshaw-Index von 7,0 auf 3,6). Der Entzündungsmarker Calprotectin begann sich zu normalisieren (von 471 auf 112). Sieben der Teilnehmer stellten sich nach dem Versuchsablauf einer weiteren Darmspiegelung, wobei sechs von ihnen endoskopische Zeichen der Schleimhautheilung zeigten. Diese Ergebnisse sind umso imposanter, da sich einige der Probanden (entgegen den Anweisungen der Wissenschaftler) während des Versuchs dazu entschieden, auf Medikamente teilweise oder ganz zu verzichten.

 

Beispiel Ketogene Diät und Reizdarmsyndrom (mit Durchfall)

Austin und Kollegen (2009) berichteten über 13 Patienten mit einem durchfallbetonten Reizdarmsyndrom, welche sich ketogen ernährten (<20g Kohlenhydrate/Tag). Alle Teilnehmer äußerten subjektive adäquate Verbesserungen. Die Stuhlfrequenz verminderte sich signifikant (von 2,6 auf 1,4). Die Stuhlkonsistenz verbesserte sich von durchfall-artig auf normal (Bristol Stuhlformenskala: von 5,3 auf 3,8). Auch die Lebensqualität und die Schmerzscores verbesserten sich deutlich. 

 

Oder etwa doch nicht?

Doch wisst ihr, was einem die Freude am morgendlichen gebutterten SCD-Heidelbeeren-Pfannkuchen oder den Speckrühreiern so richtig verhageln kann? Richtig! Wenn eine befreundete Veganerin, ein Arzt oder ein anderer Patient um die Ecke biegen und uns einen Vortrag über die negativen Auswirkungen von Fett auf unseren Organismus halten. 

 

Aber halt! Dabei spreche ich natürlich nicht von dieser uralten Mär, das leckere Fett in Butter, Schmalz und Sahne sei schlecht für unsere Herzgesundheit. Was schon unser "Müsli-Papst" Dr. Max Otto Bruker verkündete, wurde inzwischen von der Wissenschaft belegt: Nicht die Fette in unserer Ernährung schaden unserem Herzen. Es ist viel mehr der Zucker, der sich an unserem Herz-Kreislauf-System zu schaffen macht (DiNicolantonio und Kollegen, 2016). 

 

Worum geht es aber dann?

 

Inzwischen bringen zahlreiche Studien eine gesteigerte Aufnahme von Nahrungsfetten in Verbindung mit lokalen und systemischen Entzündungen, so genannten Endotoxinen (Lipopolysacchariden - LPS) und einer geschwächten Darmbarriere.  

Nun wird niemand bestreiten wollen, dass SCD, AIP, GAPS oder eben die Ketogene Diät aufgrund u.a. des Verzichts auf verschiedene Stärkequellen (Getreide, Kartoffeln) zumeist kohlenhydratärmer und dadurch gleichzeitiger fetthaltiger ausfallen, als vergleichbare oft als gesund beschriebene Ernährungsformen. Holen wir uns durch die erhöhte Fettzufuhr also unbewusst die oben beschriebenen Probleme ins Haus?

 

Ok, bringen wir erst einmal etwas mehr Struktur in diese Prozesse!

 

Fettreiche Mahlzeiten erhöhen den Spiegel der Lipopolysaccharide (LPS) im Blut - Es kommt zur Endotoxämie

Lipopolysaccharide sind Verbindungen aus fettähnlichen- und Zuckerbestandteilen, welche als Antigene fungieren. Sie finden sich in der äußeren Membran gramnegativer Bakterien. Sterben die Bakterien ab (natürlich oder bspw. durch Antibiotika) werden die Lipopolysaccharide freigesetzt und können toxische Wirkungen entfalten. In unserem Darm sind aufgrund der Vielzahl (eben auch gramnegativer) Darmbakterien immer LPS vorhanden. Bleibt die Menge im Rahmen, geschieht erst einmal nichts. Kommt es allerdings zu einer Verschiebung der Darmflora zugunsten gramnegativer Bakterien durch Fehlernährung und dadurch zu einer stark erhöhten Konzentration der Endotoxine LPS, können durch deren toxische Wirkungen auch schwere lokale Darmpathologien induziert werden (Zhou und Kollegen, 2018). 

 

Doch auch mit einer normalen Darmflora können uns die Lipopolysaccharide zum Verhängnis werden. Sie werden deshalb auch von manchen Wissenschaftlern liebevoll als "Little Pieces of Sh!t" bezeichnet.  Das hat folgenden Grund: Essen wir eine Mahlzeit, die eine moderate oder hohe Menge Nahrungsfett enthält, steigt der Spiegel des Endotoxins LPS stark an, allerdings nicht in unserem Darm, sondern im Blut (Lyte und Kollegen, 2016).  Wir sprechen in diesem Fall von einer Endotoxämie

 

Darstellung der einzelnen Graphen veranschaulichen die Erhöhung des Endotoxinspiegels (Lipopolysaccharide) nach einer fettreichen Mahlzeit.
Abb1: Eine fetthaltige Mahlzeit erhöht den Spiegel des Endotoxins LPS im Blut.

Wie gelangen die Lipopolysaccharide aus dem Darm in den Blutkreislauf?

Deinen Darm musst du dir als eine Art Schlauch vorstellen, der sich durch deinen Körper zieht. So unglaublich es auch klingen mag, aber alle Lebensmittel, die du in dich hineinfutterst - vom Spiegelei bis zum SCD-Muffin - sind eigentlich noch außerhalb deines Körpers! Dein Darm hat nämlich verschiedene Vorkehrungen getroffen, um sowohl Nahrungsmittelproteine als auch Mikroorganismen und ihre Bestandteile von deinem eigentlichen System fernzuhalten. Hierfür benötigt er die so genannte Darmbarriere, welche über mehrere Abwehrstufen verfügt. Dazu gehören unter anderem eine lockere und eine festere Schleimschicht, dicht gelagerte Endothelzellen und verschiedene Formen der Immunantwort. Ohne diese schützende Barriere käme dein System überhaupt erst gar nicht mit der gewaltigen Last der Milliarden von Darmbakterien (und ihren Stoffwechselprodukten) in deinem Darmtrakt zurecht. 

 

Doch die Darmbarriere ist keine undurchdringliche, geschlossene Barriere im eigentlichen Sinn. Um den Körper mit Nährstoffen zu versorgen, benötigt sie kleine Durchgänge, die so genannten "tight junctions".  Ihnen kommt die bedeutsame Aufgabe zu, benötigte Nährstoffe passieren zu lassen, gleichzeitig aber potentiell schädliche Proteine und Toxine abzuweisen. Und genau an jenem Punkt beginnt unser heute behandeltes Problem. 

 

Denn eine fettreiche Ernährung erhöht die Durchlässigkeit deiner Darmbarriere via:

  1. Veränderung der Expression der oben angesprochen Tight Junctions (Türsteher)
  2. Veränderung der Gallensäurezusammensetzung
  3. vermehrtem oxidativem Stress der Epithelzellen
  4. Vermehrung barrierestörender Zytokine (TNF-alpha, IL1b, IL6)
  5. Verminderung barrierestabilisierender Zytokine (IL10)
  6. Veränderung der Schleimzusammensetzung
  7. Vermehrung barrierestörender Darmbakterienstämme

(Rohr und Kollegen, 2019)

 

Fassen wir zusammen: Durch eine fettreiche Mahlzeit wird deine Darmbarriere, dein Schutz gegen körperfremde Bestandteile in der Nahrung und im Darmmilieu, für eine bestimmte Zeit destabilisiert. Verschiedene Fremdstoffe entern dann deinen Organismus. Auf diesem Wege gelangen auch die besprochenen Lipopolysaccharide der Darmbakterien aus deinem Darm in deinen Blutkreislauf. 

 

Wir sprechen im Zusammenhang mit der destabilisierten Darmbarriere auch gern von Hyperpermeabilität (erhöhte Durchlässigkeit) oder auch vom Leaky Gut Syndrom.  Möchtest du gern mehr über dieses Phänomen erfahren, dann solltest du dir meinen Blog-Artikel zum Leaky Gut durchlesen!

 

Ich habe also jetzt Lipopolysaccharide im Blut - So what?

Die Lipopolysaccharide schwimmen nun also fröhlich durch deinen Blutkreislauf. Warum sollte dich das eigentlich stören?

 

Vielleicht erinnerst du dich noch, dass Endotoxine zum einen toxisch wirken und zum anderen als Antigen fungieren. LPS werden also von unserem Immunsystem erkannt und es erfolgt eine heftige Antwort mit systemischen Entzündungsreaktionen. LPS aktivieren dabei über den TLR4-Pfad verschiedene Immunzellen, welche ihre proinflammatorischen Zytokine freigeben (Dantzer, 2009).  

 

Erhöhte LPS-Spiegel mitsamt der induzierten systemischen Entzündung wurden inzwischen in Zusammenhang mit einem erhöhten Risiko für u.a. Übergewicht und Diabetes mellitus (Liang und Kollegen, 2013), Depressionen (Dantzer, 2009), Parkinson und anderen neurodegenerativen Erkrankungen (Batista und Kollegen, 2019) und auch Herz-Kreislauf-Erkrankungen (Pastori und Kollegen, 2017).

 

Das große Fett-Paradoxon der Neuzeit

Halten wir also noch einmal kurz ein kleines Fazit unserer obigen Abhandlung fest:
  1. Eine Mahlzeit, die moderate (33%) bis hohe (100%) Mengen Fett enthält, macht deinen Darm über verschiedene Mechanismen zeitweise durchlässig (Leaky Gut oder besser Hyperpermeabilität).
  2. Dadurch treten Endotoxine aus dem Darm in deinen Organismus über. Ihre Konzentration in deinem Blut erhöht sich stark. 
  3. Dein Körper reagiert auf diese toxischen Fremdkörper mit einer Immunantwort und Immunzellen setzen verschiedene proinflammatorische Zytokine frei.
  4. Die dadurch entstehende systemische Entzündung begünstigt Erkrankungen wie Diabetes, Herzpathologien, psychiatrische und neurodegenerative Erkrankungen. 

Das klingt nicht wirklich erstrebenswert, oder?

 

Ich will ganz ehrlich sein: Die Quantität und Qualität der Daten zu diesem Themenkomplex ist tatsächlich erdrückend und lässt kaum Raum für Zweifel. Der vermehrte Verzehr von Fett scheint diese ungünstigen Folgen nach sich zu ziehen, im Tiermodell wie in kontrollierten Studien am Menschen. 

 

Sollten wir also unsere Heilkost verwerfen, um uns nicht diesen weiteren Leiden feilzubieten? Aber nicht so schnell! 

 

Lasst uns noch einmal hier verweilen und in Ruhe über die bis jetzt gemachten Argumente sinnieren. 

 

Träfen diese uneingeschränkt zu, dann wäre die ganze Hypothese des Paleokonzeptes hinfällig. Schließlich beruht dieses darauf, dass wir Menschen erst seit (im Verhältnis zur Entwicklung unserer Spezies) kurzer Zeit von den Früchten des Ackerbaus und der Viehzucht leben. Es propagiert eine "artgerechte oder arttypische" Ernährung, an die sich unsere Spezies über Millionen Jahre angepasst hat. Zu dieser Ernährung gehörten neben Stärke aus verschiedenen Knollen und Zucker aus Honig vor allem auch tierische Lebensmittel (Jagd). Cordain und Kollegen (2000) beschrieben die Diäten noch vorhandener Jäger-Sammler-Kulturen rund um den Globus als relativ protein- und fettreich (bis 35% und bis 58%) zulasten der Kohlenhydrate (22 bis max. 40% - abhängig von der Region). 

Dennoch sind Diabetes und Herzerkrankungen so selten in diesen Kulturen, dass die Wissenschaftler kaum Berichte darüber finden können (Pontzer und Kollegen, 2018). Trotz eines erhöhten Fettkonsums erfreuen sich diese Stämme (welche am ehesten Aufschluss über Lebensweisen und Ernährungspraktiken unserer frühen Vorfahren geben) scheinbar bester Gesundheit! 

 

Aber wie können wir diese beiden Beobachtungen miteinander vereinbaren? Wie kann eine fetthaltige Mahlzeit (in Studien mit moderaten 33% nachgewiesen) einerseits das Risiko für die meisten Zivilisationserkrankungen erhöhen, während andererseits Jäger-Sammler-Kulturen mit einer fettreichen Ernährung (50-58% plus einige Ausreißer nach oben) keine Probleme mit diesen Erkrankungen zu haben scheinen? (Deshalb heißen sie ja auch Zivilisationskrankheiten!) Liegt es vielleicht an der genetischen Verteilung?

 

Nein!

 

Look! Up in the sky! It´s a bird ... It´s a plane! No, it´s Super Bifido!

Als die Wissenschaftler verdutzt feststellten, dass die ungünstigen Veränderungen (Diabetes, metabolisches Syndrom) nicht bei Labortieren auftraten, die über keine Darmflora verfügten (so genannten "germ-free mice"), waren sie endgültig davon überzeugt, dass die beschriebenen Prozesse durch das Mikrobiom und eben LPS verursacht werden. Infolgedessen widmeten sie sich den Korrelationen des Anstiegs von LPS im Blut mit biochemischen Veränderungen innerhalb des Mikrobioms. Und siehe da: Es fand sich eine negative Korrelation zwischen Endotoxämie (hohe LPS-Konzentration im Blut) und gleichzeitig reduzierten Bifidobakterien (Moreira und Kollegen, 2012).  Doch handelte es sich dabei vielleicht um ein statistisches Artefakt?

 

Es begab sich einmal in einer Stadt namens Brüssel ...

An der Auflösung unserer oben beschriebenen Kontradiktion war ein belgisches Forscherteam der Katholischen Universität Brüssel um Professor Patrice Cani maßgeblich beteiligt. Die Wissenschaftler führten gleich eine ganze Reihe faszinierender Experimente durch, deren Ergebnisse ich im folgenden Abschnitt kurz im historischen Zeitverlauf und überblicksartig schildern möchte. 

 

Quelle Was wurde untersucht? Was waren zentrale Ergebnisse?
Cani et al. (2007)

Mäuse erhielten kurz- und langfristig unterschiedliche Mahlzeiten.

 

Mäusen wurden exogene Lipopolysaccharide gespritzt.

Die LPS-Konzentration stieg akut nach einer fettreichen Mahlzeit um den Faktor 3.

Eine langfristig fettreiche Kost induzierte einen Shift in der Darmflora zugunsten LPS-freisetzender Bakterien.

Die metabolische Endotoxämie führte zu Entzündungen, Insulinresistenz, Erhöhung des Nüchternblutzuckers, erhöhten Triglyceridspiegeln und Gewichtszunahme -> Metabolisches Syndrom und Diabetes.

Cani et al.  (2009)

Mäuse bekamen ein Präbiotikum ins Futter oder nicht-präbiotische Kohlenhydrate.

 

Mäuse wurden mit einem GLP2-Agonist oder Antagonist oder Kochsalzlösung behandelt.

Mäuse, die das Präbiotikum bekommen hatten, zeigten die typischen Veränderungen der Darmflora (v.a. Anstieg der Bifidobakterien). Korreliert damit waren eine niedrigere LPS-Konzentration im Blut, eine stabilere Darmbarriere, weniger proentzündliche Zytokine und eine geringere Belastung der Leber durch Entzündungen und oxidativen Stress

 

Die Präbiotika erhöhten das endogene GLP2 (Glukagon-ähnliches-Peptid 2) und stärkten über diesen Mechanismus die Darmbarriere. Die Behandlung mit einem Antagonisten machte die Effekte der Präbiotika also zunichte. 

Cani (2012) In diesem Review fasst Professor Cani die Forschungsergebnisse seines Teams zur Endotoxämie zusammen.

Insulinresistenz und subklinische Entzündung gelten heute als Hauptmechanismen bei der Entstehung von Diabetes und Herz-Kreislauferkrankungen. Beide Faktoren können durch die metabolische Endotoxämie (hohe LPS-Konzentration im Blut) induziert werden.

 

Präbiotika modulieren die Darmflora positiv. Sie nahmen Einfluss auf bis zu 102 Darmbakterienstämme, wobei 16 von diesen sich über den Faktor zehn vermehrten oder reduzierten. So kam es bspw. zu einem 80-fachen(!) Anstieg des Bakteriums Akkermansia muciniphila, welches mit einer gesunden Schleimhaut assoziiert ist (und vor allem Patienten mit CED fehlt). 

 

Diese positiven Veränderungen der Darmflora stärken die Integrität der Darmbarriere via GLP2 (Einfluss direkt auf tight junctions) und das Endocannabinoid-System und verhindern so die Endotoxämie und das Entzündungsgeschehen nach fettreichen Mahlzeiten.

Die Lösung des Rätsels liegt also (wie zu erwarten!) in unserem Darm. Denn was unterscheidet uns Bewohner der westlichen Industrienationen grundlegend von den oben angesprochenen Jäger-Sammler-Kulturen? Nein, nicht dass wir WhatsApp benutzen und uns von elektrischen Rollern durch die Gegend kutschieren lassen. Wir verfügen inzwischen über eine komplett anders strukturierte Darmflora, nicht nur was die Verteilung der Stämme, sondern auch ihren Artenreichtum (die Biodiversität) betrifft (Schnorr und Kollegen, 2014).  Man kann durchaus sagen, dass das westliche Mikrobiom nur noch ein kränklicher Schatten seiner selbst ist. Wir finden diese Abstufungen der gesunden Darmflora von Jäger-Sammler-Kulturen zu sich bereits geöffnet habenden Kulturen (Ackerbau und Tausch), von etwa Afrika nach Europa oder Nord-Amerika, von traditionellen ländlichen Regionen innerhalb Europas zu den Großstädten. Diese Verarmung des bakteriellen Lebens in der Moderne hat ganz unterschiedliche Gründe:

  1. Mehr Kaiserschnitt-Geburten
  2. Verkürzte Stillzeit
  3. Gehäufter Einsatz von Antibiotika
  4. Fehlender Kontakt zu fremden Mikroorganismen (Tiere, Erde, übersteigerte Hygiene

 

Doch der wichtigste Grund sind zu wenig "Big-MACs"!

Nein, ich habe nicht den Verstand verloren! Big MAC steht hier nämlich nicht für ein Gepansche aus hochglykämischem Weißmehlbrötchen und Abfällen aus der Mastanlage, sondern für Microbiota Accessible Carbohydrates (Präbiotika). Es geht also um jene Kohlenhydrate, welche unserer Darmflora zur Verstoffwechselung zur Verfügung stehen und von denen Jäger-Sammler-Kulturen bis zu fünfmal mehr aufnehmen als wir! 

 

Die Ergebnisse von Professor Cani und Kollegen demonstrierten eindrücklich, dass wir mit einer Gabe von Inulin oder Oligofructose unsere Darmflora innerhalb kurzer Zeit wieder gesünder machen können. 

 

Dadurch stärken wir unsere Darmbarriere und brauchen uns nicht mehr vor den oben geschilderten Folgen einer fettreichen Ernährung zu fürchten! 

 

Eine Idee wäre also, einfach mehr Lebensmittel zu futtern, die viel Inulin oder eben Oligofructose enthalten, z.B.:

  • Artischocken
  • Chicoree
  • Zwiebel
  • Knoblauch
  • Spargel
  • Lauch

Ist ja schon gut! Ich höre euch schon förmlich schreien: FODMAPs!!! Blähungen! Bauchschmerzen! Nicht ohne Grund stehen diese Lebensmittel auf den roten Listen der FODMAP-Reduktion und werden gerne als "Reizdarm Trigger" bezeichnet. Und hierin liegt auch ein Problem mit der FODMAP-Diät: Wir vermeiden diese MACs aufgrund einer bereits verschobenen Darmflora, um Symptome wie Blähungen und Bauchschmerzen zu lindern. Gleichzeitig benötigt unser Mikrobiom aber genau jene MACs, um die Darmbarriere zu stabilisieren und Entzündungen zu verhindern! Aus diesem Grund sollte eine low-FODMAP-Diät immer nur eine Übergangslösung sein. Mit der Zeit solltest du definitiv wieder größere Mengen dieser (und anderer FODMAP-reicher) Nahrung zu dir nehmen. Ich halte die SCD, Paleo-AIP etc. hier für die holistischeren Ansätze, da viele meiner Klienten und Leser mit der Zeit wieder eine größere Toleranz gegenüber FODMAPs entwickeln (aktuell toleriere ich tatsächlich täglich zwei große Schalen Salat samt Zwiebeln, Pilzen etc.)

 

Wessen Darmflora noch nicht so weit ist, für den habe ich noch einen Geheimtipp. Bimuno ist eine Beta-Galaktooligosaccharid mit einer besonderen Struktur und wird von vielen Patienten gut vertragen. Es wirkt erwiesenermaßen massiv präbiotisch und vermehrt innerhalb kurzer Zeit Bifidobakterien und Laktobazillen. Dabei ist die Wirkung selektiv, was bedeutet, dass B-GOS nur probiotische Stämme füttert. Die Folgen der regelmäßigen Gabe wurden in klinischen Studien (auch an Darmpatienten) bestätigt: verminderte Durchfälle, verminderte Bauchschmerzen, weniger Ängste, Stabilisierung der Darmbarriere (u.a. Silk und Kollegen, 2009).

 

 

 

Was ist also zu tun?

Wenn du deine fettreiche Heilkost (SCD, Paleo-AIP, GAPS, Keto) also absichern möchtest, um Risiken wie systemische Entzündungen, Diabetes usw. zu vermeiden, dann solltest du unbedingt mehr Ballaststoffe und vor allem Inulin und Oligofructose in Form von Zwiebeln, Knoblauch und Porree zu dir nehmen, oder das Präbiotikum B-GOS (Bimuno) supplementieren, welches nach Aussage eines an der Entstehung des Produktes beteiligten Wissenschaftlers aufgrund seiner Struktur nicht als FODMAP zu klassifizieren ist. 

 

Begehe keinesfalls den Fehler wie viele Low-Carb-High-Fat-Anhänger oder Carnivore-Diet-Vertreter und ernähre dich ausschließlich von Eiern, Speck und Butter zulasten deiner Ballaststoffe/Präbiotika! Deine Darmflora braucht dieses Futter um dich gesund zu erhalten. Ohne gesunde Darmflora, kein gesunder Darm. Ohne gesunden Darm, kein gesunder Körper! 

 

Ich schließe mit den Worten von Dr. Sarah Myhill (eine ganz tolle Frau!):

 

This engine runs on fat and fiber!

Bildquellen

Abb1: Lyte und Kollegen (2016). Postprandial serum endotoxin in healthy humans is modulated by dietary fat in a randomized, controlled, cross-over study. Lipids Health Dis. 15:186.